55 Prozent weniger Passagiere

Luzerner Schifffahrt in tiefer Krise: SGV droht unterzugehen

Düstere Aussichten für die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees. (Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Die Befürchtungen der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees haben sich bestätigt: Für das aktuelle Jahr geht sie von einem Ertragseinbruch von 18 Millionen Franken aus. Nun hofft man auf Hilfe von den Kantonen.

Dass es ein schweres Jahr für die Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee würde, zeichnete sich früh ab. Nun kommt es für die Schifffahrtsgesellschaft (SGV) aber knüppeldick. Wie das Unternehmen mitteilt, verzeichnet es im Jahr 2020 rund 55 Prozent weniger Passagiere als im Vorjahr.

Im laufenden Dezember sind es nur noch zwischen 500 und 1'000 Passagiere pro Tag. Das sind gegenüber dem letzten Jahr sogar 70 Prozent weniger Gäste – mit enormen Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen.

Finanziell am Anschlag

Bereits im Sommer ging die SGV von einem Ertragseinbruch von bis zu 15 Millionen Franken aus (zentralplus berichtete). Nun zeigt sich, dass das Loch sogar noch tiefer ausfällt: Im Jahr 2020 rechnet die SGV mit einem massiven Ertragseinbruch von bis zu 18 Millionen Franken (minus 50 Prozent) und einem Verlust von 8 Millionen.

«Wir sind mit den verschiedenen Kantonen rund um den Vierwaldstättersee in Kontakt, um Lösungen zu suchen.»

Werner Lüönd, Leiter Marketing & Sales bei der SGV

Diese Zahlen stellen die gesamte SGV Holding AG, zu der auch das Gastrounternehmen Tavolago gehört, vor immense Herausforderungen. Konkret: Vor kurzem wurden Schritte eingeleitet, um das Unternehmen betriebswirtschaftlich zu sanieren.

Dies bestätigt Werner Lüönd, Leiter Marketing & Sales bei der SGV, auf Anfrage: «Wir sind unter anderem mit den verschiedenen Kantonen rund um den Vierwaldstättersee in Kontakt, um Lösungen zu suchen.» Wie eine solche Sanierung konkret aussehen könnte, bleibt vorerst offen: «Die Gespräche diesbezüglich laufen», so Lüönd.

Fahrplan wird weiter angepasst

«Der Wegfall der ausländischen Gäste, die Maskentragpflicht, der Einbruch im Städtetourismus und ein verändertes Reiseverhalten haben sich negativ auf die Passagierfrequenzen ausgewirkt», heisst es in der Mitteilung des Unternehmens zu den Gründen für den massiven Einbruch der Passagierzahlen. Und weiter: «Obwohl viele Schweizerinnen und Schweizer im Sommer und Herbst Ferien im eigenen Land verbracht haben, waren sie mit Schiffsausflügen zurückhaltend.»

Die SGV geht davon aus, dass die neusten vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen zur Covid-Bekämpfung weitere Passagierrückgänge zur Folge haben. Deshalb habe man beschlossen, das Fahrplanangebot ab Montag, 4. Januar 2021, aufgrund der erwarteten sehr tiefen Nachfrage ein weiteres Mal zu reduzieren. Bereits Ende August wurde der Fahrplan reduziert und angepasst.

Der neue Winterfahrplan gilt bis mindestens Ende Februar 2021. «Am meisten betroffen von der Fahrplanreduktion sind die Schiffsstationen im Urnersee, da in diesem Seeteil die Frequenzen allgemein tiefer und in der jetzigen Situation marginal sind», schreibt die SGV dazu.

Kulinarische Schifffahrten eingestellt

Bereits ab heute ist aufgrund der Verschärfung der Corona-Massnahmen – der Schliessung der Restaurants – auf den Schiffen der SGV kein gastronomisches Angebot mehr verfügbar: «Die in dieser Jahreszeit beliebten kulinarischen Schifffahrten sind somit eingestellt.» Das Fahrplanangebot zwischen Luzern und Kehrsiten/Bürgenstock wird in Absprache mit dem Bürgenstock Hotel & Resort laufend der veränderten Nachfrage angepasst, heisst es bei der SGV weiter.

