«Es wird wohl nicht viel Zuger Kirsch gebrannt»

90 Prozent Ernteverlust: Zuger Kirschbauern wegen Hagelsturm in Bredouille

Der Zuger Obstbauer Philipp Hotz vom Hotzenhof in Deinikon beklagt einen hohen Ausfall bei der Kirschenernte. (Bild: pbu) (Bild: pbu)

Eigentlich hätte die Erntezeit für die Zuger Chriesi begonnen. Doch gleich zu Beginn vernichteten die Stürme der letzten Tage einen Grossteil der Ernte. Nach einem kalten Frühling und dem Hagelsturm vom Montag können sich Zuger Landwirte einen wesentlichen Teil der Ernte ans Bein streichen – es gibt aber auch Lichtblicke.

Hagel, Starkregen und Sturmböen: Die Region Zug kriegte in den letzten Tagen die volle Breitseite davon ab (zentralplus berichtete). Nebst Schäden an Gebäuden und Autos sind vor allem auch Landwirten und deren Kulturen von den Unwetterfolgen betroffen.

Die Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft erwartet schweizweit gegen 2500 Schadenmeldungen mit einer geschätzten Schadensumme an versicherten Kulturen von rund 18 Millionen Franken. Darunter Ackerkulturen, Gemüse, Gärtnereien, Grasland, Obst, Tabak und Beeren.

Der Kanton Zug ist nicht zuletzt für seine Kirschen bekannt. Die wären ausgerechnet jetzt reif – ein grosser Teil der Ernte wurde durch das Unwetter jedoch vernichtet.

Kirschbrenner hat massiven Ernteausfall

Hermann Röllin ist Kirschbrenner und Sortenspezialist aus Notikon bei Baar. Er rechnete bei den Kirschen schon vor dem Sturm am Montag mit einem massiven Ernteausfall von 70 bis 80 Prozent. Dies aufgrund des kalten Frühlings. Der Schaden des Sturms ist auch an seinen 230 Kirschbäumen nicht spurlos vorbeigegangen. «Viele der Chriesi wurden verletzt, wir hoffen nun darauf, dass sie sich keine Infektionen zuziehen», so Röllin.

«Mit Verletzungen und Narben können die betroffenen Kirschen nicht mehr als Tafelkirschen verkauft werden.»

Hermann Röllin, Landwirt und Kirschbrenner

Bei Röllin hält sich der Schaden insofern in Grenzen, weil Brennkirschen noch eher verarbeitet werden können als Tafelkirschen. «Mit Verletzungen und Narben können diese nicht mehr als Tafelkirschen verkauft werden», erklärt Röllin. Zwar wachsen auch solche bei Röllin, sein Hauptaugenmerk gilt aber den Brennkirschen.

Dennoch sagt er: «Dieses Jahr wird wohl nicht viel Zuger Kirsch gebrannt werden.» Für Röllin sind aber solche Schwankungen beim Kirschenanbau mit Hochstammbäumen nichts Aussergewöhnliches. Nach Jahren mit guten bis sehr guten Ernten folgt jetzt ein Jahr mit geringem Ertrag.

Röllin baut aber auch Weizen an. Dieser wäre im August zur Ernte gestanden. Nach dem Sturm vom Montagabend könne dieses Feld nur noch zu Stroh weiterverarbeitet werden.

Mit Netzen und Folien gegen Stürme gewappnet

Philipp Hotz vom Hotzenhof in Deinikon, ebenfalls in der Nähe von Baar, startete just an diesem Montag mit der Ernte der diversen Kirschsorten, die auf rund 1000 Niederstamm- und 100 Hochstamm- sowie 780 Rundkronenbäumen angebaut werden. Der grosse Teil der Tafelkirschen, die auf den Niederstammbäumen wachsen, hat den Sturm sehr gut überstanden, sagt Hotz auf Anfrage von zentralplus. Dies, weil jene Bäume mit Hagelschutznetzen und Regenschutzfolien überdeckt sind.

«Bei den Hochstamm- und Rundkronenbäumen müssen wir mit einem Ausfall von bis zu 90 Prozent der Ernte rechnen.»

Philipp Hotz vom Hotzenhof

Anders sieht die Lage bei den ungeschützten Brennkirschen und den Sauerkirschen aus, die auf den Hochstamm- und Rundkronenbäumen wachsen. «Dort müssen wir mit einem Ausfall von bis zu 90 Prozent der Ernte rechnen», konstatiert Philipp Hotz. Ausfälle durch Sturm und Hagel gehören zwar zum Risiko, mit denen man Leben muss, an einen so heftigen Hagelsturm kann sich Hotz in letzten 20 Jahren aber nicht erinnern.

Schon während acht Nächten hätten sie im Frühling mit Frostkerzen gegen die Kälte angekämpft. Nun hofft man, die übrigen Gewittertage – zumindest mit den Tafelkirschenbäumen – weiterhin gut zu überstehen und die Schäden so in Grenzen zu halten. Diese zu beziffern sei derzeit noch unmöglich. «Das lässt sich erst am Schluss der Ernte sagen. Das Wichtigste für uns ist jetzt das Wetterglück.»

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