Kaderumbau vor der Mission Titelverteidigung

EVZ hat Klasse – aber wie steht’s um den Titelhunger?

Dieses Jahr will Trainer Dan Tangnes den Meistertitel gebührend feiern. (Bild: Bastien Gallay/freshfocus)

Den Abgängen von Meisterschütze Grégory Hofmann, Captain Raphael Diaz und Offensivverteidiger Santeri Alatalo zum Trotz: Mit neu fünf statt vier Ausländern und den Zuzügen von Fabrice Herzog und Marco Müller im Sturm hat der EV Zug seine meisterliche Qualität gehalten. Die Frage ist: Entwickelt er eine neue meisterliche Dynamik?

Einem Meisterteam kann nicht viel Besseres passieren, als dass er vor der Saison der anvisierten Titelverteidigung frisches Blut bekommt. So wie das beim EV Zug der Fall ist. Neue Gesichter sind ein probates Mittel gegen den gefürchteten Meister-Blues.

Die Bewegung im Kader der Zuger ist eine beachtliche: Mit Christian Djoos, Niklas Hansson und Samuel Kreis sind drei neue Verteidiger und mit Fabrice Herzog, Anton Lander, Marco Müller und Reto Suri vier neue Stürmer gekommen.

Den sieben Neuverpflichtungen stehen elf Abgänge gegenüber: Nach Alatalo (Lugano), Diaz (Fribourg) und Hofmann (Columbus/NHL) heissen die weiteren Justin Abdelkader (vereinslos), Yannick-Lennart Albrecht (Rapperswil-Jona), Tobias Geisser (Washington/NHL), Livio Langenegger (SCL Tigers), Nick Shore (Sibir Novosibirsk/KHL), Erik Thorell (Sparta Prag/CZE), Calvin Thürkauf (Lugano) und Jesse Zgraggen (Davos).

Kläy: Kern des Meisterteams ist geblieben

Aus seiner jüngsten Transferkampagne leitet EVZ-Sportchef Reto Kläy drei Erkenntnisse ab:

  • Erstens: «Trotz gewichtiger Abgänge haben wir den Kern unserer Meistermannschaft nicht verloren. Die zentralen Figuren sind noch immer da.» Dabei wird er vor allem an Jan Kovar, den neuen Captain der Zuger und den besten Einzelspieler der National League 20/21, denken. Aber auch an den mittlerweile sechsfachen Meistergoalie Leonardo Genoni, Vorkämpfer Carl Klingberg und WM-Fahrer Dario Simion.

«Im Vergleich mit dem Meisterteam haben wir etwas an Kaderbreite verloren.»

EVZ-Sportchef Reto Kläy

  • Zweitens: «Auf dem Papier haben wir sicher nicht an Qualität verloren. Wir verfügen über grosses Potenzial im Team.» In der Abwehr beschäftigt der EVZ mit Christian Djoos und Niklas Hansson erstmals zwei ausländische Verteidiger, seit Kläy 2014 Sportchef geworden ist. Sie können Alatalo und Diaz vergessen machen. Und im Angriff dürfen die Zuger wegen des Wechsels von Grégory Hofmann in die NHL einen fünften Ausländer einsetzen, da der Vertrag des künftigen Columbus-Spielers mit den Zugern noch bis 2023 läuft. Im Verbund mit den drei neuen EVZ-Stürmern Fabrice Herzog, Marco Müller und Reto Suri müsste es gelingen, die 55 Punkte von Hofmann in der Meistersaison ersetzen zu können.
  • Drittens: «Im Vergleich mit dem Meisterteam haben wir etwas an Kaderbreite verloren.» Mit Tobias Geisser in der Verteidigung und Calvin Thürkauf im Sturm hatte der EVZ 2020/21 mehr fertige Spieler. Reto Kläy fasste den klubinternen Auftrag, die Lohnausgaben für die erste Mannschaft um rund 700'000 Franken zu reduzieren. Und diesen erfüllte er (zentralplus berichtete).
Zwei EVZ-Neuverpflichtungen im Gespräch: Der Schwede Anton Lander (links) und Rückkehrer Fabrice Herzog. (Bild: Marc Schumacher/freshfocus)

Zugs grosser Vorteil sind die Goalies

Mit Anton Lander hat Reto Kläy einen der spannendsten Center auf dem Transfermarkt nach Zug gelotst (zentralplus berichtete). Der KHL-Meister ist so etwas wie Schwedens Antwort auf Jan Kovar, den sein Trainer Dan Tangnes schon als einen der besten Spieler ausserhalb der NHL gewürdigt hat. «Jan Kovar ist offensiv begnadeter, Anton Lander dafür defensiv besser», macht der 42-jährige Meistermacher einen Unterschied aus.

