«Splätterlitheater» Luzern

Schnudder statt Kunstblut

Trashkultur nun auch für Kinder (Bild: fotosolar zvg)

Das Luzerner «Splätterlitheater» ist bekannt für seine anarchistisch, absurden Puppenspiele inklusive Kunstblutschlachten. Nun bringt die blutrünstige Trashtheater-Gruppe ihr erstes Kinderstück auf die Bühne des Kleintheaters. Wie das funktioniert und weshalb man auch bei dieser Produktion im Publikum auf der Hut sein sollte, zeigte sich bei der Hauptprobe.

Die Probe ist vorbei. Nina Steinemann schält sich schwitzend und so schnell wie nur möglich aus dem riesigen, gepolsterten Fettanzug. Die Rolle des Ritter «Frässack vo de Guetzliburg» ist kein Zuckerschlecken. Schreiend, fressend und tobend kann man die Schauspielerin, Kostüm- und Bühnenbildnerin im neuen Stück des «Splätterlitheater» bestaunen.

Am Sonntag kommt die Uraufführung des ersten Kinderstücks des Splätterlitheaters auf die Kleintheaterbühne. «Wir wurden immer wieder gefragt, ob unser Puppenspiel nicht auch für Kinder geeignet sei», erklärt der Schauspieler Jürg Plüss, der den liebestollen, kleinkriminellen und stinkenden Toni mimt.

Das hätten sie jedoch immer verneinen müssen. «Das viele Kunstblut und auch die Inhalte waren bei unseren bisherigen Stücken einfach nicht kindergerecht.» Im Herbst letzten Jahres sei die Idee zu einem Kinderstück schliesslich geboren worden.

«Patric wollte schon immer die Prinzessin spielen.»
Jürg Plüss, freischaffender Schauspieler

Die Künstler sind nun gespannt, wie das Stück bei den Kindern ankommen wird. Ein Punkt, der dabei zu reden gab, war das Aufbrechen der Geschlechterrollen. «Ich glaube, wenn die Kinder erst in die Welt eingetaucht sind, dann ist es nicht mehr wichtig, ob die Prinzessin nun ein Mann mit Bart ist», so Plüss. «Und Patric wollte schon immer die Prinzessin spielen», lacht er.

Alle machen alles

Nach sechs Wochen Proben, Nähen und Bauen ist die Produktion «Prinzessin Konrad und de Zingemugger Toni» nun bereit. Abgesehen von Kleinigkeiten: «Oh, oh. Jürg, da muss man noch ein Teil raussägen», ruft Patric Gehrig hinter Prinzessin Konrads Campingwagen hervor. «Wir machen alles selbst. Und alle machen alles», betont Jürg Plüss. Dies sei auch ein Wagnis, man müsse das Ganze unter einen Hut bringen.

Wie alles begann

Bereits seit über acht Jahren treibt das Luzerner Splätterlitheater sein Unwesen. Aus der anfänglichen Idee, an einer Halloween Party ein Handpuppentheater für Erwachsene aufzuführen ist eine Theaterreihe mit bislang sechs abendfüllenden Produktionen geworden. 2007 ausgezeichnet mit dem Werkbeitrag von Stadt und Kanton Luzern.

Entstanden ist ein Theaterstück, das ganz deutlich die Handschrift des Splätterlitheaters trägt. Eine anarchistische, «bitter-bös-lustige» Geschichte, in der viel gelacht, geweint und gesungen wird. «Die Zuschauer werden eine Stunde lang an der Nase herum geführt und in die Welt des Riechens und der Gerüche mitgenommen», schreibt die Gruppe in der Einladung.

Der «Wäh-Effekt»

Diesmal kommt das Splätterlitheater ganz ohne Theaterblut aus. Dafür gibts «Schnudder» und den einen oder anderen «Wäh-Effekt». Die beiden Autoren, Matto Kämpf und Raphael Urweider, beweisen einmal mehr, was für Kindsköpfe sie sein können… Bisher zeigte das Splätterlitheater traditionelles Kasperlitheater, mit zeitgenössischer Trashkultur vermengt. Prinzessinen mutieren zu Dirnen und Polizisten zu blutrünstigen Untoten. Verrückte Professoren enthaupten degenerierte Nazischergen, und statt eines Holzscheits zieht der Kasperle seine Motorsäge. Ein makabres Handpuppenspiel. Anarchistisch und absurd für Hartgesottene. Immer mit einem Witz, der in seiner Direktheit dem von Kindern sehr nahe kommt, zu dem aber auch Erwachsene vollen Zugang haben.

Ein Heiratsantrag an die Prinzessin Konrad

Ein Heiratsantrag an die Prinzessin Konrad

(Bild: jav)

Die Geschichte

Da ist Prinzässin Konrad, die wunderbar riecht, selbst aber nicht gut riechen kann. Sie lebt auf dem Campingplatz «Drachenfels». Ihr Haustier ist eine schleimige Kröte, die unheimlich scharf auf eine goldene Nase ist.

Ihr Konkurrent und Inhaber der goldenen Nase ist der dicke Ritter «Frässsack vo de Guetzliburg», immer hungrig und immer laut. Begleitet wird er von seinem Adler namens Horst, der eigentlich ein Suppenhuhn ist.

Und da ist auch noch die zweite Titelrolle, der Zinggemugger Toni. Er stinkt bestialisch, ist unsterblich verliebt in die Prinzessin Konrad und ein berühmter Konditor. Das Geheimnis seiner Zutaten erfährt man während der Vorstellung. Und es ist kein schöner Moment, soviel sei verraten. Ebenfalls mit von der Partie ist Gaggli. Er ist der seriöse Chef vom Zeltplatz, und er kümmert sich dabei auch um die musikalische Komponente, die erwähnt sein muss. Die singende Säge, seine «Gaggi-säckli»-Schuhe und die eingängigen Lieder werden den kleinen und grossen Zuschauern wohl noch eine Weile durch die Köpfe spuken.

Auch die Polizei darf nicht fehlen

Auch die Polizei darf nicht fehlen

(Bild: jav)

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