Zentralisierung der Zuger Verwaltung

L&G-Gebäude wird zur Milchkuh

Das Landis & Gyr-Gebäude soll nicht nur kosten, sondern könnte der Stadt zehn Millionen Franken Gewinn bringen.

(Bild: zvg)

Kaum ein Hauskauf stösst auf so viel Widerstand wie jener des Landis & Gyr–Gebäudes. Das Volk hat Ja gesagt, einige Politiker sagen immer noch Nein: Zu teuer. Jetzt sind die Zahlen da, und sie sind eindeutig: Das Haus bringt der Stadt zehn Millionen Franken Gewinn. Dafür muss allerdings investiert werden.

Nun sind die offiziellen Zahlen da: Der Zuger Stadtrat präsentierte im Landis & Gyr-Gebäude seine Berechnungen darüber, was der Zusammenzug der Verwaltung kosten wird, und was er bringen kann. Und verkündet eine «für Steuerzahler erfreuliche Botschaft», sagt Stadtpräsident Dolfi Müller: Rund zehn Millionen Franken Ertragsüberschuss soll der Zusammenzug von 2013 bis 2027  leisten. «Es sind erhebliche Einnahmen möglich», sagt Müller, «und sie kommen nicht vom Steuerzahler, sondern aus dem Markt.»

Investitionen zwar nur optional – machen aber Sinn

Dazu seien aber Investitionen nötig, sagt Finanzchef Karl Kobelt. Und diese Investitionen sorgten im Vorfeld der Medienkonferenz für Aufruhr unter FDP-Gemeinderäten: Der Stadtrat hatte beim Kauf des Gebäudes nicht davon gesprochen, dass zusätzliche Investitionen nötig seien (siehe Box). Jetzt spricht er von Investitionen in der Höhe von 6’062’000 Franken, allerdings bezeichnet er sie nur als optional: «Diese Investitionen müssen wir nicht zwingend machen», sagt Finanzchef Karl Kobelt, «aber sie sind sehr sinnvoll: Sie würden der Stadt Mehrerträge sichern. Wenn wir die Investitionen machen, können wir mit rund zehn Millionen Franken Gewinn rechnen, das lohnt sich.» Und ohne Investitionen? «Dann gehen uns diese Überschüsse verlustig, wir würden quasi Geld verschenken.»

«Welcher Bauer verkauft seine beste Milchkuh?»

Damit will der Stadtrat die Befürchtungen zerstreuen, das Gebäude sei zu teuer und müsse verkauft werden, wie das eine kürzlich eingereichte Initiative verlangt (zentral+ berichtete). Dolfi Müller: «Im Hinblick auf die Initiative zum Zwangsverkauf des Gebäudes kann ich deshalb nur sagen: Welcher Bauer verkauft seine beste Milchkuh?»

Was sind die optionalen Investitionen?

Die rund sechs Millionen Franken an optionalen Investitionen setzen sich aus einer ganzen Reihe von einzelnen Posten zusammen. Erträge will der Stadtrat vor allem durch den Ausbau der Büros erreichen: Sie sollen so umgestaltet werden, dass die Stadtverwaltung nur auf vier Geschossen Platz findet, und nicht auf fünf. «So können wir ein weiteres Geschoss vermieten, das schenkt ein», sagt Dolfi Müller. Gleichzeitig soll der laut Müller «hohe Standard» der Büros weiter ausgebaut werden, damit sie zu einem höheren Preis vermietet werden könnten. Für den Innenausbau rechnet der Stadtrat mit Kosten von 1’890’000 Franken. Zusätzlich sollen 720’000 Franken für sanitäre Anlagen ausgegeben werden. Auch die Investitionen in IT-Infrastruktur von 660’000 Franken seien nur optional, würden aber Sinn machen, so Kobelt: «Wir könnten auch das alte System weiterpflegen, aber irgendwann müsste man wieder investieren», sagt Kobelt, «machen wir es doch gerade jetzt, beim Umzug.» Dazu kämen 110’000 Franken für kleine Sanierungsarbeiten an der Fassade, 110’000 Franken für die Sanierung der Lüftung im WC-Ost und 132’000 Franken für Mobiliar.