«Jedes einzelne Teammitglied muss bereit sein, diesen Preis abermals zu bezahlen.»

Zugs Meistermacher Dan Tangnes

Mit dem Defensiv-Allrounder Niklas Hansson (zentralplus berichtete), dem Defensiv-Künstler Christian Djoos, den beiden dominanten Centern Jan Kovar und Anton Lander sowie dem leidenschaftlichen Flügel Carl Klingberg scheint der EV Zug ein erstklassiges Ausländer-Quintett beisammen zu haben.

Mit Blick auf die Leistungsfähigkeit der Konkurrenz ist der Meister der grosse Favorit in der neuen Saison. Als seine ärgsten Konkurrenten gelten die ZSC Lions und der Lausanne HC. Aber diesem Duo gegenüber hat der Meister einen grossen Vorteil: Er ist mit Leonardo Genoni als auch Luca Hollenstein auf der Goalieposition (deutlich) besser besetzt.

Seit 2000 nur zweimal eine erfolgreiche Titelverteidigung

Doch der EV Zug steht vor einer Herkulesaufgabe, die kaum erfolgreich zu meistern ist. Er muss eine Meistersaison bestätigen, in der er die Liga dominiert hat. Mit 119 Punkten in 52 Spielen hat er eine Bestmarke in der Qualifikation aufgestellt, die nur schwer zu übertreffen ist. Und danach hat er den zweiten Meistertitel nach 1998 perfekt gemacht.

Man kann zum Schluss kommen: Der EVZ kann nächste Saison nur verlieren.

«Jeder einzelne kannte seine Rolle und wusste um seine Wichtigkeit in der Mannschaft.»

EVZ-Sportchef Reto Kläy

Aber es gibt auch eine positive Herangehensweise: Seit Beginn der 2000er Jahre können die Zuger die erst dritte Mannschaft nach den ZSC Lions (2000 und 2001) und dem SC Bern (2016 und 2017) werden, der eine erfolgreiche Titelverteidigung in der höchsten Schweizer Spielklasse gelingt. Es wäre der Beginn einer neuen Dynastie.

Glückliche Gesichter lösen bei Tangnes Heisshunger aus

Dan Tangnes schöpft viel Motivation aus spontanen Begegnungen in Zug: «Wenn ich sehe, wie stolz und glücklich unser Titelgewinn viele Leute gemacht hat, dann löst das in mir einen Heisshunger aus, den Erfolg mit den Fans im Stadion zu wiederholen», erzählt der Norweger.

Es sei ein Vorteil, dass die Meisterspieler nun wüssten, was es für eine Opferbereitschaft brauche, um den Titel zu gewinnen. «Jedes einzelne Teammitglied muss bereit sein, diesen Preis abermals zu bezahlen», sagt Dan Tangnes.

«Wir benötigen wohl etwas Zeit, bis unsere Maschine wieder auf allen Zylindern hochtourig läuft.»

Dan Tangnes

«Wir müssen wieder eine neue Dynamik schaffen. In der Meistersaison hatten wir diese. Jeder Spieler pushte den anderen, keiner war jemals mit dem Erreichten zufrieden. Und jeder einzelne kannte seine Rolle und wusste um seine Wichtigkeit in der Mannschaft», skizziert Reto Kläy die zentrale Herausforderung für die Zuger in der neuen Spielzeit.

Neue Spieler müssen ihre Rolle finden

Vor Beginn der letzten Meistersaison gab es im Kader der Zuger halb so viel Bewegung wie vor dem Jahr der Titelverteidigung. Damals standen vier Neuverpflichtungen fünf Abgängen bevor. Die Zuger waren eingespielt und wussten, wie der Hase läuft.

Darum ist in dieser Saison vielleicht etwas mehr Geduld gefragt, bis die Automatismen im EVZ wieder so funktionieren wie ein geölter Blitz. «Die neuen Spieler müssen sich erst in ihre neue Rolle finden. Deshalb benötigen wir wohl etwas Zeit, bis unsere Maschine wieder auf allen Zylindern hochtourig läuft», vermutet Dan Tangnes.

Dabei könnte ein Effekt des Titelgewinns hilfreich sein. Reto Kläy hofft: «Im Wissen darum, wie man Meister wird, gelingt es vielen Spielern vielleicht, in gewissen Situationen gelassener zu bleiben.»

Meister wird man ja nie im Herbst, sondern stets im Frühjahr.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Heimwehberner
    Heimwehberner, 02.09.2021, 12:39 Uhr

    Zug kann nicht Meister! War eine Ausnahme.
    Freue mich auf den neuen SCB OOOllllleeee

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