Unternehmenssteuerreform III in Zug

So schnell ziehen die Firmen nicht ab

Finanzdirektor Peter Hegglin verhandelt mit Nachdruck, um für den Wirtschaftsstandort Zug das Bestmögliche bei der Unternehmenssteuerreform III herauszuholen. (Bild: anm)

Zug fürchtet sich vor einem Wohlstandsverlust. Die anstehende Unternehmenssteuerreform III könnte aus Sicht der Zuger Regierung die Wirtschaft deutlich schwächen. Finanzdirektor Peter Hegglin beobachtet die laufenden Verhandlungen auf Bundesebene deshalb mit Argusaugen. Jetzt versucht die Regierung alles, damit der Wirtschaftsstandort Zug in Zukunft konkurrenzfähig bleibt. Oder in anderen Worten: Sie stellt Forderungen – und sie jammert. 

Der Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin ist mit der vorgeschlagenen Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III (USR III) nicht zufrieden. Er stellt deshalb klare Forderungen und richtet diese an den Bund. Aus Sicht des Steuerparadieses Zug mangelt es bei die USR III noch an einigen Ecken.

«Grundsätzlich unterstützen wir die Reform, aber wir fordern, dass gewisse Themenbereiche noch klarer definiert werden», sagt Hegglin, der neben seinem Amt als Regierungsrat auch die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) präsidiert.

Der reichste Kanton der Schweiz hat Angst, der Steuerreform seinen Wohlstand opfern zu müssen. Die Vermutung lautet: Sollten internationale Handelsfirmen Zug verlassen, weil sich die Steuerbedingungen verschlechtern, steht der Kanton vor einem Problem.

Was will diese Reform?

Der im Dezember veröffentlichte Schlussbericht zur Unternehmenssteuerreform III (USR III) beschreibt die Ziele der Reform und schlägt «Massnahmen zur Stärkung der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit» vor. Die USR III soll erreichen, «dass die Schweiz weiterhin steuerlich attraktiv bleibt und im internationalen Standortwettbewerb gut plaziert ist.»

Besonders auf Druck der EU hin sollen mit der Reform weltweit Besteuerungslücken und ungerechtfertigte Besteuerungspraktiken bekämpft werden. «Mit der USR III soll die Position der Schweiz im internationalen Steuerwettbewerb gefestigt sowie Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmen gestärkt werden», heisst es im Schlussbericht.

Für die Ausarbeitung der USR III gibt es eine Projektorganisation mit Gremien aus dem Bund und den Kantonen. Peter Hegglin ist einer der Vertreter aus den Kantonen.

Immer wieder das gleiche Argument

Es herrscht Angst: «Der Regierungsrat ist besorgt, dass die für Zug bedeutenden Konzernzentralen und internationalen Handelsgesellschaften von der Unternehmenssteuerreform negativ betroffen sein könnten», lautet es in der Medienmitteilung der Regierung.

Bereits im letzten Juni äusserte die Zuger Regierung ihre Befürchtungen. Könne der Gewinnsteuersatz für alle Zuger Unternehmen nicht auf etwa 12 Prozent gesenkt werden, sei «aufgrund des nationalen und internationalen Standortwettbewerbs mit dem Wegzug wichtiger Geschäftszweige oder ganzer Unternehmen mitsamt den damit zusammenhängenden Arbeitsplätzen zu rechnen.» Es geht um jene Unternehmen, die bis jetzt privilegiert besteuert werden. Namentlich Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften. Damit soll mit der USR III Schluss sein (siehe Box).

Im Vergleich zu Genf steht Zug gut da

Das Argument, die Firmen würden wegziehen, fällt immer wieder, obwohl man sich mittlerweile einig ist, dass die zahlreichen internationalen Handelsgesellschaften – darunter viele Rohstoffhändler – nicht nur wegen den Steuern in Zug sitzen. Es gibt andere Standortfaktoren, die für die regionale Ballung zum Rohstoff-Cluster verantwortlich sind.

Das bestätigt auch der Luzerner Nationalrat Roland Fischer von der glp: «Die tiefe Steuerbelastung ist auf jeden Fall ein entscheidender Faktor. Wichtig ist aber auch eine gute verkehrstechnische Erreichbarkeit und die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften.» Aufgrund seiner geografischen Lage im Grossraum Zürich mit seinem Flughafen, der ETH, der Universität und den Fachhochschulen sei der Kanton Zug auch in dieser Hinsicht sehr gut positioniert.»

Auf die Frage, ob denn die Angst vor Firmenwegzügen tatsächlich begründet sei, sagt Fischer: «Im Vergleich zu anderen Kantonen wie zum Beispiel Genf oder Basel-Stadt ist der Kanton Zug in einer guten Ausgangslage. Denn aufgrund der allgemein tiefen Steuerbelastung gehört der Kanton Zug international zu den attraktivsten Standorten für Firmen und Privatpersonen.» Letztendlich komme es aber auf die konkrete Ausgestaltung der USR III an, fügt Fischer hinzu, «und in dieser Beziehung ist noch vieles offen.»

Ob der Wegzug eine reale Bedrohung ist oder nicht, Peter Hegglin will nun das aus seinen Augen Schlimmste verhindern. Deshalb fordert die Zuger Regierung in drei Bereichen der USR III klarere Definitionen: Bei den Steuerregelungen, bei der Unterstützung vom Bund und beim nationalen Finanzausgleich. Denn, so Hegglin, «diese drei Bereiche hängen alle zusammen.»

Gibt es die Lizenzboxen bald nicht mehr?

