Olma-Auftritt des Kantons Luzern

Tourismus, Foodbranche und Bauern profitieren

Freude herrscht: Olma-Direktor Nicolo Paganini, der Luzerner Regierungsratspräsident Robert Küng und der St. Galler Stadtpräsident Thomas Scheitlin. (Bild: mbe.)

«Rüüdig guet. Lozärn!» heisst das Motto des Gastkantons Luzern an der Olma. Das Reisli nach St. Gallen ist aber vor allem «rüüdig» teuer: 1,4 Millionen Franken kosten die Festivitäten. Der Regierungsrat bezahlt das aus dem Lotteriefonds. Wie kulturell und gemeinnützig sind diese Events? Wir analysieren die einzelnen Budgetposten.

An der Olma-Pressekonferenz in Luzern wurde das Thema der Finanzierung nur kurz gestreift, ganz am Schluss, auf der allerletzten Seite der Powerpoint-Präsentation des Organisationskomitees.

«Die 1,4 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds werden aufgewendet für Sonderschau, Projektmanagement, Umzug und Festakt, Tierschau, Kultur, offizielle Anlässe, Kommunikation und Gastronomie», liest man.

Lotterieverordnung angepasst

Prekär daran ist, dass Gelder aus dem Lotteriefonds eigentlich nur für kulturelle, gemeinnützige oder wohltätige Zwecke ausgegeben werden dürfen. Der Regierungsrat Luzern sieht das lockerer und kann sich auf eine rechtliche Basis berufen. Der Kanton hat vor einigen Jahren eigens die Lotterieverordnung geändert, um mehr Spielraum beim Geldausgeben zu erhalten. So sind seitdem auch Beiträge für «nicht rein kommerzielle Auftritte des Kantons» möglich. Nach Auffassung verschiedener Staatsrechtler verstösst die abgeänderte Lotterieverordnung gegen die Bundesverfassung. Danach dürfen Lotteriegelder nur vollumfänglich für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden.

Genau diesen Spielraum nutzt der Kanton für die Finanzierung des Olma-Auftritts mit Lotteriegeldern. Dies hatte er bereits beim Werbeauftritt Luzerns in Moskau so praktiziert, wurde aber von der Lotterie- und Wettkommission (Comlot) später kritisiert. Daraufhin musste er die kulturellen und kommerziellen Aktivitäten transparent ausweisen und teilweise separat finanzieren lassen.

Budgetdetails liegen zentral+ vor

zentral+ hat sich nach der Aufschlüsselung des Olma-Budgets erkundigt und vom kantonalen Kommunikationsbeauftragten Urban Henzirohs die Details erhalten.

Die internen Zahlen über die Budgetaufteilung des Luzerner Gastauftritts an der Olma 2014. Quelle: Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern.

Die internen Zahlen über die Budgetaufteilung des Luzerner Gastauftritts an der Olma 2014. Quelle: Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern.

(Bild: mbe.)

Ein erstes Fazit: Die Sonderschau mit Bus und Bar, der Tag des Ehrengastes mit Umzug und Festakt, Tierschau und Projektmanagement verschlingt 1,2 Millionen des Budgets. Dazu kommen 40’000 Franken für Veranstaltungen im Bereich Erlebnis und Tourismus. Kommunikation und Werbung kosten weitere 20’000 Franken. Grosszügig dotiert sind auch die Sammelposten «Diverses» mit 30’000 Franken sowie «Spesen» mit 15’000 Franken.

Was kosten die grossen Events? Nachfolgend eine Beschreibung der Anlässe sowie eine Bewertung ihrer Gemeinnützigkeit von zentral+.

Die Eröffnungsfeier

Die offizielle Eröffnung vom 9. Oktober mit 700 Ehrengästen umrahmen Luzerner Kulturschaffende: Die Volksmusikformation «Alpini Vernähmlassig«, der Chor «Molto Cantabile», die Kabarettisten «Ohne Rolf» und die «Täschchappe Musig Lozärn» repräsentieren gemäss Pressemitteilung das breite Kulturschaffen im Kanton Luzern.

Kosten: Ein Teil der 33’000 Franken für offizielle Anlässe.

Der Anlass hat kulturellen Charakter.

Kultur-gemeinnützig-sozialer Anteil: 100 Prozent. Genehmigt.

Sonderschau

Luzern an der Olma

Die 72. Olma findet vom 9. bis zum 19. Oktober statt. Luzern ist nach 1990 zum zweiten Mal Gastkanton. Der 1,4 Millionen Franken teure Auftritt Luzerns ist eine Art Gegenbesuch: St. Gallen war im Mai Gast an der Luzerner Erlebnismesse Luga. «Die Olma ist unsere fünfte Jahreszeit. Sie hat für uns eine ähnliche Bedeutung wie für Luzern die Fasnacht», sagte Olma-Direktor Nicolo Paganini bei einer gemeinsamen Medienkonferenz der Olma-Organisatoren und des Gastkantons in Luzern. Auch der Luzerner Regierungspräsident Robert Küng freut sich auf den Auftritt in St. Gallen. Gegenbesuche würden dazu beitragen, dass man einander besser verstehe, sagte er.

An der Sonderschau werden die Olma-Besucher in einem überdimensionalen Reisecar auf eine virtuelle Reise durch die Regionen des Kantons Luzern mitgenommen. Die Attraktion ist ein achtminütiges Video der Agentur Velvet aus Luzern. «Es zeigt Kultur, Brauchtum und Wirtschaft und will den Kanton Luzern auf spannende, lebendige und frische Art rüberbringen», so OK-Präsident Werner Fluder.

