Darum schlug FCL-Goalie keine Abstösse mehr

Marius Müller: «Ich nahm seit April Schmerztabletten»

Frühestens in gut zwei Wochen wird FCL-Goalie Marius Müller wieder in Aktion treten. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Der Teamleader des FC Luzern hat sein Aufbautraining in Bern eine halbe Woche früher abgebrochen, um seine Mitspieler im Duell der Tabellenletzten gegen Lausanne zu unterstützen. Marius Müller (28) wird dies (noch) nicht im Tor, aber in der Garderobe tun können. Im Exklusiv-Interview redet er darüber, wie es ihm geht.

Marius Müller, die Lebensversicherung des FC Luzern, ist zurück im Training auf der Allmend. Zusammen mit seinem Goalie-Trainer Lorenzo Bucchi schiebt er eine Extra-Schicht am Donnerstagmittag und beendet seine Übungseinheit viel später als die Luzerner Feldspieler.

Diese stecken in der Vorbereitung auf das Heimspiel am Sonntag gegen Lausanne (14.15 Uhr). Der FCL hat in vier Meisterschaftsspielen nur einen Punkt ergattert und 13 Gegentore kassiert.

zentralplus: Marius Müller, die wichtigste Frage vorneweg: Sind Sie einsatzfähig am Sonntag?

Marius Müller: Auf gar keinen Fall!

zentralplus: Sie können, wollen oder dürfen noch nicht?

Müller: Ich bin ja erst an diesem Donnerstag wieder ins Training mit dem FCL eingestiegen. Ich muss mir schon noch Zeit geben und bin auf einem guten Weg. Wenn die Reaktionen passen, können wir ab der nächsten Woche beginnenden Nationalmannschaftspause darüber reden, wie es gegen GC ausschauen wird. Bei mir ist es zu keiner Wunderheilung gekommen.

zentralplus: Was fehlt noch? Beweglichkeit und Vertrauen?

Müller: Ich habe jetzt gut vier Monate eine happige Stress-Geschichte auf den Hüftmuskel und den Sehnen im Beckenbereich gehabt. Das kam mit einer Entzündung, kumulierte sich durch die Schmerzmittel dagegen und das ständige Weiterspielen immer weiter. Deshalb ergaben sich ein paar Baustellen ums linke Becken. Bis sich das jetzt alles erholt, der seit Monaten anhaltende Schmerz völlig weg und der Kopf frei ist, brauche ich noch Zeit. Ich würde mich zurzeit bei 80 Prozent meiner Leistungsfähigkeit einstufen. Die Entzündungen sind endlich weg. Aber ich muss noch Kraftaufbau machen. Der Rest geht dann übers Training.

«Je länger das Spiel ging, umso grösser war die Qual für mich und ging der Spass verloren.»

zentralplus: Sie haben also den erfolgreichen Cupfinal und einige Meisterschaftsspiele davor nur mit Spritzen absolvieren können?

Müller: Ja, wäre der Cupfinal in die Verlängerung gegangen, wäre es schwer für mich geworden. Und mir wohl so ergangen wie meinem Ostschweizer Berufskollegen Zigi, der frühzeitig ausgewechselt werden musste. Mit meinen physischen Problemen plagte ich mich schon seit April herum. Da nahm ich schon Tabletten für das Bestreiten der Spiele, und in den zwei Wochen vor dem Cupfinal sogar im Training.

zentralplus: Wie taucht so eine Verletzung im Becken auf?

Müller: Durch Belastung. Beim FCL hatten wir in dieser Zeit sehr viele Wettkämpfe, kaum Training und etwas Regeneration. Und das über den Zeitraum von Februar bis April. Irgendwann schleicht sich die Belastung ein. Dann fängt ein Muskel mit Beschwerden an, was du noch nicht richtig spürst. Dann machst du weiter, und dann geht's dem nächsten Muskel schlechter. Es ist ein schleichender Prozess.

zentralplus: Im Nachhinein kann man also sagen, dass Ihr Einsatz zum Saisonauftakt gegen YB zu früh kam, weil Sie etwas Gutes für den FC Luzern bewirken wollten?

Müller: Ja. Ich hatte mich zwar schon bereit gefühlt, weil ich davor versuchte, mich mit gewissen Methoden fit zu machen. Aber je länger das Spiel ging, umso grösser war die Qual für mich und ging der Spass verloren. Und da wusste ich schon mit Fortdauer der Partie, unabhängig vom Ergebnis, dass es so keinen Sinn für mich macht und ich der Sache auf den Grund gehen muss. Wie es sich herausstellte, gab es doch noch mehr Entzündungen als ich dachte. Es war definitiv für mich der richtige Schritt, um die Reissleine zu ziehen. Ich hätte definitiv nicht mehr am Spielaufbau der Mannschaft in einem Ernstkampf teilnehmen können und so auch gegen den Sinn des Teams gehandelt.

zentralplus: Darum ist jetzt auch das Geheimnis gelüftet, warum für Sie im Frühjahr stets ein Innenverteidiger die Abstösse aus dem eigenen Sechzehner übernahm.