Zum Ersten geht es um die Steuerregelungen und darin vor allem um die Lizenzboxen. Die Ausgestaltung dieses steuerlichen Instruments soll konkretisiert werden. Lizenzboxen nützen besonders denjenigen Unternehmen, die viel in Forschung und Entwicklung investieren. Sie müssen für Erträge aus Lizenzen und Patenten weniger Steuern zahlen. Davon profitieren beispielsweise die Pharmaunternehmen.

«Uns nützen die Boxen weniger als Kantonen, die anders aufgestellt sind», sagt Hegglin, denn «für Handelsfirmen gibt es bei der jetzigen Ausarbeitung der Lizenzboxen praktisch keine Sonderregelungen». Hegglin geht davon aus, dass Kantone wie Genf und Waadt die Boxen-Regelung ähnlich einschätzen werden. Denn auch in diesen Kantonen sind viele internationale Handelsgesellschaften zuhause. Allianzen mit anderen Kantonen, zum Beispiel Genf, habe es für die Ausarbeitung der Anliegen bisher aber nicht gegeben, teilt Hegglin auf Anfrage mit. 

«Uns nützen die Boxen weniger als Kantonen, die anders aufgestellt sind.»

Peter Hegglin, Zuger Finanzdirektor

Ein wichtiges Detail zu den Lizenzboxen erwähnt Peter Hegglin nicht. Roland Fischer sagt zwar, dass der Kanton Zug von den Lizenzboxen tatsächlich wenig profitiere, er weiss aber, dass das Instrument der Lizenzboxen zur Zeit von der OECD untersucht wird. «Es ist nicht sicher, ob und wenn ja, in welcher Form Lizenzboxen in der Zukunft international weiterhin akzeptiert werden», sagt der glp-Nationalrat.

Wie schon beim Firmenwegzug wird es somit allenfalls über kurz oder lang auch hinfällig, zu jammern, Zug könne nicht von Vorteilen durch Lizenzboxen profitieren.

Eine FDP-«Task Force» für Wirtschaftsfreundlichkeit?

Ginge es nach der Zuger FDP, müsste der Regierungsrat bei den Steuerregelungen allerdings noch viel mehr fordern. Sie vertritt ganz klar die Haltung, dass die Zuger Wirtschaft, so wie sie jetzt ist, auf Gedeih und Verderb vertreten werden müsse. Die «Task Force Steuerstandort Zug» hat umgehend reagiert, als der Kanton seine Position veröffentlichte. 

FDP Kantonalpräsident Jürg Strub spricht von einem Kampf: «Die Schweiz und insbesondere der Kanton Zug muss auch nach einer Einführung der USR III für internationale Unternehmen steuerlich konkurrenzfähig bleiben. Insbesondere bei den heute privilegiert besteuerten Gesellschaften muss der Kanton Zug mit gleich langen Spiessen wie London, Singapur und weiteren um unsere Unternehmen buhlenden Standorten kämpfen können.» Gerade für diese Gesellschaften sei die Gesamtbesteuerung entscheidend und nicht ein einzelner Steuerfuss. Die FDP fordert: «Es braucht neue Abzugsmöglichkeiten.» 

«Es braucht neue Abzugsmöglichkeiten.»

FDP-Task Force Steuerstandort Zug

Ein anderer Vorschlag zu den Steuern, der aus dem Schlussbericht hervorgeht, lehnt die Zuger Regierung ab. Die FDP hingegen wünscht sich aber auch da mehr Wirtschaftsfreundlichkeit: Im Gegensatz zum Finanzdirektor fordert sie weiterhin die Abschaffung der Emissionsabgabe auf dem Eigenkapital. Die Task Force-Vorsitzende Gabriela Ingold sagt: «Eine Abschaffung führt zu einer stärkeren Eigenkapitalausstattung der Schweizer Unternehmen, welche dadurch krisenresistenter werden.»

Der Bund soll kompensieren

Der zweite Bereich, in dem Zug eine Überarbeitung fordert, betrifft die Unterstützung durch den Bund. Ertragsausfälle aus der Besteuerung von Unternehmen dürften nicht einseitig zu Lasten von Kantonen und Gemeinden erfolgen, lautet das Argument der Regierung.

Die USR III soll ausserdem auf keinen Fall die Steuersenkungspolitik des Kantons behindern. Diese ist offenbar in Stein gemeisselt: «Damit die Kantone die Steuersätze der juristischen Personen gesamthaft absenken können, sind substanzielle Unterstützungsbeiträge des Bundes erforderlich», teilt der Regierungsrat mit. Diese Kompensation durch den Bund soll sich nach dem Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer von juristischen Personen richten. «Eine giesskannenartige Verteilung pro Einwohner lehnt der Kanton Zug ab», so Hegglin.

Als letzten Bereich nennt Hegglin schliesslich das Dauerthema «Nationaler Finanzausgleich (NFA)». Zug müsse aufgrund aktueller Prognosen jährlich bald rund 300 Millionen Franken in den nationalen Finanzausgleich zahlen. Das sei mehr als der gesamte Kantonssteuerertrag von allen Zuger Gesellschaften. Der Kanton fordert, die durch den NFA umverteilte Summe müsse reduziert werden, damit diese der neuen steuerlichen Realität entspreche.

Bis Ende März können alle Kantone noch ihre Anliegen für die USR III eingeben. Darauf aufbauend wird das eidgenössische Finanzdepartement den Bericht und Antrag ins Parlament weitergeben. «Ich erwarte schon, dass sich alle Kantone dazu äussern werden», sagt Hegglin, «je nach Betroffenheit wird das wohl unterschiedlich aussehen.»

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