Widerstand ist immer stärker geworden

Modus-Änderung: Mission des FCL-Präsidenten wohl gescheitert

Vielleicht werden die Zuschauer die Leistung der Luzerner auch nächste Saison mit einer Standing Ovation quittieren – aber der Modus der Super League wird sich nicht verändern. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Philipp Studhalter war als FCL-Präsident einer der treibenden Kräfte, dass die höchste Schweizer Liga auf 2021 von zehn auf zwölf Teams aufgestockt und in einem neuen Modus ausgetragen wird. Aber diesem Projekt ist in letzter Zeit Widerstand erwachsen, auch der SC Kriens ist dagegen. Doch auch die Kantone bringen das Vorhaben zum Scheitern.

Im nächsten Jahr muss der Fernsehvertrag für die nächsten fünf Saisons der Super League ausgehandelt werden. Das gab Anlass, die Grösse und den aktuellen Modus der höchsten Schweizer Liga, die beide seit 2003/2004 bestehen, im letzten Sommer in Frage zu stellen (zentralplus berichtete).

Die Reformer bekamen Wind unter die Flügel. Noch in diesem Januar ergab eine Konsultativ-Abstimmung unter den je zehn Vertretern der Super League und Challenge League, dass 15 von 20 Klubs für eine Aufstockung der Liga sind. Kriens, GC und Servette enthielten sich der Stimme, YB und Thun waren dagegen.

14 von 20 Vereinen braucht es für eine Aufstockung der Liga (Zweidrittel-Mehrheit). Bei der Modus-Änderung reichen elf Ja-Stimmen (einfache Mehrheit).

Kantonale Behörde braucht sechs Wochen Vorlaufzeit

FCL-Präsident Philipp Studhalter freut sich darüber, dass «eine Zwölferliga klar unterstützt wird». Aber er spürt seit einer Liga-Sitzung am letzten Montag im Februar auch: Das Problem ist der «schottische Modus» (zentralplus berichtete).

Und der geht so: Zwölf Konkurrenten tragen drei Runden aus. Nach diesen 33 Spielen wird die Liga in die ersten sechs und die zweiten sechs Teams gemäss Tabelle getrennt. Diese tragen jeweils eine einfache Runde gegeneinander aus (fünf Spiele) und kämpfen um den Meistertitel respektive gegen den Abstieg.

«Wenn mit YB und Basel die zwei führenden Vereine der Liga gegen einen neuen Modus sind, dann ist das kein gutes Signal.»

Werner Baumgartner, Präsident des SC Kriens

Doch in der föderalistischen Schweiz schiebt dem neuen Modus nur schon das Bewilligungsverfahren einen Riegel vor: Vor Abschluss der dritten Runde kann es noch Verschiebungen zwischen den ersten und zweiten sechs Mannschaften in der Tabelle geben. Die kantonalen Behörden, die Fussballspiele bewilligen müssen, benötigen für ihre Arbeit allerdings eine gewisse Vorlaufzeit. «In unserem Fall sind es sechs Wochen», sagt Studhalter. Das verunmöglicht eine zeitnahe Fortsetzung der Meisterschaft.

Die Haltung des SC Kriens

Darüber hinaus musste Studhalter zur Kenntnis nehmen, dass der FC Basel seine Meinung fundamental geändert hat. Er ist von einem Befürworter zu einem Gegner des neuen Modus geworden.

Die Basler sind innerhalb weniger Wochen plötzlich der Meinung, dass der «schottische Modus» nicht für die Schweiz tauge. Tatsächlich widerstrebt die Tatsache, dass ein Konkurrent gegen einen anderen zweimal Heimrecht vor Abschluss der drei Runden hat, dem sportlichen Fairness-Gedanken. Darüber hinaus führt der FCB ins Feld, dass es offene Fragen um die Nachwuchsförderung gebe. Die U21-Mannschaften müssten seiner Ansicht nach in die Challenge League integriert werden.

Für Kriens-Präsident Werner Baumgartner ist klar: «Wenn mit YB und Basel die zwei führenden Vereine der Liga gegen einen neuen Modus sind, dann ist das kein gutes Signal. Für mich ist das neue Format zu wenig durchdacht, darum stehen wir ihm in der Tendenz weiterhin negativ gegenüber.»

Mehrkosten und ein grösserer Verteilschlüssel

Die Berner Young Boys sind dagegen, weil der neue Modus Millionen an Mehrkosten mit sich bringe. Sie nehmen den Video Assistant Referee (VAR), die TV-Produktion, die Schiedsrichter und das Data Center für die beiden Mehrspiele gegenüber dem aktuellen Modus in die Rechnung.

«Es ist nicht ratsam, in dieser Zeit den Kopf des Schweizer Klubfussballs einem Face-Lifting zu unterziehen.»

Zudem werden die TV-Gelder mit dem neuen Modus an zwölf und nicht mehr an zehn Konkurrenten verteilt – für YB und weitere Liga-Konkurrenten in finanziell engen Hosen ein Gegenargument. Darüber hinaus führten zwei Spiele mehr, so YB, im ohnehin dicht gedrängten Spielplan zu Regenerationsproblemen für die Profis.

Verband überdenkt Unterbau der Super League

Pech für die Reformer ist, dass die aktuelle Saison in der Super League so spannend ist wie schon lange nicht mehr. Der FC St. Gallen als Leader bietet Titelverteidiger YB mit einer progressiven Spielidee die Stirn, der FC Basel ist sportlich schon vor der Verbreitung des Corona-Virus auf Distanz gegangen.

Der Kampf um den Meistertitel mag über die laufende Saison hinaus spannend bleiben. Weil die Schweiz wegen des aktuellen Uefa-Koeffizients nicht nur weniger Plätze an internationalen Wettbewerben zugesprochen erhält, sondern auch noch mehr Hürden überspringen muss, um den Hauptwettbewerb zu erreichen, wird das bei den nationalen Spitzenteams kaum zu einem Investitionsschub führen. Das erhöht die Chance für die weniger finanzkräftige Konkurrenz, mit einer klaren Spielidee und Identität in die Phalanx der Liga-Dominatoren einzubrechen.

Wegen der geringer gewordenen Aussichten für Schweizer Vereine, sich auf der internationalen Bühne präsentieren zu können, hat der Schweizerische Fussballverband (SFV) jüngst die nationalen Nachwuchs-Auswahlen neu bei Nati-Sportdirektor Pierluigi Tami angesiedelt. Das Schaufenster für die grössten Talente sind nun die Europa- und Weltmeisterschaften.

Der Strategiewechsel passt in einen Gesamtkontext: Der SFV ist daran, den Unterbau der Super League zu überdenken und neu zu gestalten.

Die ehrliche Antwort des schottischen Liga-CEO

Darum hält SCK-Präsident Werner Baumgartner fest: «Es ist nicht ratsam, in dieser Zeit den Kopf des Schweizer Klubfussballs einem Face-Lifting zu unterziehen.»

Die Gegenspieler von Studhalter und Co. sehen sich in ihrer Sichtweise erst recht dadurch bestätigt, dass der in die Schweiz eingeladene CEO der schottischen Liga auf die Frage Baumgartners, welchen Modus er bei freier Wahl eingeführt hätte, entgegnete: «Den schweizerischen.» Das ist fast schon ein Killer-Argument.

Selbst Philipp Studhalter scheint die Hoffnung entglitten zu sein, dass die Reform der Super League am 16. März die erforderliche Mehrheit finden wird. Er sagt es zwar nicht so, aber es ist dem FCL-Präsidenten in seiner Gestik anzumerken.

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