Studentenwohnungen

Vom Hotel Mama ins Studihotel

Zimmer auf Zeit im Hotel Anker (Bild: sam)

Der Wohnungsmarkt in Luzern ist nicht gemacht für junge Studenten. Temporäre Abhilfe schaffen neue Angebote – zum Beispiel im Hotelbereich. Aber die Lösung des Wohnungsproblems ist das nicht.

«Wenn Luzern eine Studentenstadt sein will, dann…», diesen Satz hört man seit Jahren von frustrierten Studentinnen und Studenten. Gefolgt von einer Aufzählung, eine Art Mängelliste: «Es muss ein Campus her, wir brauchen ein breiteres kulturelles Angebot!»

Mit Abstand am häufigsten erwähnt wird aber: «Wenn Luzern eine Studentenstadt sein will, dann muss die Stadt mehr günstigen Wohnraum schaffen!». Eine Bilanz zeigt aber: Nicht die Stadt stellt den Wohnraum für Studentinnen und Studenten bereit, sondern Private. 

Wohnbauinitiative kommt zu spät

Im letzten Juni 2012 setzten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt zwar ein Zeichen, dass auch die Stadt aktiv werden soll – sie nahm die Initiative «Für zahlbares Wohnen» an. So sollen in den nächsten 25 Jahren rund 2100 gemeinnützig erstellte Wohnungen gebaut werden. Nur – bis es soweit ist, sind die heutigen Studierenden längst Berufsleute und Eltern. Auf den aktuellen dringenden Wohnbedarf der Studentinnen und Studenten gibt die Initiative also keine Antwort.

Was also machen die Studierenden von heute? Einige richteten sich in einem kleinen ehemaligen Bahnwärterhäuschen in der Nähe des alten Hallenbades ein. Das blieb jedoch ein Wintermärchen für wenige und ist bereits Geschichte; das Häuschen wurde geräumt.

Konkurrenz für Hotel Mama

Der grossen Mehrheit der Studierenden bleibt nur der private Wohnungsmarkt. Hier werden grössere Wohnungen jedoch nur selten an Studenten vergeben; ihr Einkommen ist zu klein und zu unsicher. Und wenn‘s denn doch klappen sollte, kostet ein WG-Zimmer schnell tausend Franken. Da bleiben die Studentin oder der Student gleich lieber daheim bei Mama. Dort ist’s auch eng, aber gratis und die Wäsche wird gemacht. Unter diesen Umständen lohnt sich sogar das Pendeln.

Seit einigen Monaten gibt es aber Standorte in der Stadt, die Hotel Mama Konkurrenz machen: Preiswertes Wohnen inklusive Wäsche besorgen.

Student-Inn, so heisst eines dieser Angebote. Dabei handelt es sich um das Hotel Steghof an der Voltastrasse. Student-Inn vermietet seit zwei Jahren Zimmer an Studenten, Praktikanten und Lehrlinge für 595 Franken pro Monat. Im Preis inbegriffen sind das eigene Bad, Internet und die Reinigung der Bettwäsche und des Zimmers.

«Der Druck auf den Wohnungsmarkt nimmt immer mehr zu, wir spüren das hier direkt. Für den Februar mussten wir bereits Absagen machen», sagt Yvonne Woodhouse vom Student-Inn Luzern. Momentan liegt die Auslastung bei fast 100%, die 42 Zimmer sind vor allem von Studentinnen und Studenten aus der Deutschschweiz und dem Tessin besetzt. «Hier ist die Vernetzung der Studenten untereinander natürlich sehr gross», schildert Yvonne Woodhouse einen der Vorteile des  Hotelkonzeptes.

Das Student-Inn war Vorbild für ein neues Angebot zu Gunsten von Studentinnen und Studenten: Auch im Hotel Anker am Pilatusplatz werden seit ein paar Wochen Zimmer angeboten.

Vier bis fünf Anfragen pro Tag

Der Anker, einst Treffpunkt der politischen Linken von Luzern, wurde im Dezember 2012 an das Gastronomieunternehmen Remimag AG verkauft. «Zuerst haben wir mal gründlich entrümpelt!», sagt Florian Eltschinger von der Remimag.

Das Familienunternehmen Remimag führt 14 Gastrobeteriebe, darunter etwa das Zunfthaus zu Pfistern und das Opus an der Reuss oder das Centro im Schönbühl-Quartier. Und auch mit dem Anker hat Remimag Grosses vor: Bis in zwei Jahren soll dort ein Budget-Design-Hotel stehen.

In der Zwischenzeit vermietet Remimag die 28 Ankerzimmer zu erschwinglichen Preisen. Was die Homepage «guenstiger-wohnraum-luzern» verschweigt: Es gibt nur ein Wohnen auf Zeit. Wer hier einzieht, muss sich im Klaren sein, dass er bald wieder etwas Neues suchen muss. Und günstige Wohnungen gibt es nicht, sondern «nur» günstige Hotelzimmer.

Trotzdem, das Geschäft läuft rund: «Wir haben momentan vier bis fünf Anfragen pro Tag, wir können nicht allen gerecht werden», sagt Florian Eltschinger von der Remimag. Der Unterschied zum Student-Inn im Steghof sei vor allem die zentrale Toplage, ansonsten sei das Angebot sehr ähnlich. Neuerdings können sich die Studentinnen und Studenten im Erdgeschoss auch verpflegen. Das Theater La Fourmi, das kürzlich ebenfalls als «Zwischennutzer» im Anker eingezogen ist, bietet Mahlzeiten an und sorgt über die Fasnachtszeit fürs Vergnügungsangebot.

