Bauherr schenkt Steinhausen einen Kindergarten

Pläne für Crypto-Areal stossen auf Widerstand

Das Crypto-Firmengelände in Steinhausen soll neu bebaut werden. Für FDP-Präsident Reto Schorta gibt es aber noch einige offene Fragen. (Bild: zvg)

Das Areal der Verschlüsselungsfirma Crypto soll neu bebaut werden, wenn die Gemeindeversammlung von Steinhausen diesen Donnerstag zustimmt. Der Bebauungsplan findet aber nicht nur Freunde: Die FDP hat eine Menge Fragen – und zusammen mit SP und ALG schwerwiegende Einwände dagegen.

Eine Budget-Gemeindeversammlung, wie sie in jedem Schweizer Dorf jährlich im Spätherbst stattfindet, vermag oft nicht mal einen Hund hinterm Ofen hervorzulocken. In Steinhausen ist das anders: Hier verspricht es an der Versammlung von diesem Donnerstag richtig hoch herzugehen.

Nicht nur weil Uneinigkeit bezüglich des künftigen Steuerfusses besteht, was im Kanton Zug immer ein emotionales Thema ist. Sondern auch, weil der Bebauungsplan zum Crypto-Areal zur Abstimmung gelangt.

Freisinnige stellen Fragen

Bekanntlich wurde das Gelände der Verschlüsselungsfirma, mit deren Geräten die CIA jahrzehntelang den halben Globus ausspionierte, an einen privaten Investor verkauft. Der will dort ein schickes Wohnviertel errichten. Der Bebauungsplan lag im Sommer auf der Gemeindeverwaltung auf (zentralplus berichtete).

Dagegen gingen zwei Einwendungen ein. Eine betraf die Stromleitungen, welche über den südlichen Teil des Geländes verlaufen, eine andere den vorgesehenen Anteil von 10 Prozent an preisgünstigem Wohnraum.

«Wir waren schon etwas überrascht, dass der Gemeinderat die Vorlage zur Abstimmung bringt, bevor wichtige Punkte geklärt sind.»

Reto Schorta, FDP-Präsident ad interim

Der Bebauungsplan wurde in der Folge nachgebessert, trifft aber immer noch nicht auf uneingeschränkte Begeisterung. «Wir waren schon etwas überrascht, dass der Gemeinderat die Vorlage zur Abstimmung bringt, bevor wichtige Punkte geklärt sind», sagt Reto Schorta, FDP-Ortsparteipräsident ad interim. Die Botschaft zum Geschäft habe einige Fragen offengelassen. Insbesondere, wer wie lange für den Bau und Betrieb des Doppelkindergartens aufkommen soll, der auf dem Areal geplant ist.

Vereinbarung ist unterschrieben

Die Bauherrschaft übernehme die Kosten für den Doppelkindergarten, berichtete jüngst die «Zuger Zeitung». Der Steinhauser Gemeindepräsident Hans Staub (Die Mitte) bestätigt dies gegenüber zentralplus. Er zieht später jedoch alle seine Äusserungen zurück, weil ihm der Beitrag als «zu reisserisch» erscheint.

Folgendes ist also – neutral formuliert – der Stand der Dinge: Gemeinderat und Bauherrschaft haben eine Vereinbarung zum Doppelkindergarten unterschrieben. Ausserdem will die Areal Steinhausen Zug AG einen Spielplatz für den Kindergarten finanzieren und den Ausbau der geplanten Räumlichkeiten für Vereine auf dem Areal bezahlen. Ein Doppelkindergarten, den Steinhausen kürzlich auf eigene Rechnung neu bauen musste, kam auf 1,3 Millionen Franken zu stehen.

Wie das Gemeinwesen profitiert

Offensichtlich fühlt sich der Gemeinderat gehalten, einen Mehrwert fürs Gemeinwesen zu erzielen. Denn wer dichter und höher bauen darf, als es die Ausnützungsziffer im eigentlichen Zonenplan erlauben würde, vermag mehr Geld aus einer Überbauung heraus zu erwirtschaften.

An anderen Orten wird mit der durch einen Bebauungsplan verbundenen Aufzonung eine Mehrwertabgabe fällig. Nicht so in Steinhausen. Doch mit den Velo- und Fusswegen auf dem Areal, den Energielösungen und nun auch dem spendierten Kindergarten und den Vereinsräumen glaubt der Gemeinderat das Gemeinwesen angemessen entschädigt. FDP-Präsident Reto Schorta ist hingegen vorsichtig: «Eine Vereinbarung ist nicht gleichwertig wie ein Vertrag.» Warum warte man nicht ab, bis alle Details unter Dach und Fach seien, fragt er.

Neu: Internationaler Immobilieninvestor tritt auf

Hinter der Areal Steinhausen Zug AG steht ein international tätiger Investor: Norbert Ketterer, Immobilien-Mogul aus Baden-Würtemberg, der auch zweitgrösster Aktionär beim grossen Schweizer Baukonzern Implenia ist.

Einzelne Steinhauser haben Bedenken, dass sich der Gemeinderat vom Profi habe einwickeln lassen – und, als deutlich wurde, dass der Bebauungsplan nicht so leicht durchgeht, kurzfristig die Vereinbarung zum Kindergarten nachgeschoben habe.

Ein alter Experte hat Einwände

Das ist allerdings reine Spekulation. Sicher ist, dass es einen zweiten Streitpunkt gibt – den geringen Anteil an preisgünstigem Wohnraum, der auf dem Areal realisiert werden sollte. Gemäss «Zuger Zeitung» werden SP und ALG an der Gemeindeversammlung dagegen opponieren.

«Ich will an der Gemeindeversammlung nicht als Kritiker, sondern als Vermittler auftreten.» 

Max Gisler

Aufs Tapet gebracht hat den Punkt aber ursprünglich das langjährige FDP-Mitglied Max Gisler. Der frühere Chefbeamte des Kantons Zug hatte eine Einwendung gegen die ursprünglich geplanten 10 Prozent gemacht und stattdessen 20 Prozent vorgeschlagen.

Der Bebauungsplan wurde anschliessend nachgebessert und der Anteil an preisgünstigem Wohnraum auf 15 Prozent festgesetzt. Der durch den Investor bezahlte Doppelkindergarten und die Vereinsräume – grösstenteils Lagerräume – werden in dieser Rechnung zusätzlich zu den 15 Prozent berücksichtigt.

Zwei Sachen vermischt

«Ich nehme das so zur Kenntnis», sagt Max Gisler. Er verweist darauf, dass bei aktuellen Grossüberbauungen in Baar und Zug jeweils 20 bis 30 Prozent preisgünstiger Wohnraum vorgeschrieben werden. «Ich will an der Gemeindeversammlung jedoch nicht als Kritiker, sondern als Vermittler auftreten», sagt er.

Wer sich übrigens wundert, dass ein Bauherr einer Gemeinde einfach so einen Kindergarten schenkt, hat Recht. Das ist nicht üblich. Vor 50 Jahren sei es bei grossen Arealbebauungen vorgekommen, dass ein Bauherr zum Bau eines Kindergartens oder Schule verpflichtet worden war, erinnert sich Max Gisler. «Aber eigentlich werden hier zwei Dinge vermengt: Die Schulraumplanung hat nicht direkt mit dem Bebauungsplan zu tun.»

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