Kameras reichen nicht aus

Gewalt in Zug nimmt zu: Was es braucht, um das zu ändern

Die Zuger Polizei hat letztes Jahr 531 Gewaltdelikte registriert. (Bild: Zuger Polizei / Facebook)

Die Zahl der polizeilich registrierten Gewaltdelikte ist letztes Jahr im Kanton Zug um 7,7 Prozent angestiegen. Die SVP Risch-Rotkreuz vermutet zudem eine hohe Dunkelziffer – und fordert zusätzliche Überwachungskameras. Braucht es das? zentralplus hat sich die Zahlen genauer angeschaut.

Wie kriminell ist Zug? Das kommt drauf an, welche Straftaten betrachtet werden. Was die Gesamtzahl der Delikte angeht, so gehört Zug mit 29,9 Straftaten pro 1’000 Einwohner zu den gesitteten Kantonen. Der schweizerische Durchschnitt liegt nämlich bei 49,9.

Werden jedoch ausschliesslich die Gewaltdelikte betrachtet, so sieht es anders aus. In keinem anderen Zentralschweizer Kanton wurden 2020 im Verhältnis zur Bevölkerung mehr Gewaltstraftaten begangen als im Kanton Zug. Insgesamt waren es 531.

Zu den Gewaltdelikten zählen unter anderem Körperverletzungen, Raufhandel, Tätlichkeiten, aber auch Drohungen. Der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr beträgt 7,7 Prozent. In absoluten Zahlen betrachtet klingt das nicht dramatisch: Die Zuger Polizei registrierte 72 einfache Körperverletzungen (2019: 65), 193 Tätlichkeiten (2019: 180) und 109 Drohungen (2019: 98).

Beim Raufhandel kam es zu einem deutlichen Anstieg von sieben (2019) auf 33 Fälle (2020). Da in einen solchen aber immer mehrere Personen involviert sind, wäre es falsch, deswegen von einer dramatischen Entwicklung zu sprechen.

Trotz Kameras: Die Kriminalität bleibt

Verschiedenen Sektionen der SVP bereitet der Anstieg der Gewalt Sorgen. In Risch-Rotkreuz und in Cham fordern sie, dass rund um den Bahnhof Überwachungskameras installiert werden, um die Sicherheit zu erhöhen (zentralplus berichtete). Ob dies tatsächlich eine präventive Wirkung hat, ist umstritten (zentralplus berichtete).

Die Zuger Polizei hat 2019 durchgesetzt, dass am Bahnhof in Zug sowie auf dem Weg in die Bossard-Arena Kameras installiert werden. Dies nachdem die Zahl der Straftaten in diesem Bereich deutlich angestiegen war (zentralplus berichtete).

«Die Tatsache, dass ein Bereich kameraüberwacht wird, hat eine präventive Wirkung.»

Judith Aklin, Zuger Strafverfolgungsbehörden

Welche Erfahrungen wurden damit gemacht? «Die Videoüberwachung ist ein mögliches Mittel, um die Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum zu erhöhen. Die Tatsache, dass ein Bereich kameraüberwacht wird, hat eine präventive Wirkung», ist Judith Aklin überzeugt. Mit Zahlen untermauern lässt sich das nicht.

Aber: «Dank Videoüberwachung konnten in den Vergangenheit auch Fälle geklärt werden», so die Sprecherin der Zuger Strafverfolgungsbehörden. So etwa, als drei junge Männer im Juni 2020 am Bundesplatz einen Taxifahrer angegriffen und erheblich verletzten.

Verschwunden ist die Kriminalität jedenfalls nicht aus den Stadtzuger Strassen. «Seit Einführung der Videoüberwachung in der Stadt Zug hat sich eine Vielzahl von Delikten wie Diebstählen, Sachbeschädigungen, Betäubungsmitteldelikten, aber auch Gewaltdelikten ereignet», räumt Judith Aklin ein. Ob es weniger Straftaten sind als vorher, lässt sich nicht sagen. «Eine statistische Auswertung muss über einen längeren Zeitraum erfolgen, um verlässliche Aussagen machen zu können.»

Corona-Pandemie führt zu Gewaltzunahme im Privaten

Der Beginn der Corona-Pandemie – mit dem damit verbundenen Rückzug ins Private – könnte die Auswertung zudem verfälschen. Das Bundesamt für Statistik hat hierzu eine gesonderte Auswertung gemacht, wie sich Corona auf die Kriminalität ausgewirkt hat.

Gewaltstraftaten im öffentlichen Raum 2020

Betrachtet man ausschliesslich die Gewaltstraftaten, die während der Lockdowns an öffentlichen Orten begangen wurden, so sind diese gesamtschweizerisch um 5 Prozent zurückgegangen (im Vergleich zum Mittelwert der letzten drei Jahre). Bei Gewaltstraftaten in privaten Räumen ist eine Zunahme von 11 Prozent (+373 Straftaten) zu beobachten.

Gerade die Gewalt gegen Kinder hat nach dem Lockdown zugenommen (zentralplus berichtete). Was Frauen angeht, so ist für sie die Gefahr, Opfer eines Übergriffs zu werden, statistisch gesehen nirgendwo so gross wie in den eigenen vier Wänden.

«Das Gefühl von Unsicherheit insbesondere in Abend- und Nachtstunden bei Frauen (...) ist stark ausgeprägt», schreibt die SVP Risch-Rotkreuz in ihrer Motion zur Videoüberwachung. In Anbetracht der Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung ist es zu begrüssen, wenn in Sachen Gewaltprävention im Kanton Zug zusätzliche Massnahmen ergriffen werden. Sinnvollerweise aber nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch im privaten.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Forestinegump
    Forestinegump, 22.10.2021, 11:04 Uhr

    Wie wäre es, würden die Polizisten ihre Runden mit
    abgerichteten Hunden machen?

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  • Profilfoto von Forestinegump
    Forestinegump, 22.10.2021, 11:02 Uhr

    Wen Die Polizei mit Schäferhunden die Runde machen würde ?
    Wären diese Hunde auch abgerichtet auf Drogen, könnte das
    bestimmt hilfreich sein..—-ODER ?

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