Die Remimag vermietet die Zimmer aber nicht ausschliesslich an Studentinnen und Studenten wie das Student-Inn. Für eine Bleibe ab 425 Franken kann sich jeder bewerben. Die Remimag macht aber klar, dass Sozialhilfebezüger und Personen mit einem langen Betreibungsregister kaum Chancen haben.

Studentenzimmer am Stadtrand

Student-Inn und Anker liegen in Gehdistanz zu den Uni- und Hochschulgebäuden. Das gilt nicht für die Studentinnen und Studenten, die künftig im Studentenwohnheim an der Ruopigenstrasse in Reussbühl wohnen werden. Sie müssen zwölf Minuten früher aus den Federn, um mit dem Bus an die Uni zu gelangen.

Das neue Studentenwohnheim liegt zwar noch auf Stadtboden, aber doch recht deutlich in der Peripherie. Hier sollen bis im Herbstsemester 2014 insgesamt 32 Studentenzimmer hochgezogen werden. Die Preise werden sich in der Spannbreite bisheriger Luzerner WG-Zimmern bewegen: 700 bis 800 Franken für ein Zimmer mit gemeinsamer Küche, für den Wäscheservice muss man extra bezahlen.

Der Vorteil bei diesem Angebot ist: Die Bar steht im eigenen Haus. Das Liberty-Pub wird auch im Neubau seinen Platz finden und die Studentinnen und Studenten über anstrengende Aufsätze, unfaire Dozenten und stressige Semesterprüfungen hinwegtrösten.

Das Liberty-Pub kämpft jedoch seit Jahren mit Lärm-Reklamationen aus der Nachbarschaft. Sind denn 32 Studentinnen und Studenten ruhiger als eine Bar? Projektleiter Alois Grüter  ist optimistisch. «Der Nachbarschaftsstreit ist geregelt, die Sache ist ausgesprochen.»

Noch diesen Sommer will die Generalunternehmung IGD Grüter AG mit dem Bau beginnen. «Definitive Bezugstermine können wir noch nicht garantieren, das Baubewilligungsverfahren läuft noch», sagt Alois Grüter. Interessierte können sich aber jetzt schon melden und werden vorgemerkt.

Günstiger Preis dank Stiftungsgeldern

Weniger bescheiden als das Reussbühler Bauvorhaben tritt das Projekt studentroom auf. An der Steinhofstrasse im Eichhof-Quartier sollen Wohnungen für insgesamt 280 Studentinnen und Studenten gebaut werden. Mit einem Klick ist man jedoch schon heute dabei: Auf der Homepage kann man sich seit dem Herbst 2012 für ein Studio oder eine WG anmelden und man sieht dabei sofort, welche Wohnbereiche bereits besetzt sind.

studentroom errichtet das bisher grösste Angebot für Studentinnen und Studenten in Luzern. Die Stadt hat dafür das Grundstück der Stiftung Student Mentor Foundation im Baurecht abgegeben.

«Ein Studentenheim muss man sich darunter nicht vorstellen. Wir stehen mit den Studenten in einem ganz normalen Mietverhältnis», sagt Doris Russi vom Stiftungsrat dazu. Diese Wohnmöglichkeiten stossen bei Studentinnen und Studenten offensichtlich auf viel Zustimmung,  schon jetzt im Januar 2013 sind nur noch 30 bis 40 Wohneinheiten frei – trotz Einschränkungen.

Denn im studentroom können sich Studentinnen und Studenten ihre Zimmer nicht mit eigenen Möbeln einrichten. «Alle Zimmer werden möbliert vermietet. Zur Zimmerausstattung gehören ein Bett inklusive Matratze, Schrank, Schreibtisch, Stuhl und Büchergestell und Steckdosen», ist auf der Homepage zu erfahren.

Kommt sich da die Studentin oder der Student nicht gegängelt vor oder wird an ein Hotelzimmer erinnert?  Eine nicht repräsentative Anzahl an Studentinnen und Studenten versicherte unisono: Möbliert? Nein, nicht für länger.

«Ich kann es mir vorstellen, solange es höchstens für ein Semester ist, aber sonst will ich auf jeden Fall meine eigenen Sachen mitnehmen», sagt etwa ETH-Student Benedikt (23).

Das Angebot ist jedoch so preiswert, dass der Verzicht auf das eigene Bett leicht fällt:  Das günstigste Zimmer kostet 480 Franken, inbegriffen Möblierung, Nebenkosten und schnelles Internet. Der Preis kann so tief kalkuliert werden, weil die Stiftung Student Mentor Foundation Kostenzuschüsse macht.

Zusammengezählt stehen den Studentinnen und Studenten in Luzern mittelfristig 382 Wohngelegenheiten zur Verfügung. Das reicht gerade mal für 4 Prozent der Luzerner Studentenschaft. Und damit wird auch klar: Das gegenwärtige Wohnangebot ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Die privaten Angebote sorgen lediglich für eine Verschnaufpause – und zur Studentenstadt machen sie Luzern noch lange nicht.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von zentralplus Teamaccount
    zentralplus Teamaccount, 31.01.2013, 09:42 Uhr

    Der Kommentar wurde gelöscht, da er sich nicht auf den Artikel bezieht. Dazu lesen Sie bitte unsere Netiquette.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon