CVP will Deponien besser schützen

Das schafft Probleme: Zürcher entsorgen ihren Dreck in Zug

Wohin mit dem unverschmutzten Aushub? Zu den Nachbarn, sagen sich die Zürcher. (Bild: Adobe Stock)

Alle zehn Jahre wird in Zug der Deponienotstand ausgerufen. Schuld ist aber nicht so sehr der Bauboom im eigenen Kanton, sondern die rege Tätigkeit eines grossen Nachbarn. Die Zuger Regierung hat das Problem zwar erkannt, will aber trotzdem nicht stärker eingreifen. Damit sorgt sie für Widerspruch.

Wo viel gebaut wird, fällt Abfall an, den man irgendwo lagern muss – in speziellen Deponien etwa, oder in leeren Kiesgruben und Abbaustätten. Im Boomkanton Zug sorgt dies regelmässig für Diskussionen. Der Platz für Ablagerung droht immer wieder zu Neige zu gehen und dies sorgt beim lokalen Baugewerbe für Stress.

Kurz nach der Jahrtausendwende hatte bereits der Gewerbeverband des Kantons Zug einen Deponienotstand beklagt, 2011 schlug der damalige Baudirektor Heinz Tännler (SVP) Alarm. Derzeit beschäftigt das Thema die Zuger CVP.

Hälfte des Bauschutts kommt von weit her

Da 50 Prozent des abgelagerten Bauschutts in den Kanton Zug importiert wird und auch 40 Prozent des unverschmutzten Aushubs, wollten die Christdemokraten in einem parlamentarischen Vorstoss  wissen, ob man mit den umliegenden Kantonen nicht Gegengeschäfte und Vereinbarungen treffen könne. Damit sollen die eigenen Deponien geschont und die lokalen Baufirmen entlastet werden.

Mit Luzern, Schwyz und dem Aargau gibt es diesbezüglich keine Probleme, legt die Zuger Regierung in einer kürzlich veröffentlichten Interpellationsantwort dar. Zumal die Ausfuhr- und Einfuhrmengen zwischen diesen Kantonen ausgewogen sind.

Zürich will selber keine Deponien

Anders sieht es beim Kanton Zürich aus. Jedes Jahr führt er über eine Million Kubikmeter Erde und Steine in die Nachbarschaft aus. Eine Deponie für unverschmutzten Aushub besitzt er nicht und plant auch keine. Wenn Dreck im eigenen Kanton abgelagert wird, dann in leeren Kiesgruben, die sich vorab im Norden des Kantons befinden.

«Sowohl die Zürcher Baudirektion als auch das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich lehnten eine Gegenrechtsvereinbarung ab.»

Zuger Regierung

Die Zürcher setzen sich laut Zuger Regierung «für freie Materialflüsse und freien Zugang zu allen Ablagerungsstellen ein». Mit ihnen ist nicht gut Kirschen essen, wenn es darum geht, gegenseitige Abmachungen im Abfallgeschäft zu treffen.

Keine gesprächsbereiten Nachbarn

«Sowohl die Zürcher Baudirektion als auch das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich (AWEL) lehnten eine Gegenrechtsvereinbarung ab», schreibt die Zuger Regierung. Auch die Aargauer waren mit einem Vorschlag an der Limmat schon abgeblitzt.

Mit den Aargauern hat sich die Zuger Regierung in der Deponiefrage hingegen verständigt. Denn die Verwirklichung einer Deponie im Gebiet Stockeri in Risch wird seit über einem Jahrzehnt blockiert.

Deponie Stockeri bleibt blockiert

Ende 2019 erliess der Kanton nun eine kantonale Nutzungszone für die Deponie. «Gegen diesen Entscheid haben nun mehrere Beschwerdeführende Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben», sagt Baudirektor Florian Weber (FDP) auf Anfrage. Wann das Verfahren entschieden werde, sei noch nicht absehbar, so Weber. So oder so brauche es nach dem Gerichtsverfahren noch eine Errichtungsbewilligung, gegen die wiederum Rechtsmittel ergriffen werden können.

Bis alles erledigt ist, können Zuger Ablagerungen ins Oberfreiamt gebracht werden – in der Deponie Babilon in Dietwil. Anschliessend geniessen die Aargauer Gastrecht in Risch.

Sondermüll ist nicht das Problem

Nun muss man wissen, dass beim Abfall nicht in erster Linie die Deponien für Ärger sorgen. Platz für Sondermüll gibt es genug im Kanton Zug, und auch für Bauschutt, die sogenannten Inertstoffe, sind genügend Reserven vorhanden.

«Es braucht ein entschiedeneres Auftreten gegenüber dem Kanton Zürich.»

