Bleibt auch Trainer Fabio Celestini?

FCL-Sportchef Remo Meyer: «Für mich ist ein Wechsel zum FC Basel kein Thema»

Er verfolgt nach eigener Aussage weiterhin ein nicht abgeschlossenes Projekt mit dem FC Luzern: Sportchef Remo Meyer. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Der FC Luzern steht zwei Tage vor seinem grössten Höhepunkt seit 29 Jahren Klubgeschichte. Die Strategie, die Sportchef Remo Meyer entwarf, setzte Trainer Fabio Celestini auf dem Fussballplatz erfolgreich um. Werden die beiden FCL-Macher auch nächste Saison für den gleichen Arbeitgeber tätig sein?

Sie sind ein Glücksfall für den FC Luzern: Remo Meyer und Fabio Celestini. Der Sportchef hat den Trainer zu einer Zeit engagiert, als der FCL Anfang 2020 in höchster Abstiegsnot steckte. Auch diese mit dem Cupfinal zu Ende gehende Saison war weder sportlich noch wirtschaftlich ein Zuckerschlecken für die Luzerner.

Aber der Sportchef und der Trainer haben den FCL sportlich auf Kurs gehalten. Und das könnte sich in unmittelbarer Zukunft ausbezahlen. Remo Meyer hat gegenüber zentralplus zur aktuellen Situation Stellung bezogen.

zentralplus: Remo Meyer, Sie und Fabio Celestini sind in ihren Jobs die derzeit spannendsten Persönlichkeiten, die die aktuelle Super League zu bieten hat. Nun suchen die Branchenleader in Bern einen neuen Trainer und in Basel einen neuen Sportchef. Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass Sie beide nächste Saison als Gegner aufeinandertreffen werden?

Remo Meyer: (schmunzelt). Wir haben aus tiefer Überzeugung zu einer Zeit, als wir auf einem relativ schlechten Tabellenrang lagen, den Vertrag mit Fabio Celestini bis 2023 verlängert. Für mich ist klar: Ich bin voll beschäftigt mit unserem Projekt, das noch lange nicht abgeschlossen ist, und mit der Kaderplanung für nächste Saison. Ich verschwende keinen Gedanken an etwas anderes als den FC Luzern, und beim Trainer sieht es nach aktuellem Stand auch so aus.

zentralplus: Erwarten Sie von Fabio Celestini wegen der Tatsache, die Zusammenarbeit in einer schwierigen Phase der Meisterschaft verlängert zu haben, Dankbarkeit gegenüber dem FCL?

Meyer: Grundsätzlich ist im Fussball alles möglich, weil es ein schnelllebiges Geschäft ist. Aber ich denke schon, dass die Vertragsverlängerung beidseitig aus tiefster Überzeugung erfolgt ist. Zu diesem Zeitpunkt konnten sich ja beide Seiten ein Jahr lang intensiv mit dem Projekt und ihren Plänen befassen. Sicher ist ein Sportchef im Normalfall tiefer verwurzelt mit einem Verein, weil seine Aufgabe auch die mittel- und langfristige Planung des Sportbereichs umfasst.

Beim Trainer ist das halt etwas anders. Aber mit der jüngsten Verlängerung unserer Zusammenarbeit gehe ich davon aus, dass Fabio Celestini und ich gemeinsam die nächste Saison für den FC Luzern bestreiten werden.

zentralplus: Sie haben von Verwurzelung mit dem FCL geredet. Kommt aus diesem Grund für Sie kein anderer Arbeitgeber in der Schweiz in Frage? Oder hat der FC Basel Sie einfach noch nicht kontaktiert?

Meyer: Ich habe einen speziellen Bezug zum FC Luzern. Ich bin hier als Fussballer gross geworden. Der FCL ist mein Heimatverein. Ich habe in den letzten vier Jahren viel am Fundament eines Projektes, das nicht abgeschlossen ist, gearbeitet. Da stecke ich mittendrin. Weitere Schritte werden folgen. Darum ist für mich ein Wechsel zum FC Basel sicher kein Thema.

