Zug

Es muss nicht immer alles in der Altstadt sein

Fest auf dem Arenaplatz in Zug: Alles so schön bunt hier, die Leitidee für die Zukunft. (Bild: pd)

Im Rahmen des Mitwirkungsprozesses «Freiraum Zug» sollen die Quartiere belebt werden. Jetzt geht es um die konkrete Umsetzung. Viele Ideen haben schon ein Profil, anderes ist noch nebulös.

Mehr Leben auf den Plätzen, mehr Möglichkeiten am Seeufer, mehr Begegnung im Quartier, das sind die Wünsche der Zuger Bevölkerung. Das sind die Ergebnisse im  Mitwirkungsprozesses «Freiraum Zug». Jetzt sind 15 Kernanliegen zu Charta-Artikeln verdichtet worden.

Grossanlässe im Guthirt?

Einer von 15 Charta-Punkten ist die Belebung der Quartiere. Dabei sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Mitwirkungsprozesses nicht auf der Ebene des «Es wäre schön wenn…» verharrt, sondern sie haben konkrete Forderungen gestellt. Eine dieser Forderungen betrifft die Belebung der peripheren Quartiere: Das Veranstaltungsleben in den Quartieren, so der Charta-Artikel, soll gefördert werden. «Wieso muss immer alles in der Altstadt sein», sagt Stadtentwicklerin Regula Kaiser, «diese Frage und die Forderung nach der Belebung der Aussenquartiere ist in der Diskussion konstant immer wieder aufgekommen.» Aber was genau ist mit der Belebung von Quartieren gemeint? Sollen die grossen Anlässe künftig im Guthirt stattfinden? «Um das kann es nicht gehen», sagt Kaiser,  «sondern viel mehr darum, in den Quartieren Gelegenheiten zur Begegnung zu schaffen.» Im Leitbild wird das genauer ausformuliert: Gewünscht ist ein vielfältigeres Angebot für Kinder und die Einrichtung von Quartiertreffpunkten und Erholungsräumen, die es in gewissen Quartieren schlicht nicht gibt.

«Uns fehlt der öffentliche Raum komplett»

Diese Forderung ist für die Quartiere nicht nur schöne Zukunftsvision, sondern, wie etwa im Guthirt im Norden von Zug, sehr dringend. «Uns fehlt der öffentliche Raum komplett», sagt Franz Strub, der Präsident des Quartiervereins Guthirt, «und ich sehe beim besten Willen nicht, wo man welchen schaffen könnte.» Den einzige Platz im Quartier, den Schulhausplatz, wolle man nicht den Primarschülern wegnehmen. «Wir wehren uns dagegen, dass da die Grossen draufkommen und den Fussballplatz in Beschlag nehmen. Die Kinder können sonst nirgends mehr hin, an der Kantonsschule werden die Fussballplätze zugemacht.» Für Jugendliche sähe es noch schlechter aus: «Es gibt zwar das Jugendkulturzentrum I45 und das Midnight Basketball, die Pfadi und die Jugendarbeit der Kirche Guthirt. Aber offene Räume, wo die Jugendlichen nicht immer unter Überwachung stehen, gibt es nicht.» Mögliche Freiräume würden geschlossen, wie etwa das Areal beim GIBZ (Gewerblich industrielles Bildungszentrum Zug). «Da werden die Jugendlichen nachts mit pfeifenden Moskito-Geräten vertrieben. So wird der öffentliche Raum für sie immer enger.» Für das Quartierleben gebe es zwar kleine Freiräume wie den Quartiertreff und den Spielplatz Ibelweg, allerdings sei das zu wenig: «Wir würden es sehr begrüssen, wenn in dieser Richtung mit der Stadt etwas bewegt werden könnte. Dafür bräuchte es etwas auf städtischem Boden, die Frage ist allerdings wo und wie?» Denn bei privaten Arealüberbauten würden zwar Spielplätze geplant, allerdings gäbe es da schnell Probleme: «Kinder sind natürlich nicht immer ruhig», sagt Strub und ergänzt lakonisch, «und sogar bei einem Spielplatz der extra für Kinder ist, beklagen sich die Anwohner über Kinder-Lärm.»

Freiraum im Guthirt – ist das realistisch?

Sieht Stadtentwicklerin Kaiser eine Möglichkeit, im Guthirt Freiräume zu schaffen? «Es ist klar, da braucht es mehr öffentlichen Raum, das hat auch die Planungsstudie des Baudepartementes gezeigt, die parallel zum Mitwirkungsprozess gelaufen ist.» Solche baulichen Freiräume könnten allerdings nur längerfristig geplant werden, sagt sie: «Niemand wird ein Haus abreissen um Freiraum zu schaffen, das geht nur über einen längeren Zeitraum.» Konkret: Im Zuge der nächsten Raumplanungsrevision. Ist das realistisch? «Auf jeden Fall. In meiner Zeit bei der Stadt sind schon so viele Dinge passiert, bei denen man gesagt hat, das kommt nie. Und dann kommt es doch und ist selbstverständlich.»