Die Investitionen im Bereich der Asbestsanierung, die zuvor für Spekulationen gesorgt hatten, würden mit 45’000 Franken sehr klein ausfallen, und seien ebenfalls nur optional, so Kobelt: «Es hat nie eine gesundheitliche Gefahr für Angestellte im Landis & Gyr Gebäude bestanden, und sie besteht auch jetzt nicht, man muss in dieser Hinsicht nichts unternehmen, wenn man das nicht will.» Dazu könnte eine mögliche Überprüfung der Erdbebensicherheit im Rahmen von 470’000 Franken kommen, sie sei aber ebenfalls nicht zwingend.

«Gebäude in Top-Zustand»

Alle weiteren Kosten, die der Umzug auslöst, weist der Stadtrat ebenfalls aus. Er rechnet mit Umzugskosten von 460’000 Franken, und nötigen Investitionen an den alten Standorten der Stadtverwaltung, am Kolinplatz (1’500’000 Franken) und an der St. Oswaldsgasse, wo das Baudepartement beheimatet ist (1’600’000 Franken). Dazu kämen die Tilgungskosten für die Kreditaufnahme, die zum Kauf des Gebäudes nötig waren (6’300’000 Franken). Diesen Kosten, inklusive optionale Investitionen, stellt der Stadtrat die geplanten Einnahmen gegenüber: 26’280’000 Franken Erträge hauptsächlich aus Miete und einem Verkauf der Liegenschaft Aegeristrasse 7 (3’400’000 Franken) will der Stadtrat bis 2027 einnehmen. Und kommt so zu einem Ertragsüberschuss von 10’358’000 Franken.

Nur in Bezug auf die Brandschutzmassnahmen ist nicht klar, wie optional die Investitionen tatsächlich sind: Die Gebäudeversicherung hatte gegenüber der Stadt angetönt, dass möglicherweise Massnahmen nötig seien. Kobelt: «Wir sind im Gespräch mit der Gebäudeversicherung. Ich glaube aber nicht, dass tatsächlich Massnahmen nötig sind. Wir sprechen von einem Gebäude in Top-Zustand.» Sagt er und verweist auf die kürzlich erfolgte LEED–Zertifizierung des Gebäudes. LEED ist ein internationales Pendant zum Schweizer Minergiestandard. Das Landis & Gyr-Gebäude wurde in der Kategorie bestehende Gebäude mit «Gold»-zertifiziert und ist laut Benno Moser von der Firma Siemens das energieeffizienteste Gebäude im ganzen Quartier. Kobelt: «Noch einmal, wir sprechen von einem Gebäude in Top-Form.»

 

Reagiert der Stadtrat aus der Defensive?

Das Projekt steht unter Druck: Seit dem Ja durchs Stimmvolk sind zwei Initiativen eingegangen, die den Zwangsverkauf fordern, sie kommen im Frühjahr 2015 zur Abstimmung. Gleichzeitig forderte die FDP den Stadtrat per Interpellation dazu auf, seine Berechnungen zum Umzug zu veröffentlichen. Das ist nun geschehen. Weshalb reagiert der Stadtrat so defensiv, und rückt die Zahlen erst unter politischem Druck raus? Hat man Angst, das Projekt könnte an den Zahlen scheitern? «Wir sind nicht defensiv», sagt Karl Kobelt, «sondern seit dem Ja durchs Stimmvolk dran, den Umzug zu planen. Wir haben sofort angefangen und sofort gehandelt.» Aber es sei erst jetzt möglich gewesen, Szenarien für die Nutzung auszuarbeiten. «Wir hätten auch ohne die Interpellation der FDP bald proaktiv über unsere Überlegungen informiert. Es geht Stück für Stück.» Wenn der Druck aus dem GGR nicht nötig sei, weshalb gibt es ihn dann? «Das ist halt Politik, die Gegner des Hauses mobilisieren sich», sagt Kobelt, «das ist ganz normal.»

 

Wird die Stadt jemals ins L&G-Gebäude einziehen können, oder ist der Gegenwind zu stark? Teilen Sie Ihre Meinung und nutzen Sie unsere Kommentarfunktion.

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