An der «Kulinarikbar» können Gäste Luzerner Köstlichkeiten probieren und vor der Fotowand ein Bild schiessen. Verschiedene  Lebensmittelproduzenten erhalten eine Werbeplattform an der Bar. «Sie unterstützen unseren Auftritt mit Naturalien und stellen Personal ab», erklärt Fluder. Zahlen müssen sie nichts für den Stand. Neben kleinen Produzenten sowie Luzerner Bier sind aber auch grössere Firmen wie der Guetsli-Fabrikant Hug Malters sowie Emmi vertreten und werben gratis für ihre Produkte.

Die «Hochschule Luzern – Technik & Architektur» präsentiert ihr erfolgreiches Solarhaus, das an einem internationalen Wettbewerb den fünften Rang belegt hat.

Kosten: 780’000 Franken

Das Video und die Kulinarikbar sind Tourismus- und Lebensmittel-Promotion, die Fachhochschule der Zentralschweiz macht ebenfalls Werbung.

Kulturell-gemeinnützig-sozialer Anteil: 0 Prozent. Nicht genehmigt.

Tag des Gastkantons

Am Tag des Gastkantons vom 11. Oktober stellen 35 Vereine und Gruppierungen mit 1500 Mitwirkenden die Traditionen und Bräuche des Kantons Luzerns am Festumzug zur Schau. Luzernerinnen und Luzerner gestalten den Festakt in der Olma-Arena mit Musik, Gesang und Akrobatik.

Kostenpunkt: 172’000 Franken

Die Veranstaltung gibt Einblick ins kulturelle Schaffen des Kantons Luzern, wenn auch nur der traditionelle Teil der Kultur gezeigt wird.

Kulturell-gemeinnützig-sozialer Anteil: 100 Prozent. Genehmigt.

Tierschau

An der Tierschau stellen Luzerner Züchter Kühe, Rinder, Pferde, Ziegen und Schafe zur Schau. An der Alpkäseprämierung vom 10. Oktober präsentiert sich der Kanton Luzern.

Kostenpunkt: 40’000 Franken

Auch das ist, so wichtig und sympathisch die Bauern sein mögen, keine kulturelle Veranstaltung. Es ist eine Landwirtschafts-Promotion.

Kulturell-gemeinnützig-sozialer Anteil: höchstens 20 Prozent. Zu beanstanden.

Kulturwochenende vor der Olma

Am Wochenende vor der Olma, vom 3. bis 5. Oktober, lädt Luzern zum Kulturwochenende. In der Lokremise St. Gallen zeigen Künstlerinnen und Künstler aus dem Kanton Kulturformen, «die nicht dem gängigen Kulturklischee von Luzern entsprechen.» Dazu gehören eine Filmnacht, eine Spoken-Word-Lesenacht mit Slampoetinnen und Slampoeten und eine Kinomatinee.

Kostenpunkt: 35’000 Franken

Kulturell-gemeinnützig-sozialer Anteil: 100 Prozent. Genehmigt.

Dem grünen Luzerner Kantonsrat Hans Stutz ist die Verwendung der Lotteriefondsgelder durch den Regierungsrat schon lange ein Dorn im Auge. zentral+ legte Stutz die Budgetaufschlüsselung vor. Sein Kommentar: «Ich bin schon etwas überrascht, wie extensiv der Regierungsrat die Verordnung auslegt, um Tourismus- und Landwirtschaftsförderung zu betreiben.» Der Kantonsrat habe die Tourismus-Unterstützung aus Spargründen zurück gefahren. «Jetzt richtet die Regierung mit der grossen Kelle an und verteilt an die Touristiker Gelder, die eigentlich ausschliesslich für kulturelle, sportliche oder gemeinnützige Zwecke reserviert sind.»

Das wird auch offen eingeräumt. Der Kanton Luzern verspricht sich laut Regierungspräsident Robert Küng von der Investition vor allem, «dass man den Olma-Besuchern die touristische Seite Luzerns schmackhaft machen kann. Wir möchten möglichst viele Leute animieren, uns zu besuchen.»

Solothurn mit Sponsoringkonzept

Zur Grössenordnung des Budgets, ist zu sagen, dass Luzern zwar sparsamer ist als Solothurn, das 2013 Gastkanton war. Solothurns Budget betrug 2013 1,9 Millionen Franken. Aber: «300’000 Franken steuerte die Wirtschaft in Naturalien und mit Sponsoring bei», erklärt Dagobert Cahannes, Sprecher des Solothurner Regierungsrates. Ausserdem gab es ein Sponsoringkonzept. Hauptsponsoren waren zum Beispiel Jura Kaffemaschinen und Swatch. Alle Sponsoren sind auf der amüsanten Homepage für den Solothurner Gastauftritt aufgeführt; ihr Motto lautete «mir gäh dr sänf drzue».

Auf der Luzerner Kantonswebseite kommt der Olma-Auftritt vergleichsweise eher nüchtern daher. Firmen werden keine genannt. Der Grund: «Es gibt kein Sponsoringkonzept, und es haben sich keine Firmen finanziell an diesem Auftritt beteiligt. Einige Firmen unterstützen den Auftritt aber mit Material, Naturalien oder Arbeitsleistungen », sagt Urban Henzirohs, Kommunikationsbeauftragter des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartmentes.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon