Energiesparen soll sich lohnen

Faire Nebenkosten-Abrechnung: In Luzern steigt der Druck

Kantonsrat Hasan Candan (SP) und Nationalrat Michael Töngi (Grüne) setzen sich für eine faire Abrechnung der Nebenkosten ein. (Bild: Pixabay/zvg/zvg)

Hauseigentümer sollen Mieterinnen nur die Nebenkosten in Rechung stellen, die sie auch tatsächlich verursachen. Steigende Energiepreise erhöhen den Druck. Linke und Grüne wittern darin eine Chance.

Du kennst es bestimmt: Die WG-Mitbewohnerin mag es gern wohlig-warm, du hast beim Heimkommen Erstickungsgefühle. Du reisst die Fenster auf. Sie dreht die Heizung hoch. Einen Kompromiss gibt es nicht.

Die Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, was die Wohlfühl-Temperatur angeht. Und das schlägt sich massiv bei den Nebenkosten nieder. Wer es gern warm hat, verbraucht fürs Heizen schnell dreimal so viel Energie wie ein menschlicher «Kaltblüter». Das zeigen Erhebungen des Bundes.

Nebenkosten-Rechnung: Wasser sparen lohnt sich nicht

Noch frappanter sind die Unterschiede beim Wasserverbrauch: Wer sich gewohnt ist, kurz und kalt zu duschen, verbraucht achtmal weniger Warmwasser als Vollbad-Fans.

Das Problem: In vielen älteren Häusern wird der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser nicht separat erfasst. Die Vermieter bekommen eine Rechnung und verteilen die Nebenkosten dann auf die Zahl der Wohnungen in der Liegenschaft. Wer viel Energie verbraucht, profitiert davon. Ökologie-Bewusste hingegen zahlen deutlich zu viel.

«Es ist nicht einleuchtend, warum das bei Altbauten nicht möglich sein soll.»

Grüne-Nationalrat Michael Töngi

Das ist ein Fehlanreiz, der den Luzerner Nationalrat Michael Töngi (Grüne) schon lange ärgert. Er ist überzeugt: Bei hohen Preisen kann dies zwischen sparsamen und nicht-sparsamen Haushalten einen Unterschied von weit über Tausend Franken ausmachen (zentralplus berichtete).

Alte Häuser haben einen hohen Energieverbrauch

Michael Töngi hat als Vize-Präsident des Schweizer Mieterverbands deshalb im Nationalrat eine Motion eingereicht. Er fordert darin, dass der Bundesrat die Hauseigentümer verpflichtet, in Mehrfamilienhäusern die Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung verbrauchsabhängig abzurechnen.

Der Bundesrat will davon aber nichts wissen (zentralplus berichtete). Er erklärt sich in seiner Antwort kurzerhand für nicht zuständig. «Ich finde, das ist eine hanebüchene Begründung, die Motion abzulehnen», sagt Michael Töngi dazu. Bei Neubauten schreibe der Bund schliesslich bereits eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Nebenkosten vor. «Da ist es nicht einleuchtend, warum das bei Altbauten nicht möglich sein soll.» Zumal diese generell einen hohen Energieverbrauch hätten, der Spareffekt also umso grösser sein dürfte.

«Der Mieterinnen- und Mieterverband beteiligt sich im Hinblick auf den Winter an einer Kampagne, die zum Energiesparen aufruft», sagt Töngi. Aber es sei schwierig, die Leute zu überzeugen, wenn der Nachbar den ganzen Winter das Fenster offen habe.

In Luzern ist das Thema noch nicht vom Tisch

Die faire Heiz- und Warmwasserabrechnung wird in Luzern so oder so aufs politische Parkett kommen. Auch wenn der Nationalrat die Motion von Töngi ablehnt. Grund: SP-Politiker Hasan Candan hat einen fast gleichlautenden Vorstoss auf kantonaler Ebene eingereicht (zentralplus berichtete).

«Mieterinnen haben ein grosses Interesse daran, dass sich das Energiesparen für sie finanziell auszahlt.»

SP-Kantonsrat Hasan Candan

Die Antwort der Luzerner Regierung steht noch aus. Andrea Muff, Sprecherin des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements, hält sich entsprechend bedeckt. Auf Anfrage schreibt sie aber: «Aufgrund der steigenden Energiepreise nimmt der Bedarf für eine verbrauchsabhängige Kostenabrechnung und der daraus entstehende Nutzen für die Verbraucher sicher zu.»

Aus Sicht von Candan wäre es ein Leichtes, auch bei bestehenden Bauten Instrumente zur Messung des Energieverbrauchs für jede Wohnung zu installieren. Gemäss einer Informationsbroschüre des Bundes ist dafür lediglich mit Investitionskosten von 500 bis 1000 Franken zu rechnen.

Mieterinnen machen Druck

«Aus meiner Sicht könnte sich der Kanton Luzern in Anbetracht der Dringlichkeit des Energiesparens finanziell daran beteiligen, um die Hürden für Hauseigentümerinnen zu senken», sagt Candan. Das Argument des Bundesrats, wonach der Kontrollaufwand erheblich wäre, kann der SP-Kantonsrat nicht nachvollziehen.

Er ist überzeugt, dass die steigenden Energiepreise dafür sorgen werden, dass die Mieterinnen in Sachen Nebenkosten Druck machen bei den Hauseigentümern. «Sie haben ein grosses Interesse daran, dass sich das Energiesparen für sie finanziell auszahlt. Aus meiner Sicht würde eine Meldestelle für Mieterinnen deshalb ausreichen, um die verbrauchsabhängige Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten durchzusetzen.»

Fürd den Hauseigentümerverband reicht aktuelle Regelung aus

Der Hauseigentümerverband Luzern lehnt die Forderung von Candan ab. «Wir haben uns im Rahmen des Energiegesetzes bereits intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt», sagt Vorstandsmitglied und SVP-Kantonsrat Armin Hartmann.

«Wir sind der Meinung, dass es unverhältnismässig ist, den Besitzern von kleinen Mehrfamilienhäusern eine verbrauchsabhängige Nebenkosten-Abrechnung vorzuschreiben.» Die heutige Regelung, wonach solche Messgeräte bei Neubauten und grösseren Sanierungen Pflicht sind, reiche aus.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung: Neues Abrechnungsmodell zur verbrauchsabhängigen Energie- und Wasserkostenabrechnung
  • Motion von Michael Töngi plus Antwort des Bundesrats
  • Telefonat mit Michael Töngi
  • Vorschriften für Neubauten im nationalen Energiegesetz
  • Motion Hasan Candan
  • Telefonat mit Hasan Candan
  • Broschüre: Modell zur verbrauchsabhängigen Energie und Wasserkostenabrechnung
  • Studie: Konzept, Vollzug und Wirkung der verbrauchsabhängigen Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung (VHKA)
  • Schriftliche Auskunft Andrea Muff, BUWD
  • Telefonat Armin Hartmann, Vorstandsmitglied des Hauseigentümerverbands
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10 Kommentare
  • Profilfoto von Philipp
    Philipp, 24.08.2022, 12:10 Uhr

    Hab das schon bei einem anderen Artikel zu diesem Thema geschrieben. Alle die in einer EG Wohnung leben währen mit einer individuellen Abrechnung massiv benachteiligt.
    Unter meiner Wohnung ist der Keller und die Waschräume. In den Waschräumen stehen die Fenster sehr oft offen damit die feuchte Luft entweichen kann. Die Räume kühlen dadurch stark ab und sind gleichzeitig unbeheizt.
    Im Winter ist mein Fussboden in der Wohnung dadurch noch 11 Grad warm. Folglich muss ich entsprechend stark heizen damit meine Wohnung 22 Grad erreicht.
    Der Bewohner über mir muss seine Wohnung gleichzeitig praktisch nicht heizen da die aufsteigende warme Luft meiner Wohnung seinen Fussboden wärmt. Was soll daran fair sein?

    Wenn man alles so genau aufteilen will müsste man andere Bereiche auch aufteilen. Ich brauche zum Beispiel keinen Lift. Auch die Treppenhausbeleuchtung brauch ich nicht. Wohne ja direkt beim Eingang. Trotzdem zahl ich den Strom dafür und auch das teuere Serviceabo für den Lift trage ich mit. Ich denke mit einer Kostenaufteilung auf alle Mieter ist im gross und ganzen eine gerechtere Aufteilung der möglich als mit einer individuellen.