«Bei mir ist etwas hängen geblieben bei 1860 München, und darum verfolge ich, was dort läuft.»

zentralplus: Darf man daraus ableiten, dass Sie ohne Identifikation, ohne einen persönlichen Bezug zum Arbeitgeber, nicht den gleich guten Job wie beim FCL machen könnten?

Meyer: Es würde sich wohl anders anfühlen, aber ich schliesse es nicht aus, dass ich andernorts diesen Job nicht auch machen könnte. Mein Bezug zum FCL wird immer ein spezieller bleiben, egal, wohin mein beruflicher Weg mich eines Tages führen wird. Wenn ich daran denke, wie viel wir investiert haben und wie stark der Gegenwind am Anfang war, habe ich jetzt das Gefühl, dass wir in kleinen Schritten einen guten Weg beschreiten. Da ist noch viel Potenzial vorhanden.

zentralplus: Der FCL braucht Ihren Abgang also erst dann zu fürchten, wenn bei 1860 München der Job eines Sportchefs neu zu besetzen ist.

Meyer: (lacht). Ausserhalb von Luzern ist das der Verein, der mir als Spieler am meisten ans Herz gewachsen ist. Meine Kinder sind in München aufgewachsen. Die beiden Klubs ähneln sich in ihrer Funktionsweise: Es gibt sehr viel Interesse und Leidenschaft rund um diese Vereine, aber in der Vergangenheit ist auch das Chaos nicht ausgeblieben. Bei mir ist etwas hängen geblieben bei 1860 München, und darum verfolge ich auch, was dort läuft.

«Letztlich braucht es eine gute Menschenkenntnis und ein gutes Auge.»

zentralplus: Sie zeichnen sich in Ihrer Arbeit für den FCL dadurch aus, dass Ihnen kaum unbefriedigende Transfers unterlaufen. Und das, obwohl Ihr Verein im unteren Bereich der Hackordnung im internationalen Klubfussball steht und über ein überschaubares Budget verfügt. Warum erkennen Sie so genau, wer ins Luzerner Teamgefüge passt?

Meyer: Die Kaderplanung ist meine Hauptaufgabe. Es ist matchentscheidend, wie das Team ergänzt und qualitativ verbessert werden kann unter den gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen. Ich habe ein Team, das mich bei meinen Entscheidungen unterstützt. Letztlich braucht es eine gute Menschenkenntnis und ein gutes Auge.

Die Kaderplanung ist ein Puzzle daraus, welche Qualitäten bei uns vorhanden sind, was uns von aussen weiterhelfen und verbessern kann und wer aus dem eigenen Nachwuchs nach oben strebt. Auf dieser Basis heisst es, gute Entscheide zu treffen, Ruhe zu bewahren und darauf fokussiert zu sein, welches Spielerprofil man will.

zentralplus: Dass Nachwuchsförderung und Weiterentwicklung des FC Luzern auf einem guten Gleis unterwegs sind, zeigt sich an den Transfererlösen in jüngster Vergangenheit.

Meyer: Wenn Corona nicht dazwischen gekommen wäre, wären wir durch die Transfererträge zum dritten Mal in Folge selbsttragend gewesen. Das ist natürlich auch ein Ziel unserer Sportabteilung.

zentralplus: Von aussen hat man noch nie den Eindruck bekommen, als stehe dem FCL ein grosses Scouting-Netzwerk zur Verfügung.

Meyer: Unser Team ist wirklich sehr klein, ich bin zum Teil selbst auch als Scout beschäftigt. Aber ich habe natürlich ein grosses Netzwerk über all die Jahre in meinem Fussballerleben und in den letzten vier Jahren beim FC Luzern aufgebaut. Aber Ihr Eindruck ist korrekt: Unser eigenes Scouting-System ist eigentlich ungenügend. Zumindest hat es noch viel Entwicklungspotenzial.

