SVP ergreift Referendum

Kriens ringt um Tempo 30 und die Zukunft des Zentrums

In Kriens wird wieder über Tempo 30 gestritten. (Bild: Adobe Stock)

Die Stadt Kriens versucht seit Jahren ihr Zentrum aufzuwerten. Eine Testplanung soll nun neue Ideen prüfen. Die SVP fordert jedoch bereits den Übungsabbruch – Stein des Anstosses ist die Idee, Tempo 30 im Zentrum einzuführen.

Sie ist die Lebensader, aber auch die grösste Trennlinie der Stadt Kriens: die Luzernerstrasse. Sie führt mitten durch das Zentrum der Stadt und gehört zu den am dichtesten befahrenen Kantonsstrassen der Region. Seit Jahren gibt es Bestrebungen, das Zentrum von Kriens aufzuwerten. Das Temporegime auf der Hauptverkehrsachse stand dabei schon mehrmals im Mittelpunkt.

Für eine sogenannte Testplanung hat der Krienser Einwohnerrat kürzlich einen Kredit in der Höhe von 300'000 Franken gesprochen. Grundlage der Abklärungen bildet die Vision einer Flaniermeile zwischen Bellpark und Schappe. In diesem Bereich soll statt Tempo 50 nur noch Tempo 30 erlaubt sein (zentralplus berichtete).

SVP verschickt Referendumsbögen

Die SVP warnte bereits während der Diskussionen im Einwohnerrat davor, dass sie das Referendum gegen die Testplanung ergreifen werde. Nun lässt sie den Worten Taten folgen und verschickt einen entsprechenden Referendumsbogen in alle Krienser Haushalte, wie die Partei unter anderem auf Facebook mitteilte:

Die vorgesehene Testplanung sei eine Mogelpackung, warnt die SVP und fokussiert sich dabei vor allem auf den Tempo-30-Aspekt. Dem Verkehr in Kriens drohe der «absolute Stillstand» und das «pure Verkehrschaos», heisst es im Argumentarium.

SVP-Einwohnerrat: «Kein Geld für Experimente»

Für Einwohnerrat und Vizepräsident der SVP Kriens Räto Camenisch ist klar: «Kriens hat wichtigere Probleme, als jetzt im Zentrum mit Tempo 30 zu experimentieren.» Camenisch spricht damit die klammen Kassen der Stadt an (zentralplus berichtete). Vor diesem Kontext sollte sich Kriens das Projekt momentan nicht leisten. «Die Testplanung ist ja lediglich ein erster Schritt, der mit der geplanten Ausweitung auf das übrige Stadtgebiet eine Kaskade von Ausgaben nach sich ziehen wird»,warnt Camenisch.

«Kriens hat leider kein eigentliches Zentrum. Das sogenannte ‹Zentrum› ist ziemlich unattraktiv; eine ‹Flaniermeile› und Tempo 30 werden daran nichts ändern.»

Räto Camenisch, Einwohnerrat (SVP)

«Bis zu einer möglichen Realisierung des Projekts würde es Jahre dauern und diverse teure Abklärungen benötigen – mit Geld, das die Stadt nicht hat», argumentiert Camenisch. Die Stimmbevölkerung soll deshalb schon in dieser frühen Phase des Projekts darüber befinden, ob diese Testplanung als Start zu Tempo 30 noch weiterverfolgt werden soll.

Zudem ist Camenisch skeptisch, ob auf Grundlage dieser Testplanung tatsächlich eine Aufwertung des Zentrums erreicht werden kann. «Kriens hat leider kein eigentliches Zentrum. Das sogenannte ‹Zentrum› ist ziemlich unattraktiv; eine ‹Flaniermeile› und Tempo 30 werden daran nichts ändern.» 

Bundesgericht befasst sich bereits mit Kriens

Dominik Hertach ist Anwohner der Luzernerstrasse und führt dort auch das Restaurant-Cafe Mezzo. Hertach setzt sich seit Jahren für eine höhere Gewichtung der Lebensqualität entlang der Luzernerstrasse ein – auch abseits des Zentrums. In Zusammenhang mit sogenannten Papiersanierungen zog Hertach vor das Bundesgericht, um bessere Lärmschutzmassnahmen zu erwirken, die auch die Einführung von Tempo 30 beinhaltet (zentralplus berichtete).

«Das Zentrum wird immer mehr geprägt von Barbershops, Kebabs und Bordellen.»

Dominik Hertach, Anwohner

Hertachs Klage betrifft zwar einen wesentlich grösseren Abschnitt der Luzernerstrasse als bloss das Zentrum, hängt aber mit den Entwicklungen dort zusammen. Hertach hat denn auch eine klare Meinung zum Referendum: «Die Testplanung will im Kern eine Aufwertung des Krienser Zentrums erreichen – und die ist dringend nötig. Das Zentrum wird immer mehr geprägt von Barbershops, Kebabs und Bordellen.» Leidtragende dieser Entwicklung sei das angestammte lokale Gewerbe.

«Für mich ist dieses Referendum deshalb auch ein Schuss in den Rücken der Gewerbebetriebe», so Hertach. «Will man die aktuelle Entwicklung in andere Bahnen lenken, muss man jetzt neue Ideen ausarbeiten, genau um das geht es bei der Testplanung.»

Das Urteil des Bundesgerichts steht derzeit noch aus. Es könnte den Diskussionen in Kriens jedoch schlagartig einen neuen Drall geben – egal, wie es ausfällt. Zudem hätte das Urteil womöglich eine Präzedenzwirkung, die weit über die Stadtgrenzen von Kriens hinausreichen würde (zentralplus berichtete).

Thema flackert seit Jahren immer wieder auf

Tempo 30 ist in Kriens ein absolutes Dauerthema. Wobei sich der Stadtrat schon in früheren Jahren für eine solche Zone im Zentrum ausgesprochen hat. 2019 etwa in einem Beitrag von «10vor10»:

Zudem wurden in der Vergangenheit schon Petitionen von Anwohnern und eine noch hängige Volksinitiative aus den Reihen des Gewerbeverbandes zum Thema Tempo 30 eingereicht. Die bisherigen Forderungen unterschieden sich zwar im Detail, verlangten im Kern aber ebenfalls eine Temporeduktion im Zentrum. Mit dem Referendum der SVP erhalten nun die Gegner solcher Ansinnen eine erste echte Plattform auf dem politischen Parkett. Der Kampf um die Zukunft des Krienser Zentrums ist somit eröffnet.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Silvan Studer
    Silvan Studer, 07.07.2021, 18:49 Uhr

    Die Verbannung und Behinderung von Autos in den Innenstädten führt doch nur zur Verödung und Verslumung derselben.
    Die Läden haben es doch sonst schon schwer gegen das Internet.
    Wem nützt das? Wer will das?
    Hört doch endlich mit diesem Ideologiemist auf. Niemand braucht noch mehr «Begegnungszonen».

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    • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
      Kasimir Pfyffer, 07.07.2021, 22:17 Uhr

      Furchtbar, diese Verslumung der Innenstädte als Folge von Tempo 30 oder gar – kreisch! Fahrverboten für PWs. Das sieht man ja auch in den autofreien Zonen von Luzern, Bern, Basel, Zürich, Neuchâtel oder Schaffhausen. Wo keine Autos fahren, herrscht die nackte Anarchie. Auf dem Boden regiert das Faustrecht, über den Gassen kreisen Geier und hinter den Ecken lauern tollwütige Wölfe. Und die Läden haben alle zugenagelte Schaufenster, damit sie nicht geplündert werden. Nicht wahr, Herr Studer?

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