Ein neues Quartierfest

Die Belebung von Quartieren kann allerdings auch ganz anders aussehen, wie etwa im Quartier Zugwest: «Bei uns gäbe es schon Möglichkeiten zu Belebung», sagt Werner Zeberli, Präsident des Quartiervereins Zugwest, «Aber um grosse Veranstaltungen geht es bei uns nicht, davon haben wir mit dem Stierenmarkt und der Zugermesse schon genug.» Potenzial zur Belebung sieht Zeberli eher in kleinen Festen: «Es wäre gut, wenn man wieder das eine oder andere Quartierfest organisiert, damit die Leute miteinander reden würden.» Vom Quartierverein konkret geplant ist ein neues Quartierfest im Juni diesen Jahres, «wir wollen herausfinden, ob das nicht ein Bedürfnis ist.» Daneben sieht Zeberli Potenzial beim Arenaplatz: «Wir sind etwas enttäuscht darüber, das die Stadt den Platz brach liegen lässt. Dabei könnte man doch etwas machen, um das Quartier zu belebn. Zum Beispiel mit mobilen Spielgeräten für Kinder, die man bei grossen Veranstaltungen wegräumen kann.» Was dem Quartier vor allem fehlt ist ein Quartiertreff. «Ein Raum wie das Hertiforum, das wir früher hatten», sagt Zeberli. Dabei ist man im Gespräch mit der Stadt. Allerdings fehlten zum Betrieb eines Treffs auch die Freiwilligen von Seiten des Vereins, räumt Zeberli ein. Nun ergeben sich allerdings Möglichkeiten in Verbindung mit der Gewürzmühle, sagt Stadtentwicklerin Kaiser: «Die Gewürzmühle im Hertiquartier ist schon darauf vorbereitet, so eine Funktion zu übernehmen, jetzt hängt es davon ab, wie diese Idee im Quartier ankommt.»

Die Brache Arenaplatz

Die einzelnen Punkte des erarbeiteten Leitbildes wurden in die Verantwortung der Departemente gegeben, die Ausarbeitung eines neuen Bespielungsplans etwa liegt bei Stadtentwicklerin Kaiser. Sie sagt: «Im Bezug auf den Arena-Platz sind wir dran. Das ist das erste Projekt, dass wir angehen wollen. Bis jetzt fehlt da ein Konzept darüber, welche Veranstaltungen erwünscht sind und welche nicht.» Zeberlis Idee von den mobilen Spielgeräten etwa findet Kaiser gut, «allerdings können wir das nicht einfach zahlen und hinstellen, sondern müssen dafür Partner bei der Bevölkerung finden. Dafür haben wir Leute im Visier und wir werden jetzt damit beginnen, ein Konzept für den Platz auszuarbeiten.» Und zwar auf der Grundlage der Ideen und Projekte aus dem Mitwirkungsprozess «Freiraum Zug»: «Es sind viele Ideen eingebracht worden, auch zur Belebung des Arenaplatzes», sagt Kaiser, «unsere Aufgabe ist es jetzt, zu schauen, wo diese Ideen auf fruchtbaren Boden fallen können.»

«Zug westwärts» als Vorbild für Quartierbelebung

Die konkreten Projekte zur Belebung der Quartiere aus dem «Freiraum Zug»-Leitbild wurden im Bildungsdepartement der Stadt ausgearbeitet. Verantwortlich dafür ist Susanna Peyer von der Fachstelle Soziokultur, sie leitet auch das bereits laufende Projekt «Zug westwärts», das sich mit der Belebung und Entwicklung des Quartiers Zug West auseinandersetzt. «Nächste Woche kommen die konkreten Projekte, die dabei entstanden sind, vor den Stadtrat», sagt Peyer. Darunter seien viele Ideen, die die Belebung des Quartiers betreffen. Kann «Zug westwärts» ein Vorbild sein, auch für die Belebung von anderen Quartieren? «Im Vorgehen auf jeden Fall», sagt Peyer, «es ist allerdings wichtig, dass die Leute selber die Initiative ergreifen. Und ich verstehe die Aussagen zur Quartierbelebung im Projekt Freiraum Zug als Aufruf der Quartiere an die Stadt: Seid euch bewusst, dass es auch in den Quartieren Leben geben soll. Und habt ein offenes Ohr, wenn wir mit Ideen kommen.»

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