Nadelöhr Autobahn A14

Der tägliche Trauerzug Richtung Luzern

Der tägliche Feierabendverkehr Richtung Luzern. Fotografiert von der Einfahrt auf die A14 bei Buchrain. (Bild: Severin Bigler)

Die Autobahn A14 von Zug nach Luzern gilt als einer von zehn Unfall-Hotspots im Kanton. Hunderte Autofahrer stehen täglich vor Luzern im Stau. Für sie ist die Strecke vor allem eines: «Stress.»

Rote Lichter schleichen entlang der Autobahn. Dichtgedrängt fahren sie Meter um Meter bis die Kolonne wieder stillsteht. Der tägliche Feierabendverkehr von Buchrain Richtung Luzern gleicht optisch einem Trauerzug mit hunderten rot-leuchtenden Laternen. Beinahe wöchentlich führt die Stop-and-Go-Situation auf dieser Strecke zu einem Auffahrunfall.

Der Autobahnabschnitt A14 wird bei der Verkehrsunfallstatistik 2013 der Luzerner Polizei als einer von zehn Unfallschwerpunkten des Kantons aufgeführt. «Insbesondere die Auffahrunfälle haben zahlenmässig zugelegt», heisst es da.

Den letzten Auffahrunfall registrierte die Luzerner Polizei am vergangenen Freitag um 7 Uhr auf Höhe Buchrain. Laut Simon Kopp ist Folgendes passiert: «Ein ausländischer Fahrzeugführer fuhr mit seinem Lieferwagen in Richtung Zug. Auf dem Überholstreifen konnte er nicht frühzeitig abbremsen, weil ein vorausfahrender Autofahrer das Tempo reduzierte (dichter Verkehr). Es fuhr dann frontal in das Heck des Autofahrers», teilt Kopp mit. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden belaufe sich auf rund 17’000 Franken.

Trotz Stau mit Auto schneller

Doch wer steht da täglich im Stau? Zum Beispiel Lisa Sticher. Wir haben mit ihr über Facebook Kontakt aufgenommen. Sie fährt täglich von Luzern nach Zug zur Arbeit. Wegen des Staus rechnet sie am Abend 15 Minuten mehr ein, wie sie sagt. «Es hat eigentlich jeden Abend Stau und Stop and Go ab Buchrain bis zum Rathausen-Tunnel. Das ist manchmal echt mühsam.» Zudem komme es auf dieser Strecke oft zu Unfällen. «Dann ist die Stausituation noch extremer», so Sticher.

Anders sei die Situation am Morgen gegen 8 Uhr. «Um diese Uhrzeit hat es nicht viel Verkehr.» Trotz täglichem Staustehen: «Für mich wäre es keine Option, auf den ÖV umzusteigen. Ich denke, ich bin trotzdem immer noch schneller im Büro, wenn ich mit dem Auto fahre», sagt Sticher.

Wegen Stau umgezogen

Seit diesem Jahr publiziert das Bundesamt für Strassen (Astra) eine Unfallkarte. Sie zeigt schweizweit, wo welche Art von Unfall passiert ist. Die Daten reichen zurück bis 2011. Besonders auffällig: Vor und nach dem Rathausen-Tunnel häufen sich die Auffahrunfälle.

«Es sind einfach zu viele Autos auf dieser Strecke unterwegs», ärgert sich ein Autofahrer, der anonym bleiben will. Er fuhr während rund fünf Jahren auf dieser Strecke. Bis es ihm schliesslich gereicht hat und er – auch wegen der Stausituation – von Luzern nach Zug umgezogen ist.

«Es ist eine Stresssituation. Jeden Abend stand ich etwa zehn Minuten im Stau – bei einem Unfall gar dreiviertel Stunden», erklärt der Fahrer. «Um den Stau zu umgehen, müsste man jeden Tag zirka zweieinhalb Stunden länger arbeiten», schätzt ein Autofahrer, der anonym bleiben will. Für ihn war das allerdings nie eine Option. «Also Augen zu und durch.»

«Stillstand kann aus dem Nichts kommen»

Auf das Auto angewiesen ist Irene Infanger. «Ich muss flexibel sein im Job», sagt sie. Bei der täglichen Fahrt auf dieser Strecke seien die öffentlichen Verkehrsmittel deshalb keine Alternative. «Die Verkehrssituation ist anstrengend und fordert die Konzentration der Autofahrer besonders», sagt Infanger. Sie fährt täglich auf dieser Strecke zur Arbeit. «Aus dem Nichts kann es zu einem Stillstand des Verkehrs kommen.» Grund dafür sei die Spurreduzierung in Fahrtrichtung Luzern nach dem Rathausentunnel.

«Leider fahren auch viele Autofahrer ohne genügend Abstand. Es ist kein Wunder, dass es fast wöchentlich zu einem Auffahrunfall kommt, der dann zu noch mehr Verkehr führt.» 

Einige umfahren den Stau

Das tägliche Im-Stau-Stehen wollte sich Barbara Imboden nicht mehr antun. Nach einem halben Jahr auf dieser Strecke hat sie im April einen Schlussstrich gezogen – und umfährt nun den Stau ausserorts. «Es wurde mir einfach zu blöd», sagt Imboden. Auch ökologisch sei es ein Unsinn. Mit der Alternativroute fährt sie nicht schlecht. «Ich habe ungefähr zehn Minuten länger, bin aber schneller als vorher.»

Nur sporadisch fährt Daniel Lüthi auf dieser Strecke. «Etwa drei bis vier Mal im Monat», wie er sagt. Die heutige Situation findet er «bedenklich». Deshalb versuche er gerade bei Stosszeiten die Strecke zu umfahren. «Aber auch dort muss man mit Stau rechnen», so Lüthi. Trotzdem: Auf das Auto sei er angewiesen, weil er Material transportiert.

«Zweite Spur soll geöffnet werden»

Kurz bevor die A14 Richtung Luzern in die A2 mündet, steht ein Blitzkasten. Naturgemäss bremsen vereinzelt Autofahrer vor solchen Radaranlagen ab. Wie gross ist der Einfluss auf die Stausituation?

Laut Alex Mathis, Geschäftsführer der TCS-Sektion Waldstätte, kann der Radar nach dem Rathausen-Tunnel durchaus einen Einfluss auf die Stausituation haben, «aus meiner Sicht aber nur marginal», wie er auf Anfrage sagt. «Der zentrale Grund ist die massive Spurverengung nach dem Rathausen-Tunnel.»

Es ist ein Knotenpunkt, an dem der Verkehr einspurig einerseits Richtung Luzern (die zweite Spur bleibt gesperrt) geführt wird und andererseits ebenfalls einspurig Richtung Basel. Nach wenigen hundert Metern wird der Verkehr dreispurig weitergeleitet. «Die temporäre Verengung kann den Verkehr nicht schlucken», erklärt Mathis. Für den Verkehrs-Experten ist klar: «Um die Stausituation zu mindern, muss die zweite Spur Richtung Luzern bei Engpässen geöffnet werden können.»

Der Trauerzug könnte in ein paar Jahren sein Ende erreichen. Denn der Bypass Luzern soll dem Verkehrschaos Linderung verschaffen. Im Idealfall starten die Bauarbeiten 2016.

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