«Sollte es aber zu weiteren Einschränkungen im Tourismus kommen, die Auswirkungen auf die Tagestouristen hätten, müssten wir ein solches Szenario sicherlich diskutieren.»

Werner Lüönd über eine mögliche Einstellung des Betriebs

Trotz der neusten Verschärfungen der Corona-Massnahmen wird von einer kompletten Einstellung des Betriebs vorerst abgesehen, sagt Werner Lüönd weiter: «Sollte es aber zu weiteren Einschränkungen im Tourismus kommen, die Auswirkungen auf die Tagestouristen hätten, müssten wir ein solches Szenario sicherlich diskutieren.»

Kurzarbeit und kleine Lichtblicke

Aufgrund des reduzierten Angebots sehe sich die SGV gezwungen, den Anteil der Kurzarbeit zu erhöhen und weitere Sparmassnahmen umzusetzen. Damit könne ein kleiner Teil der Ertragsausfälle kompensiert werden. Die Erfahrung aus früheren Krisen zeigt, dass sich der Tourismus nach einer gewissen Zeit erholt und wieder zum vorherigen Niveau zurückfindet. Die SGV ist überzeugt, diese Entwicklung auch nach der Covid-19-Krise beobachten zu können, auch wenn die Erholung deutlich länger dauern dürfte, als ursprünglich erhofft.

Zudem gibt es zumindest einen kleinen Lichtblick: Die Wiederinbetriebnahme des Dampfschiffs «Stadt Luzern» soll wie vorgesehen am 1. Mai 2021 mit einer Dampfschiffparade stattfinden.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von harry stocker
    harry stocker, 13.03.2021, 17:19 Uhr

    aktionärs nr.11 129
    weiter machen denn ich denke mit turismus luzern und andere muss das wieder hergestellt werden
    mehr druck ausüben auf unseren bundesrat, denn die schweiz lebt vom turismus.
    aktionen der sgv könnte ich mir vorstellen , ev familien – event etc durchzuführen.
    für weitere fragen wäre ich gerne bereit.
    ( besitzer goldpass der dampffreunde )

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  • Profilfoto von Daniel Steiner
    Daniel Steiner, 23.12.2020, 09:31 Uhr

    Komisch. Jetzt liest man von den Kommentatoren die gerne über den Schwanenplatz und Grendel herziehen nichts. Auch die SGV hat die letzten Jahre mehrheitlich von ausländischen Touristen gelebt.

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    • Profilfoto von B. v. Gunten
      B. v. Gunten, 25.12.2020, 00:05 Uhr

      Ja, vor allem im Sommer haben wir ja gesehen wie unglaublich gross und sehnsüchtig die Einheimischen den Grendel bevölkert haben. Aber wie immer: Mit Ironie muss man vorsichtig umgehen.
      Nur die wenigsten verstehen, dass Gäste durchaus auch Arbeitsplätze mit Einkommen bedeuten. Und es sind nicht nur die Uhrenhändler. Bäcker? Hotels? Restaurants? Öffentlicher Verkehr? Seilbahnen? Taxis? Zulieferer aus anderen Kantonen? Überall, es könnte dann auch den einen oder anderen Lehrer treffen, weil kein Lohn und somit kein Familiensitz mehr da ist. Im Moment erhalten wir einen Vorgeschmack davon, wie es aussieht wenn der Letzte das Licht löscht.
      Es soll ja solche geben, die finden es toll wenn es zu einer Schrebergartisierung der Stadt kommt und empfinden dann das als Stadt im Gleichgewicht. Nur: Kein Theater im Schrebergarten (ausser an der GV natürlich). Mich schauderts jeweils.

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