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    • Profilfoto von Thomas Aeberhard
      Thomas Aeberhard, 24.08.2022, 12:18 Uhr

      Ich wohne auch im EG und bezahle den Lift mit. Allerdings nur einen kleinen Anteil, der mit jedem Stockwerk grösser wird. Insofern finde ich dieses System nicht ungerecht. Über der Waschküche oder dem Keller besteht tatsächlich ein anderes Problem.

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      • Profilfoto von Philipp
        Philipp, 24.08.2022, 14:48 Uhr

        Bei uns zahlt jeder gleich viel für den Lift. Egal in welchem Stockwerk du wohnst. Aber eben, das Hauptproblem sind die ungeheizten Räume wie Keller und Waschküche. Das schenkt richtig ein bei den Heizkosten.

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      F Hayek, 24.08.2022, 12:36 Uhr

      Wenn die EG Wohnungen wirklich so schlecht isoliert sind, wird der Markt das schon richten (niemand wird solche Wohnungen mieten wollen, also werden die Wohnung entweder repariert oder die Preise sinken).

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      • Profilfoto von Philipp
        Philipp, 24.08.2022, 14:46 Uhr

        Das hat leider nichts mit der Isolierung zu tun. Eine solche haben wir vor 8 Jahren bei der Sanierung erhalten. 15cm dick. Wenn aber die Räume (Keller / Waschküche) nicht geheizt werden dringt die Kälte mit der Zeit immer nach oben durch. Es dauert einfach ein bisschen länger. Mehr nicht.

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          Bob, 24.08.2022, 15:11 Uhr

          Kälte dringt nirgendwo durch, sondern die Wärme entweicht durch den falsch isolierten Boden. Ergo, Isolierung.

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            Sandro, 24.08.2022, 19:29 Uhr

            Naja, woher die Kälte kommt kann man sehen wie man will. Schlussendlich hat Philipp recht. Aufgrund der Umstände hat man im EG deutliche Nachteile. Das müsste dann durch den Vermieter entsprechend beim Mietzins berücksichtigt werde da die Wohnung offensichtlich baulich bedingt «minderwertiger» ist als die restlichen. Dieser Umstand sollten nicht auf den Mieter abgewälzt werden.

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  • Profilfoto von Albus
    Albus, 24.08.2022, 08:02 Uhr

    Verstehe die Haltung der SVP nicht – ohne Verbrauchsabhängige Abrechnung ist ja auch keine Eigenverantwortung möglich?

    Ich dachte ihr seid doch gegen Trittbrettfahrer.

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  • Profilfoto von Ein Nachbar
    Ein Nachbar, 24.08.2022, 07:45 Uhr

    Tönt alles gut und recht, was sich da die Linken wieder schönreden, doch einmal mehr ist deren «Wahnsinnsidee» nicht umsetzbar. Ich habe mal in einem Mehrfamilienhaus gelebt, 6 Wohnungen, 3 pro Seite, ich in der Mitte, Fussbodenheizung. Ich habe meine Fussbodenheizung auf das Minimum gestellt um Energie zu sparen und weil ich es kühler mag. Mein Nachbar unter mir mag es gerne warm, was auch sein gutes Recht ist, er die Fussbodenheizung auf normal. Bereits nach wenigen Tagen konnte man feststellen, dass es in der Wohnung meines Nachbarn (unter mir) richtig windig ist……

    Hätte ich das nicht selber erlebt, so würde ich es kaum glauben! Tatsache ist, seine Luft hat sich bei seiner Fussbodenheizung erwärmt, ist nach oben gestiegen und hat sich an der kalten Decke (da ist meine Fussbodenheizung auf Minimum drin) abgekühlt und ist wieder zu Boden gesunken. So gab es eine dauerhafte Luftumwälzung, welche als Wind richtig spürbar war. Nun hat er seine Wärme etwas runter und ich meine etwas rauf gedreht, jetzt ist der Wind weg. Bezahlt künftig jeder für sich, was interessiert dann der Nachbar unter oder über mir? Eine Heizung in einem Gebäude ist ein Zusammenspiel mehreren Faktoren, eine Betrachtung der einzelnen Wohnungen für sich ist in der Praxis nicht umsetzbar.

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    • Profilfoto von Michel von der Schwand
      Michel von der Schwand, 24.08.2022, 08:21 Uhr

      Dem ist in der Tat nichts hinzuzufügen. Ausser, dass Sie es auf den Punkt gebracht haben und vollkommen richtig analysiert haben.

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