«Wir möchten die Mannschaft, so weit es geht, auf der Basis unserer qualitativen Überzeugung zusammenhalten.»

zentralplus: Kann man sagen, dass die Vertragsverlängerung mit Rückkehrer Filip Ugrinic vor seinem ersten FCL-Meisterschaftsspiel 2020/2021 Ihre schlauste Tat dieser Saison war?

Meyer: Filip Ugrinic hat einen riesigen Schritt und eine grossartige Entwicklung bei uns in dieser Meisterschaft gemacht. Er hatte zuvor keine einfache Zeit in seiner Entwicklung beim FCL und zuletzt eine schwierige in Holland, weil er in der Vorrunde unregelmässig spielte. Später wurde die Meisterschaft wegen Corona abgebrochen.

Filip Ugrinic spielte praktisch ein halbes Jahr nicht. Aber seine Ansätze waren in seinen vorangegangenen drei Jahren bei uns stets erkennbar. Dass er jetzt eine Saison spielt, die so dominant und konstant ausfällt, habe ich jedoch nicht erwarten können. Zugetraut haben wir es ihm selbstverständlich.

zentralplus: Über zehn Spieler, darunter Goalie Marius Müller, Filip Ugrinic oder Marvin Schulz, stehen vor ihrem letzten Vertragsjahr mit dem FC Luzern. Wir wird sich das Gesicht Ihres Klubs in diesem Sommer verändern?

Meyer: Wir hatten vor einem Jahr ein schwieriges Transferfenster, weil wir sehr spät zusammengekommen sind. Das Kader erfuhr viele Veränderungen, und das bekamen wir dadurch zu spüren, weil wir erst am achten Spieltag in der Meisterschaft (3:1 in Genf, Anm. d. Red.) erstmals gewonnen hatten. Darum planen wir die nächste Saison im Sinne der Kontinuität: Wir möchten die Mannschaft, so weit es geht, auf der Basis unserer qualitativen Überzeugung zusammenhalten. Wir werden zwei, drei Verbesserungen anstreben, aber keine grossen Veränderungen in diesem Sommer. Unser Fussball ist mutiger, offensiver, dominanter und technisch besser geworden. Wir haben noch immer Potenzial, darum wollen wir diesen Weg mit dem Kern der Mannschaft weitergehen.

zentralplus: Reden wir neben einem rechten Verteidiger von einem neuen FCL-Abwehrchef, den Sie als Verbesserung des Kaders ins Auge fassen?

Meyer: Grundsätzlich äussere ich mich nie über Namen und Positionen. Ich bin im Austausch mit dem Trainer und meinem Team, und das geschieht nicht von heute auf morgen. Wir wissen ganz genau, auf welchen wenigen Positionen wir leistungsmässig nicht zufrieden waren und uns verstärken wollen.

zentralplus: Das FCL-Verbesserungspotenzial kann sich bloss auf die Defensive beziehen.

Meyer: Offensiv sah es sehr gut aus. Wir waren variabel und nicht berechenbar. Die Torquote von sechs FCL-Spielern war relativ hoch und das macht es für jeden Gegner schwer.

«Der Erfolg der Mannschaft steht über allem, und auf diesem Weg muss ich niemandem einen Gefallen machen.»

zentralplus: Sie hinterlassen in Ihrer Arbeit einen extrem unabhängigen Eindruck und scheinen sich gegenüber keiner Anspruchsgruppe verpflichtet zu fühlen. Ist diese Unabhängigkeit eines Ihrer Prinzipien?

Meyer: Ja, das erachte ich selber als zentrales Element. Rückblickend hatte ich wohl das Glück, dass ich nach meiner Rückkehr in die Schweiz für ein paar Jahre nicht Teil des Profifussballs war. Der Erfolg der Mannschaft steht über allem, und auf diesem Weg muss ich niemandem einen Gefallen machen. Wir vertrauen im Team auf unser Gefühl und auf unsere Augen, und da hat es keinen Platz für etwas Anderes.

zentralplus: Wie schwierig ist es für Sie, dieses Prinzip gegen alle Verlockungen des Fussball-Business durchzusetzen?

