Abgespecktes Fest in der Luzerner Gassechuchi

«Ich weiss nicht, wie viele ohne uns Weihnachten feiern»

Weiss, wie wichtig das Weihnachtsfest in der Luzerner Gassechuchi ist: Franziska Reist, die Geschäftsleiterin des Vereins Kirchliche Gassenarbeit Luzern. (Bild: Archivbild)

Alle sollen Weihnachten feiern dürfen und sich nicht einsam fühlen. Deswegen gibt es auch dieses Jahr für Bedürftige ein coronakonformes Fest oder ein Weihnachtsmahl zum Abholen. Wie wichtig das ist, sagen zwei Stadtluzerner Institutionen.

Weihnachten soll das Fest der Liebe sein. Wo man sich Zeit für seine Liebsten nimmt, nicht einsam, sondern gemeinsam ist.

Für viele Menschen, die eher am Rande der Gesellschaft stehen, sind Feste von kirchlichen Sozialwerken oder anderen Institutionen sehr wichtig. Das weiss Franziska Reist, die Geschäftsleiterin des Vereins Kirchliche Gassenarbeit Luzern.

«Ich weiss nicht, wie viele ohne uns Weihnachten feiern», meint sie. Jahr für Jahr veranstaltet sie am 24. ein grosses Festessen – mit Mehrgangmenü und einem Glas Wein für alle. Festlich ging es zu und her – die Gäste durften sich setzen und wurden bedient. Für einmal durften sie einfach mal geniessen. Sehr zur Freude der Besucherinnen. Das Angebot sei jeweils sehr geschätzt worden, so Reist. Und lockte bis zu 100 Besucher an.

Auch das Weihnachtsfest ganz zu canceln wurde diskutiert

Doch dieses Jahr stellt das Coronavirus das Weihnachtsfest ordentlich auf den Kopf. «Wir haben uns auch überlegt, dieses Jahr gar keine Weihnachtsfeier zu veranstalten – da ein coronakonformes Fest gut durchdacht sein muss», sagt Reist.

«Sie sollen sich nicht noch einsamer fühlen, als sie es vielleicht sonst oftmals tun.»

Franziska Reist, Geschäftsleiterin des Vereins Kirchliche Gassenarbeit Luzern

Man habe abgewogen und den Schluss gezogen: «Es ist wichtig, dass es auch dieses Jahr ein Fest für diese Menschen gibt.» Gerade in diesen besonderen Zeiten, in der sich einige noch mehr von der Gesellschaft abgedrängt fühlen. «Sie sollen sich nicht noch einsamer fühlen, als sie es vielleicht sonst oftmals tun», sagt Reist. «Viele wären wohl enttäuscht gewesen, wenn sie am 24. alleine zu Hause oder auf der Strasse gewesen wären.»

Ein Weihnachtsmahl to go

Auch das offene Weihnachtsfest der katholischen Kirche der Stadt Luzern erfreute sich in der Vergangenheit grosser Beliebtheit. In den letzten Jahren kamen bis zu 120 Menschen zusammen. Oftmals solche, die eher am Rande der Gesellschaft stehen, die wenige Freunde und kaum Familie haben. «Weihnachten – gemeinsam feiern» heisst das Projekt. Es ist den Verantwortlichen der Katholischen Kirche der Stadt Luzern ein Herzensanliegen und wichtiger Bestandteil der Weihnachtsfeierlichkeiten.

«Die Absage fällt mir sehr schwer.»

Christian Vogt, Leiter Fachbereich Soziale Arbeit der Katholischen Kirche Stadt Luzern

Dieses Jahr fällt das Fest ins Wasser – statt gemeinsam zu essen, kann man am 25. Dezember mittags im Pfarreizentrum St. Anton und im Paulusheim kostenlos ein Weihnachtsessen abholen, quasi ein Weihnachtsmahl to go.

«Wir hofften bis zum Schluss, dass wir die Feier durchführen können, aber mit den verschärften Massnahmen ist das schlicht nicht mehr möglich», sagt Christian Vogt, Leiter Fachbereich Soziale Arbeit der Katholischen Kirche Stadt Luzern. Man habe immer wieder neue Varianten einer Feier auf Papier gebracht, die Feier auf zwei Standorte verteilen wollen.

«Die Absage fällt mir sehr schwer und wir bedauern diesen Schritt. Denn uns ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir Weihnachten alle gemeinsam feiern können und niemand alleine sein muss, der dies nicht sein möchte. Aber wir wegen der behördlichen Vorgaben hatten wir leider keine andere Wahl.»

Ganz alleine muss jedoch auch dieses Jahr niemand sein. Wer sich ein Gespräch mit einer Seelsorgerin wünscht, erreicht diese über die Festtage. Am Nachmittag und Abend des 24. Dezember gibt es den Kirchen weihnachtliche Impulse und Angebote. Seelsorger sind vor Ort.

Klienten fragten, ob’s ein Fest gibt

Das Weihnachtsfest gab in der Gassechuchi auch zu reden. Mehrmals seien die Mitarbeiterinnen darauf angesprochen worden. Die Gäste schätzen es, dass es dieses Jahr ein Weihnachtsfest gibt – wenn auch ein abgespecktes. Es gibt nur einem Gang (Risotto), ein Dessert und Glühmost. Dafür wird den Klienten ein kleines Geschenk überreicht.

Die Feier beginnt bereits am Nachmittag. Die Idee ist, dass die Menschen gestaffelt kommen, essen und dann wieder anderen Platz machen. Auch eine kleine offizielle Feier findet statt. Mit dem Seelsorger Franz Zemp, der eine Geschichte vorliest und einer kleinen musikalischen Inszenierung. Bereits letzte Woche fand eine erste Feier im Paradiesgässli statt.

Das Essen bleibt vorerst gratis

Die Lage auf der Gasse hat sich laut Reist längst beruhigt – die Befürchtung, dass der Stoff knapp wird, hat sich nicht bestätigt (zentralplus berichtete). Um die Besucher zu entlasten, dürfen sie bis Ende März gratis Essen in der Gassechuchi beziehen. In normalen Zeiten müssen sie einen kleinen Beitrag zahlen.

Doch wie bereits im Frühling macht Reist insbesondere etwas Sorge: Dass die Mitarbeiterinnen die Klienten stets zurechtweisen, abchecken müssen, ob Abstand gehalten wird, die Hände desinfiziert und die Maske getragen wird.

«Ein grosser Teil unserer Arbeit in der Gassechuchi und im Paradiesgässli besteht darin, den Menschen zuzuhören, auf jedes Anliegen einzugehen. Das hat derzeit leider wenig Platz – was den Mitarbeitenden zu schaffen macht.»

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