Baubewilligung für Luzerner Märchenhotel läuft aus

«Gütsch»: Showdown vor Ablauf des Ultimatums

Das Château Gütsch gibt weiter zu reden. (Bild: ben.)

Am 31. Oktober läuft das letzte «Ultimatum» aus, das die Stadt Luzern den Eigentümern des Hotels Château Gütsch gesetzt hat. Klar ist bereits jetzt: Die gestellten Bedingungen werden nicht erfüllt sein. Damit müsste der Stadtrat nun die Baubewilligung annullieren. Ein vertrauliches Treffen zwischen den Beteiligten soll kurz vor Fristablauf Klarheit bringen.

Viel ist den Beteiligten derzeit nicht zu entlocken. «Wir haben gegenseitig vereinbart, vor dem Treffen keine Auskünfte zu geben», sagt Gesa Eichler, Geschäftsführerin der Château Gütsch Immobilien AG (CGI). Die CGI ist Eigentümerin des Schlosshotels hoch über Luzern.

Immerhin, das Treffen zwischen Eigentümerin und Vertretern der Stadt wird bestätigt. Dazu der Luzerner Stadtingenieur Jürg Rehsteiner: «Kurz vor Ablauf der Frist wird es eine Besprechung geben.» Und Eichler ergänzt: «Wahrscheinlich wird unser Verwaltungsratspräsident Matthew Cook aus London daran teilnehmen, aber das ist noch nicht hundertprozentig sicher.»

Die Ausgangslage ist klar: Die Bedingungen, welche die Stadt an die Eigentümerin zusammen mit der Baubewilligung stellt, sind nicht erfüllt. Mit Konsequenzen für das Erweiterungsprojekt. Aus der Antwort des Stadtrats auf eine Interpellation von SP/Juso: «Das letzte vom Stadtrat gestellte Ultimatum läuft am 31. Oktober ab. Bis dann muss die Gütschbahn offen und für Passagiere benutzbar sein. Die Bauarbeiten für das Erweiterungsprojekt Baluardo müssen gestartet und ohne Unterbruch realisiert werden. Ansonsten verfälllt die Baubewilligung für das Erweiterungsprojekt.»

Gütschbahn wird realisiert 

Zwar gab es bei der Gütschbahn in letzter Zeit Bewegung. Die Bauarbeiten an der Talstation sind seit Ende August im Gange – doch das Bähnli wird unmöglich bis Ende Monat fertig. Die Eigentümer nannten als möglichen Eröffnungstermin einmal Weihnachten. Thomas Müller, Projektleiter der Firma Inauen-Schättin, welche den Schräglift realisiert, erwähnte Februar 2014.  Mittlerweile darf er sich zum Zeitplan nicht mehr äussern. Dafür sagt er aber etwas zum Design: «Momentan wird über die Gestaltung der Kabinen diskutiert. Es soll etwas Spezielles geben. Rosarot wie früher werden die Kabinen aber sicher nicht mehr sein, da ist der Denkmalschutz dagegen.»

Die Wiedereröffnung der Gütschbahn ist der Stadt ein zentrales Anliegen. Stadtpräsident Stefan Roth spricht gegenüber «20 Minuten» von einem «Etappensieg, dass die Bahn überhaupt im Bau ist.» Das wiederum findet die Vertreterin der Eigentümer ziemlich dicke Post, «denn das war ja nicht das Verdienst der Stadt, sondern von uns.»

Ein neues mögliches Szenario erwähnt SP-Grossstadtrat Marcel Budmiger. «Wir rechnen damit, dass das Baugesuch von den Eigentümern zurückgezogen wird.» So könnten beide Seiten ihr Gesicht wahren. Die CGI-Geschäftsführerin wollte sich auch dazu nicht äussern.

Zuckerbrot und Peitsche?

Budmiger sagt punkto weiterer «Verhandlungen»: «Kompromisslos, finden wir, muss der Stadtrat ja nicht sein. Immerhin gibt es nun endlich Fortschritte bei der Bahn. Doch eine gewisse Härte sollte er dennoch zeigen.» Auch FDP-Grosstadtrat Daniel Wettstein räumt ein, dass der Stadtrat wohl zähneknirschend weiter mit der Bauherrschaft verhandeln müsse. Wenn der Bahn jetzt der Stecker gezogen werde, gäbe es noch viel länger keine.