Meyer: Ich bin nüchtern und kontrolliert unterwegs, weil ich das Business aus eigener Erfahrung kenne.

zentralplus: Woher kommt diese Unantastbarkeit? Ist es eine Frage der Erziehung, des Charakters oder der Erfahrung, dass Sie so funktionieren?

Meyer: Hm (überlegt). Das Prinzip der Ehrlichkeit, des Anstandes und der Überzeugung davon, was man macht, sind Dinge, die ich vom Elternhaus mitbekommen habe. Dazu habe ich einiges erlebt in meiner Aktivkarriere und bin jung Familienvater geworden. Das sind Einflüsse, die wohl entscheidend waren. Und dazu werde ich von Jahr zu Jahr reifer.

«Ich bin eher der Beobachter, der Ruhigere von uns beiden.»

zentralplus: Man darf also behaupten, dass Sie als Luzerner «Hinterländer» im Latino Fabio Celestini einen Bruder im Geiste gefunden haben?

Meyer: Genau. Fabio Celestini ist gradlinig, ehrlich und ambitioniert. In vielem sind wir deckungsgleich. Aber es gibt mindestens einen Unterschied: Er ist der Südländer, der emotionalere Typ. Ich bin eher der Beobachter, der Ruhigere von uns beiden.

zentralplus: Was hätte ein Cupsieg am Pfingstmontag für einen Einfluss auf Ihre unmittelbare Arbeit? Sie hätten wohl kaum mehr Budget zur Verfügung.

Meyer: Rein wirtschaftlich hätte ein Cupsieg auf den sportlichen Bereich des FC Luzern wohl keinen Einfluss. Aber wenn du einen Titel zum Saisonende holst, nachdem du eine gute Platzierung in der Meisterschaft erreicht, dich entwickelt und aus dem Tabellenkeller herausgearbeitet hast, dann ist das kein Zufall. Sondern eine Belohnung für eine gute Saison, in der wir eine positive Entwicklung hingelegt haben.

All die Leute, die unser Projekt genau verfolgt haben, erkennen dieses und die Philosophie, die dahintersteckt. Wir haben uns die Teilnahme am Cupfinal mit harter Arbeit verdient. Aber sicher: Der erste Titelgewinn nach 29 Jahren würde eine positive Strahlkraft auf unsere Arbeit auf dem Transfermarkt ausüben.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Zimmermann Ernst
    Zimmermann Ernst, 22.05.2021, 23:00 Uhr

    Ich habe immer gesagt dass Remo Meyer einen guten Job macht. Seine Kritiker waren von Anfang Inkompetent und verstanden seine Fussballvision nicht. Natürlich hat er wie wir alle auch Fehler gemacht aber langsam zeichnet sich seine Handschrift auf die Mannschaft über. Mit der Verpflichtung von Trainer Celestini und Spieler wie Müller, Schaub, Schulz, Sorgic, Tasar und einige mehr hat er eine goldene Hand bewiesen. Vergessen wir nicht, was alles für grosse Talente aus dem eigenen Nachwuchs zur ersten Mannschaft heranwächst. Ich bin überzeugt wenn der Sportchef und der Trainer mit dem ganzen Staff die Zukunft weiterhin so konsequent angeht haben wir, die FCL Familie in der kommenden Jahren viel Freude an unserem Verein dem blau weissen FCL.

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    • Profilfoto von paul
      paul, 23.05.2021, 18:23 Uhr

      na ja …. schöne gute spiele gab es nicht gerade viele …. ohne müller würde es nicht sehr gut aussehen.
      hat noch viel luft noch oben.
      aber egal … hopp lozääärz!! holid dä chöbuuuu

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