Thomas Meierhans, CVP-Fraktionschef

Zudem ist das Einzugsgebiet für die Deponien begrenzt. Eingelagert wird Material aus dem ganzen Kanton und den an den Standort angrenzenden ausserkantonalen Gemeinden. Die Einfuhrmöglichkeiten aus Zürich sind also limitiert.

Zug führt erste Importbeschränkungen ein

Das Problem stellt vielmehr der unverschmutzte Aushub dar: Erdreich, Lehm und Steine von den Baustellen, welche in Materialentnahmestätten und leeren Kiesgruben deponiert werden.

Nachdem sich die Zuger Baubranche immer lauter wegen der Zürcher Exporte beschwert hatte, begann die Zuger Regierung  2018 Importbeschränkungen zu erlassen – bislang für die Kiesgrube Äbnetwald in Cham und das Kieswerk Senn zwischen Neuheim und Edlibach.

Maximal sollen noch 20 Prozent des eingelagerten Aushubs von ausserhalb des Kantons kommen. Ähnliche Regelungen will man in Zukunft für andere Ablagerungsstellen einführen. Damit ist das Problem für die Zuger Regierung gelöst.

Problem ist erkannt, aber ...

Dies sieht man bei der CVP des Kantons Zug anders. «Die Regierung beschreibt das Problem richtig», sagt Fraktionschef Thomas Meierhans. «Aber die notwendigen Konsequenzen will sie nicht ergreifen.»

Konkrete weitere Schritte habe die Kantonsratsfraktion zwar noch nicht besprochen, für Meierhans ist aber klar: «Es braucht ein entschiedeneres Auftreten gegenüber dem Kanton Zürich.» Auch der Nachbarkanton habe im kantonalen Richtplan Deponiestandorte, die er realisieren könne – etwa im Knonaueramt.

Thomas Meierhans fordert, dass der Kanton Zug die Zügel anzieht. (Bild: mam / flickr)

Zweitens brauche es Mindestauffüllvorgaben für Kiesgruben, wie sie auch der Kanton Zürich kenne. Das sei im Nachhinein nicht einfach einzuführen, gibt Meierhans zu. «Aber wenn in der Gemeinde Cham bei Hatwil-Hubletzen tatsächlich ein neues Kiesvorkommen ausgebeutet wird, dann muss man die Auffüllmenge dort unbedingt vorgeben», so Meierhans.

Schutzbestimmung nicht kontrollierbar

Drittens stösst sich Meierhans daran, dass die Importbeschränkungen für Aushub in Cham und Neuheim nicht wirklich kontrolliert werden könnten, da eine Selbstdeklaration genüge. «Im Kanton Zürich ist das ganz anders», so der CVP-Fraktionschef. Dort könne erst abgelagert werden, wenn ein Dokument eingereicht wird, auf dem stehe, von welcher Baustelle das Material genau stammt.

Zu klären bleibt schliesslich, warum die Zuger Baubranche wegen des Dreckimports aus Zürich regelmässig beim Kanton reklamiert. Dass sie sich diskriminiert fühlt, räumt auch die Zuger Baudirektion ein.

Zuger Baubranche fühlt sich benachteiligt

Offenbar haben Baufirmen zum Beispiel die Sand AG in Neuheim auf dem Kieker, welche der Kibag gehört, die wiederum im Kanton Zürich sehr aktiv ist. Beklagt wird, dass Zürcher Aushub von Kibag-Baustellen bevorzugt wird, während Zuger Unternehmen insbesondere bei Regen ihr Material nicht ablagern dürften.  

Die Baudirektion hat dazu eine Arbeitsgruppe «Runder Tisch Aushub» ins Leben gerufen. «Unbestritten» seien bei der Diskussion «die Einschränkungen bei der Entsorgung von vernässtem oder nicht standfestem Aushub sowie bei andauernden Schlechtwetterlagen» gewesen, schreibt die Regierung. Allerdings unterstützt sie diese Vorsichtsmassnahmen, um Verschiebungen im Untergrund und Rutschungen auszuschliessen. Eine Diskriminierung vermag sie nicht zu erkennen.

Platz für die Seekreide

Thomas Meierhans von der CVP indes möchte die zusätzlichen Regelungen für der Ablagerung von Aushub eben deshalb eingeführt sehen, damit das Material von Zuger Baustellen auch aus der Lorzenebene in geeigneten Zuger Lagerstätten Platz findet. «Es wäre absurd, dieses in der Gegend herumzukarren.»

Indes hat die Zuger Baubranche das Problem, dass ihr Aushub oft nicht standfest ist, weil die Lorzenebene aus Seekreide besteht. Wie leicht diese ins Rutschen kommt, haben die Stadtzuger bereits bei der Altstadtkatastrophe im Jahr 1435 und bei der Vorstadtkatastrophe im Jahr 1887 erfahren, als ganze Häuserzeilen in den See abglitten.

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