Zuger Künstler gewinnt «Swiss Art Award» in Basel

Es begann mit dem Schinken an der Wand

Augen zu und durch? Alles vorbei. Gewonnen. Georg Krummenacher aus Zug ist stolzer Besitzer des Swiss Art Award in der Kategorie Architektur. (Bild: anm)

Mit dem Künstlerkollektiv CKÖ gewinnt Georg Krummenacher aus Zug den «Swiss Art Award» in der Kategorie Architektur. Ob er Künstler oder Architekt ist, weiss er zwar selber nicht genau, aber er hat die Erfolgsgeschichte des prämierten Kunstwerks «The White Cube» mitgeschrieben. Sie hat ihren Ursprung im Haus «Ankenwaage» in der Zuger Altstadt.

Vor zwei Jahren begannen sie als anonymes Künstlerkollektiv, organisierten Kunstaktionen und dachten, es sei nicht so wichtig zu wissen, wer dahinter steckt. Und auch wenn sie auf Fotos ihre Gesichter noch immer mit Balken verdecken, spätestens seit sie Besitzer des Swiss Art Awards sind, kennt man die Namen hinter CKÖ: Sarah Widmer, Daniel Lütolf und Georg Krummenacher. Zunächst gelang ihnen unter knapp 500 Bewerbungen die Nomination, dann setzten sie sich mit ihrem Kunstprojekt «The White Cube» in der Kategorie Architektur auch gegen die letzten drei Mitstreiter durch. 

Der Zuger Georg Krummenacher sagt: «Zunächst waren wir überrascht über die Nomination, doch am Schluss wären wir sogar etwas enttäuscht gewesen, wenn wir nicht gewonnen hätten.» Er glaubt, dass es «The White Cube» schaffte, weil der Abdruck von denen, die ihn konstruiert haben, drin steckt und überzeugt. 

Malen nach Zahlen ist nicht sein Ding

Krummenacher ist in der Stadt Zug aufgewachsen und studierte wie schon sein Grossvater und sein Vater Architektur. Doch auf die Frage, ob er denn Architekt oder Künstler sei, sagt er: «Keine Ahnung.»

CKÖ – Wie tönt das?

Darüber, wie man den Namen ausspricht, wird viel diskutiert, es ist auch nicht ganz einfach. Wenn es Georg Krummenacher sagt, tönt es «kö», einige sagten auch «ze-ka-ö», oder «ze-kö», sagt der Künstler. Letzteres klinge etwas seltsam, sei aber auch in Ordnung. Eigentlich aber sollte das «C» auch ausgesprochen werden, so Krummenacher.

Der Name steht für «Kollektiv» und ist eine aus dem Türkischen frei abgeleitete Abkürzung von «kolektif». Neben Krummenacher sind Sarah Widmer und Daniel Lütolf dabei. Sie haben ihr Atelier in Zürich.

Von den Architekten werde CKÖ als Kunstgruppe abgestempelt, die Künstler wiederum sagten, sie seien sehr architektonisch. Er fragt sich denn auch: «Wir bewarben uns in der Kategorie Architektur, aber das läuft ja unter dem Swiss Art Award. Ist es jetzt ein Architekturpreis oder ein Kunstpreis?» Er kommt zum Schluss: «Eigentlich kann man diese Trennung gar nicht machen, weil sich die Begriffe Architektur und Kunst inhaltlich überschneiden und sich zusätzlich ständig neu definieren.» 

Jedenfalls hat er es in einem «normalen» Architekturbüro nicht länger als elf Monate ausgehalten. «Man hat fast keinen Spielraum mehr, um zu experimentieren. Das Budget und die unzähligen Normen bestimmen die Form der Gebäude. Es kam mir ein wenig vor wie Malen nach Zahlen», sagt Krummenacher. Das ist nicht sein Ding.

Auch in Zug gäbe es viele Beispiele dafür. «Man schaut, wie viel Geld man zur Verfügung hat, dann überlegt man sich, was die Leute wollen, und macht eine Art Marketingplan, um die Wohnungen dann auch abzukriegen.» Als Beispiel nennt er das Zuger Hochhaus «Uptown» mit dem Arenaplatz: «Bei dieser Architektur steht der finanzielle Gedanke, die Rendite, im Vordergrund.» Es wirkt für ihn aber etwas gar überdimensioniert für die Stadt Zug. «Es hat falsche Referenzen, es will im Grossstadt-Stil daher kommen.»

