Luzerner Regierung findet Sex nicht so wichtig

«Das Bordellverbot ist politisch motiviert – aber nicht gesundheitspolitisch»

Luzerner Sexarbeiterinnen kämpfen dafür, wieder in Bordellen arbeiten zu dürfen. (Bild: Pixabay)

Um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, hat die Luzerner Regierung den Bordellen ein Betriebsverbot erteilt. Die Betroffenen wehren sich gerichtlich dagegen; das Gesundheits- und Sozialdepartement hält jedoch an seinem Entscheid fest.

Verschiedene Sexarbeiterinnen – vertreten durch die Plattform myLadies.ch – wehren sich vor dem Luzerner Kantonsgericht gegen das faktische Berufsverbot, das ihnen der Kanton Luzern erteilt hat (zentralplus berichtete). Das Verfahren ist derzeit hängig. Inzwischen hat das Gesundheits- und Sozialdepartement zu den Forderungen Stellung genommen.

Covid-19 werde bei engem und längerem Kontakt zu einer infizierten Person übertragen, heisst es darin. «Je länger und enger der Kontakt, desto wahrscheinlicher ist eine Ansteckung.» Gemäss Einschätzung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) könnten bei der Übertragung durch Aerosole vor allem Aktivitäten eine Rolle spielen, die eine «verstärkte Atmung» verlangen.

Sex? Kein zwingend erforderliches Bedürfnis

In Erotikbetrieben komme es naturgemäss zu sehr engem, dauerhaftem Körperkontakt. Zudem seien die Räumlichkeiten in der Regel eher klein. Die Fenster seien aus Gründen des Diskretion geschlossen und die Zimmer damit schlecht gelüftet. Aus epidemiologischer Sicht gelte es deshalb die Kontakte in diesen Betrieben zu unterbinden. Zumal diese zur «Deckung der täglichen Lebensbedürfnisse nicht zwingend erforderlich» seien.

Die angeordnete Massnahme diene der Bekämpfung der Covid-19-Epidemie und damit dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Eine Schliessung von Erotik- und Sexbetrieben für das Publikum liege entsprechend im öffentlichen Interesse.

Wirtschaftsfreiheit auch für das Sexgewerbe

Die Plattform myLadies.ch lässt dies nicht gelten. Sie hat dem Kantonsgericht bereits eine Replik eingereicht. Eines ihrer Hauptargumente vor Gericht ist die Ungleichbehandlung mit anderen Branchen. Tattoostudios beispielsweise dürften weiterhin geöffnet bleiben – obwohl es auch beim Tätowieren zu stundenlangem engem Körperkontakt komme.

«Die Grundpfeiler unserer Wirtschaft beruhen auf Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichbehandlung. Geht es aber um das älteste Gewerbe der Welt, gelten diese nicht», schreiben die Betroffenen in ihrer Stellungnahme an das Kantonsgericht. «In einer demokratischen Gesellschaft sollte Prostitution, die laut Gesetzgeber zulässig ist, auch als legale Tätigkeit anerkannt, zumindest aber toleriert werden», heisst es darin.

Plattform bekämpft Vorurteile gegen die Branche

Die Verordnung des Regierungsrats gründe auf einer entmündigenden Vorstellung vom Sex- und Erotikgewerbe. Solange dieses gesetzlich zulässig sei, könne es nicht durch die Hintertür vom Regierungsrat auf dem Verordnungsweg verboten werden. So würde die Gewaltenteilung umgangen.

Gewisse Dienstleistungen erhalte man derzeit nur gegen Angabe der Personendaten. Das wäre aus Sicht der Betroffenen auch in der Erotik- und Sexbranche problemlos möglich, wie sie in ihrer Replik weiter schreiben. Das «Stigma des Bordellbesuchs» sei kein Problem, weil der Datenschutz eingehalten werde.

Das Gesundheits- und Sozialdepartement hatte diesbezüglich Zweifel, weil in der Branche die Diskretion grossgeschrieben werde. Die Betroffenen bezeichnen diese Behauptung als «Feigenblatt der Regierung». Der Kunde eines Bordells dürfe davon ausgehen, dass seine Daten geschützt und vertraulich behandelt würden. Einer gesamten Branche zu unterstellen, dass sie nicht fähig sei, die Gesetze einzuhalten, sei «abenteuerlich». Das Verbot sei politisch motiviert – aber nicht gesundheitspolitisch.

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