Dass dem Stadtrat eher am Einvernehmen als an einer weiteren Verhärtung der Fronten gelegen ist, darauf deutet auch folgendes hin: Stefan Roth nimmt auf Einladung der Kantonsregierung als Stadtpräsident des Kantonshauptorts an der geplanten Moskau-Reise des Regierungsrats teil. Abreise ist am 17. November. Auf Anfrage von zentral+ teilte der Luzerner Stadtpräsident mit: «Ich versuche anlässlich meiner Teilnahme in Moskau einen Termin bei Herrn Lebedev zu erhalten.»

Fortschritte machte man in den letzten Monaten beim luxuriösen Hotelumbau. Doch die Sanierung des Hotels ist gar nicht Gegenstand der Baubewilligung.

Und was ist mit dem Erweiterungsprojekt Baluardo? Dort gibt es zwar ein Projekt, aber es wurde noch nie ein Stein bewegt. Der russische «Gütsch»-Besitzer wollte rund 70 Millionen Franken in den Bau zweier neuer Gebäude mit Hotelzimmern und einem Wellnessbereich stecken. Die Erweiterung sollte dem Schloss-Hotel mit seinen bloss 27 Zimmern die nötige Rentabilität bringen.

Lebedev bringt Wohnungen ins Spiel

Im einzigen Interview zum Thema, das Alexander Lebedev dem Schweizer Fernsehen SRF im März an seinem Wohnsitz in Moskau gewährte, hat der Milliardär und ehemalige KGB-Mitarbeiter klargemacht, dass er gar kein Interesse mehr an «Baluardo» habe. Der Anbau gefalle ihm nicht mehr und sei viel zu teuer, sagte Lebedev. Finanzieren könne er diesen höchstens mit dem Verkauf von Wohnungen. «Aber das erlaubt die Stadt nicht.» Also lasse er den Umbau lieber sein und konzentriere sich auf den Hotelumbau.

Von Wohnungen war aber nie die Rede im Baubewilligungsverfahren. Stadtpräsident Stefan Roth bezweifelte deshalb im Fernsehbeitrag die «Ernsthaftigkeit der Planungs- und Bauaktivitäten». Daraufhin verlangte die Stadt weitere Unterlagen und stellte mehrere «Ultimaten». Das Letzte läuft jetzt aus.

Alexander Lebedev sprach von «Erpressung». Doch Stadt und Kanton kamen ihm in den letzten Jahren in verschiedenster Hinsicht entgegen. So gilt laut Stadtrat im Kanton Luzern bei Baubewilligungen eine relativ kurze Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung von einem Jahr, die einmalig um weitere 12 Monate verlängert werden könne. Zum Vergleich: Im Kanton Zürich gelten drei Jahre.

Abweichend von den Vorgaben wurde die Baubewilligung fürs «Gütsch» bereits 2010 erteilt und mehrmals verlängert. Mit entsprechenden Kosten. Rund 35 Prozent der Planungsleistungen werden in der Regel in die Ausarbeitung eines Bauprojekts ja bereits investiert.

Entscheid liegt bei Eigentümern

Doch Geld spielt in diesem Fall wohl eine untergeordnete Rolle – Lebedevs Vermögen wird von Forbes auf über eine Milliarde Dollar geschätzt. Der ungewöhnliche Oligarch, der sein Geld vor allem im Bankensektor gemacht hat und so unterschiedliche Dinge wie Flugzeugbeteiligungen, eine Kartoffelfabrik und Anteile an  britischen Zeitungen besitzt, der aber auf der anderen Seite auch die russische Opposition unterstützt, spricht davon, bisher in der Schweiz rund 30 Millionen Franken investiert zu haben.

Auf der anderen Seite besteht keine gesetzliche Grundlage, wonach ein rechtskräftig bewilligtes Bauprojekt auch tatsächlich ausgeführt werden muss. Dieser Entscheid liegt allein beim Gesuchsteller.

Ob mit oder ohne Baubewilligung: Das Luzerner Wahrzeichen bleibt wohl bis auf weiteres in der Hand von Alexander Lebedev. «Ja glauben Sie denn, dass die Leute Schlange stehen, um mir das Gütsch abzukaufen?», sagte er gegenüber dem Schweizer Fernsehen, «auf keinen Fall, das ist einfach kein lohnendes Geschäft.» Das war im März. Wie ist der Stand heute? «Bezüglich der Verkaufsoption gibt es zurzeit nichts Neues zu vermelden», sagt CGI-Geschäftsführerin Eichler.
Und auch für die Stadtregierung kommt ein Kauf des Märchenhotels nicht in Frage. «Dazu sieht der Stadtrat nach wie vor keine Veranlassung.»

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