Müller: Ja, das ist so.

«Wir sind halt schon zwei Persönlichkeiten, die der Mannschaft ein gutes Gefühl geben können, wenn es mal nicht so läuft. Auf und neben dem Platz.»

zentralplus: Seit Sie im Sommer 2019 zum FCL gekommen sind, erlitten Sie Ihre überhaupt erste Verletzung. Spätestens jetzt wurde allen Leuten, die den Verein im Herzen tragen, gewahr, wie gross Ihr Einfluss als Torhüter und Persönlichkeit aufs gute Gelingen des aktuellen Cupsiegers ist. Wie gehen Sie mit dieser sportlich schwierigen Zeit um?

Müller: Mir waren ja ein grosses Stück weit die Hände gebunden. Ich war vier Wochen lang gar nicht in Luzern. Zwei Wochen verbrachte ich mit Spritzen und einer Eigenblut-Therapie und danach zweieinhalb weitere Wochen bei einer Praxis in Bern zum Aufbau-Training. Ich war in dieser Zeit gar nie auf der Allmend. Unglücklich ist einfach, dass es Pascal Schürpf in der gleichen Zeit mit einer Verletzung getroffen hat – und er auch nur sporadisch vor Ort war. Wir sind halt schon zwei Persönlichkeiten, die der Mannschaft ein gutes Gefühl geben können, wenn es mal nicht so läuft. Auf und neben dem Platz.

zentralplus: Also einfach alles unglücklich gelaufen bisher?

Müller: Nein, wir sind keine Heilsbringer im FCL. Aber niemand konnte erahnen, dass diese Geschichte eine derart negative Dynamik auslöst.

zentralplus: Aber was Sie sagen, zeigt halt auch, dass sich der FC Luzern ohne sie beide in punkto Stabilität nicht weiterentwickelt hat.

Müller: Unterm Strich sind Pascal Schürpf und ich zwei wichtige Stammspieler im FCL, und wenn bloss ein zentraler Baustein fehlt, muss das ja aus einer Richtung kompensiert werden. Als wir in der Corona-Saison viele Verletzte hatten, mussten wir das auch ausgleichen. Und da sind wir ganz gut durchgeschwommen. Jetzt mussten das halt andere übernehmen.

zentralplus: Aber mit den früheren Bundesliga-Titanen Christian Gentner und Holger Badstuber hat der FC Luzern in dieser Transferperiode viel an Erfahrung und Know-how dazu gewonnen.

«Ich habe meine Mannschaft nicht wiedererkannt.»

Müller: Zweifellos, aber trotz all den Verdiensten und Erfahrungen, die beide nach Luzern mitgenommen haben: Im Endeffekt sind sie neu im FC Luzern und in einer neuen Umgebung. Christian Gentner und Holger Badstuber sind ja keine Maschinen, und deshalb kann man von ihnen auch nicht verlangen, dass sie das Heft von heute auf morgen in die Hand nehmen und die Lücken einfach komplett ausfüllen. Das geht gar nicht.

zentralplus: Wenn Sie ohnehin nicht spielen am Wochenende, dann liegt die Vermutung nahe, dass Sie als mentale Unterstützung für die Mannschaft frühzeitig aus Bern zurückgekehrt sind.

Müller: Das kann man so sehen, ja. Ich habe das Spiel in Genf am Fernsehen gesehen, und da habe ich meine Mannschaft nicht wiedererkannt.

zentralplus: Eine happige Einschätzung. Wie kommen Sie dazu?

Müller: Es war für mich etwas völlig Neues, meine Teamkollegen in Nahaufnahmen am TV zu sehen. Es hat einfach nicht gut ausgesehen. Deshalb bin ich eine halbe Woche früher zurück, um meine Mitspieler in der Garderobe zu unterstützen. Das wird ein wichtiges Spiel am Sonntag gegen Lausanne. Nicht wegen der Punkte oder der Tabelle...

zentralplus: ...sondern?

Müller: Wegen des Gefühls in der Mannschaft. Wenn du am Sonntag Erfolg hast, wenn du Mentalität und Spass auf den Platz gebracht hast, dann gehst du mit einem anderen Gefühl in die Nationalmannschaftspause.

Lesen Sie am Samstag den zweiten Teil des Interviews mit Marius Müller.

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