Luzerner Urteil fällt höher aus, als erwartet

Richter zu Coronakredit-Betrüger: «Sie haben eine absolute Notlage der Gesellschaft ausgenutzt»

Blick in den Gerichtssaal des Kriminalgerichts Luzern.

(Bild: zvg)

Zum ersten Mal hat ein Deutschschweizer Gericht einen Covid-Betrugsfall beurteilt. Der Beschuldigte wird wegen Betrugs und Urkundenfälschung verurteilt – zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten. Zudem muss er 97'000 Franken zurückbezahlen.

Ein 35-jähriger Kosovare ist vom Kriminalgericht Luzern wegen Betruges, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung verurteilt worden. Die Richterinnen sind überzeugt, dass er sich einen Corona-Notkredit betrügerisch erschlichen hat.

«Sie haben uns geschildert, dass sie zu dem Zeitpunkt Panik und Zukunftsängste hatten. Das können wir nachvollziehen. Es ging uns allen so vor dem Lockdown», sagte der referierende Kriminalrichter an der Urteilseröffnung am Mittwoch. «Aber das ist für die rechtliche Beurteilung nicht wesentlich. Wichtig ist die Frage, ob die Firma im Geschäftsgang beeinträchtigt war – und das ist aus unserer Sicht nicht der Fall.»

Das Gipsergeschäft hätte geringe Fixkosten gehabt – und konnte zudem weiter arbeiten. «Sie hatten keinen erheblichen Umsatzrückgang zu dem Zeitpunkt – und das wussten sie auch», so der Richter. Der Beschuldigte habe zudem zum Tatzeitpunkt zumindest mit dem Gedanken gespielt, das Geld nicht für die laufenden Kosten zu verwenden – sondern für Anschaffungen.

Kriminalgericht bejaht die Arglistigkeit

Das Handeln des Mannes sei arglistig gewesen. «Es war voraussehbar, dass das Opfer – sprich: der Bund – die Täuschung nicht überprüfen kann.» Die Medien hätten darüber berichtet, dass die Kredite ohne grosse Prüfung gewährt würden. «Die Banken hatten gar keine Chancen, die Aussagen zu prüfen.»

Der Mann wird zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Zehn Monate sind zu vollziehen, für die restlichen 16 Monate wird bedingter Vollzug gewährt. Zudem muss der Mann eine Geldstrafe von 170 Tagessätzen zu 100 Franken bezahlen – also 17'000 Franken.

Strafe wird verschärft

Mit diesem Urteil liegt die Strafe höher als von der Staatsanwaltschaft beantragt. Diese hatte eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten gefordert (zentralplus berichtete). Der Kriminalrichter begründete dies wie folgt: «Sie haben eine absolute Notlage der Gesellschaft ausgenutzt, um sich beziehungsweise ihre Unternehmung zu bereichern.» Das Kriminalgericht betrachtet dies als verwerflicher als die ungetreue Geschäftsführung, die dem Mann ebenfalls vorgeworfen wurde – weshalb es die Strafe erhöhte.

«Sollten Sie wieder wegen eines Vermögensdelikts vor das Kriminalgericht kommen, werden wir nicht vergessen haben, dass wir bereits heute ernsthaft über einen Landesverweis nachgedacht haben.»

Richter in der Urteilsbegründung

Der Mann muss Schadensersatz von 97'000 Franken zahlen. Der Erlös von beschlagnahmten Vermögenswerten von 50'000 Franken sowie von der Geldstrafe geht an die Bürgschaftsorganisation BG Mitte, die den Bund vertritt. Zudem muss der Mann deren Anwalt mit 8000 Franken und Gerichtskosten von 5000 Franken bezahlen.

Landesverweis (vorerst) vom Tisch

Verzichtet hat das Kriminalgericht auf den geforderten Landesverweis von fünf Jahren. Stattdessen wird dem Beschuldigten während fünf Jahren verboten, selbstständig zu arbeiten. Insbesondere als Geschäftsführer einer eigenen Firma. Um zu belegen, dass er sich daran hält, muss er alle sechs Monate beim Vollzugsdienst Rechenschaft ablegen.

Dies soll gemäss dem Kriminalgericht verhindern, dass er erneut in der Schweiz derart hohen finanziellen Schaden anrichtet. «Wir hoffen, dass sie sich daran halten», sagte der Richter in der Begründung. «Denn das ist ihre letzte Chance, in der Schweiz zu bleiben. Sollten sie wieder wegen eines Vermögensdelikts vor das Kriminalgericht kommen, werden wir nicht vergessen haben, dass wir bereits heute ernsthaft über einen Landesverweis nachgedacht haben.»

Der zuständige Staatsanwalt zeigte sich nach der Urteilseröffnung zufrieden. Das Urteil könnte zu einem Präjudiz für andere Fälle werden, weil es das erste eines Deutschschweizer Gerichts ist, das sich mit einem Coronakreditbetrug befasst. Es ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

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