«There häs Prosciutto on se wall»

Krummenacher macht schon seit vielen Jahren immer wieder Kunstprojekte, an der Zuger Kunstpause (zentral+ berichtete) war er schon fast Stammgast. Nach dem ersten Auftritt als Kollektiv an der Kunstpause im Jahr 2012 kam dann 2013 die Einzelausstellung von CKÖ im Haus Ankenwaage und somit die Geburtsstunde von «The White Cube». Die Ausstellung hiess: «There häs Prosciutto on se wall» (In etwa: Dort hat es Schinken an der Wand). Danach schaffte es derselbe Bau an die Ausstellung Jungkunst nach Winterthur und jetzt steht er bis zum 22. Juni an der Art Basel in der Halle 4.

Links: The White Cube an der Ausstellung Jungkunst in Winterthur. Rechts: Das geneigte Kunstwerk an der Art Basel. (Bild: zvg)

Links: The White Cube an der Ausstellung Jungkunst in Winterthur. Rechts: Das geneigte Kunstwerk an der Art Basel. (Bild: zvg)

Doch der «White Cube» hat sich verändert: Was zunächst blosse Ausstellungsarchitektur war, das heisst, Objekten einen Platz bot, wurde selbst zu einem isolierten Kunstgegenstand. In Basel ist das Kunstwerk kleiner, weil der Platz zu knapp war – und es steht schräg: «Es interessierte uns, ‹The White Cube› noch stärker zum Objekt werden zu lassen. Dass das Gefüge nun nicht mehr im Lot steht, ist ein Schritt in diese Richtung.» Also bauten die Künstler eine Stützkonstruktion und da steht nun der Bau, 40 Grad zur Seite geneigt.

Wie Krummenacher sagt, waren die verschiedenen Ausstellungen in Zug und Winterthur sowie noch eine weitere in der Kunsthalle Arbon die Grundlagen dafür, dass sie sich überhaupt für die Swiss Art Awards bewerben konnten. Jetzt sieht es so aus, als würde es im selben Zug weitergehen. Es gibt sogar schon zwei Interessenten, die einen «White Cube» in ihren Garten stellen wollen, so Krummenacher: «Wir dachten nicht, dass jemand kommt und sagt, wir wollen den ‹White Cube› kaufen.» Einer soll nach Zug kommen, ein anderer in die Ostschweiz. Die Standorte bleiben aber geheim.

New York, Los Angeles, Brasilien?

Und auch den Blick über die Grenze wagt Krummenacher: «Bei der Bewerbung für den Swiss Art Award gaben wir als nächste Destinationen New York und Los Angeles an.» Auch mit brasilianischen Kuratoren sei man dank der Art Basel in Kontakt gekommen. Also geht es für den Zuger nur in Richtung Kunst weiter? «Das ist noch unentschieden. Ich bewege mich dazwischen, so mache ich mal weiter, vielleicht dreht es auf die eine, vielleicht auf die andere Seite.» Zurzeit arbeitet Krummenacher als Assistent an der ETH Zürich und studiert an der Zürcher Hochschule der Künste Fine Arts.

«The White Cube»

Beim Raumobjekt «The White Cube» spielen die Künstler mit der Wahrnehmung des Raumes und versuchen, diese zu verändern. «The White Cube» war ursprünglich auf die Innenräume des spätmittelalterlichen Zuger Altstadtgebäudes, der Ankenwaage, massgeschneidert. Aus der Herausforderung, in einem Haus mit viel Charakter Kunst auszustellen, entstand die Idee einer kunsthistorischen Auseinandersetzung mit dem Konzept weisser Ausstellungsräume. CKÖ baute eine durchgehende Abfolge neuer Ausstellungsräume zwischen die alten Mauern.

Entstanden ist eine begehbare Raum-in-Raum-Struktur. Der Rundgang ging hoch durch die neuen weissen Räume und hinunter durch den Umraum zwischen Gebäude und «The White Cube». Das erlebbare Kunstwerk wurde in Winterthur und in Basel dann auf einen Blick fassbar. Es steht nun losgelöst von seinem ursprünglichen Kontext. 

«The White Cube» im Haus Ankenwaage in der Zuger Altstadt. (Bild: zvg)

«The White Cube» im Haus Ankenwaage in der Zuger Altstadt. (Bild: zvg)

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