45 Jahre alte Kanti Zug soll sofort saniert werden

«Im Sommer schwitzen die Schüler und im Winter frösteln sie»

Luftig ist die Kanti Luegeten in Zug nicht nur architektonisch, sondern auch in energetischer Hinsicht. (Bild: zvg)

Unter anderem Schüler der Kantonsschule Luegeten haben im Herbst in Zug fürs Klima gestreikt. Doch ausgerechnet ihre Schule ist eine CO2-Schleuder. Das soll sich, wenn es nach dem Willen der CVP geht, schnell ändern.

«Uns geht’s nicht um einen Klima-Hype, sondern um Taten, um auch nach den Wahlen etwas vor unserer eigenen Haustür bewegen zu können», sagte Anna Bieri, Vizepräsidentin der CVP des Kantons Zug, kürzlich am Dreikönigstreffen, an dem die Partei ihre politischen Ziele fürs kommende Jahr bekanntgab.

Tatsächlich will Bieri in diesem Jahr an ihrer eigenen Arbeitsstätte aktiv werden. Die Kantonsrätin unterrichtet Mathematik an der Kantonsschule Luegeten, mit über 1400 Schülerinnen und Schülern einer der grössten Mittelschulen der Schweiz.  

Wieviel Denkmalschutz braucht es?

Die Anlage stammt in ihrem Kern aus dem Jahr 1975 und ist in den 45 Jahren ihres Bestehens noch nie saniert worden. «Aus klimapolitischer Sicht ist das ein Unsinn», sagt Thomas Meierhans, Fraktionschef der CVP im Kantonsparlament. «Im Sommer schwitzen die Schüler und im Winter frösteln sie.»

Deshalb will die CVP in einem Postulat erreichen, dass die energetische Sanierung der Kantonschule unverzüglich an die Hand genommen wird. «Das muss neben dem laufenden Schulbetrieb erfolgen», sagt Meierhans. Erst solle die Regierung aber die Frage klären, ob die Kanti unter Denkmalschutzgesetz gestellt sein soll.

Vorbildliches Vorgehen in Menzingen

Weil noch nie eine Totalsanierung durchgeführt wurde, besteht für die Kantonsschule Luegeten lediglich eine Schutzvermutung – sie steht im Inventar der schützenswerten Baudenkmäler. Nach dem neuen gelockerten Zuger Denkmalschutzgesetz scheint es zwar ausgeschlossen, dass die Schule nach dem Buchstaben des Gesetzes geschützt werden muss. Aber weil der Kanton die Anlage besitzt, kann er sich freiwillig dazu entschliessen.

«Während unsere Schülerinnen und Schüler fürs Klima demonstrieren, fahren bei uns die Tanklastzüge vor.»

Anna Bieri, Kantonsschullehrerin und CVP-Vizepräsidentin

Die Architekten Leo Hafner (1924–2015) und Alfons Wiederkehr (1915–1985) haben im Kanton Zug zahlreiche Schulbauten im Stil der Nachkriegsmoderne realisiert. Zum Beispiel in Menzingen das Seminar Bernarda, das zum Kurzzeitgymnasium umgestaltet und kürzlich aufwendig saniert wurde. Dabei wurden zwei der fünf ursprünglichen Bauten des Ensembles niedergelegt und ersetzt. Drei Gebäude wurden indes sorgfältig erneuert und modernen Erfordernissen angepasst.

Vielfach erweiterter Baukomplex

Auch die Kanti Luegeten ist eine Gruppierung von verschiedenen Gebäuden. Der Kern der Anlage bildet Ober-, Untergymnasium, Bibliothek und eine erste Turnhalle. Der Baukomplex wurde in den 1980er-Jahren von Erich Weber und von 1999 bis 2003 von Enzmann Fischer erweitert. Jüngster Bau ist eine Dreifachturnhalle, die seit vorigem Jahr genutzt wird und vom Zuger Architekturbüro Wiederkehr Krummenacher stammt – den Nachfolgern von Hafner Wiederkehr.

Dieselben Architekten haben auch einen mehrstöckigen Holzbau am Rande des Geländes entworfen. Das Schulraumprovisorium ist hell und hat ein gutes Raumklima.

«Gott sei Dank habe ich im Provisorium Schule»

«Dadurch bin ich überhaupt erst auf die Problematik aufmerksam geworden», sagt Thomas Meierhans. Eine Kantonsschülerin aus seiner Nachbarschaft habe erleichtert ausgerufen: «Gott sei Dank habe ich heute Nachmittag im Provisorium Unterricht.» Anna Bieri kann dies verstehen: «Das Provisorium ist energietechnisch eines der besten Bauten auf dem Gelände.»

«Die älteren Gebäude entsprechen in verschiedenen Teilen energetisch nicht mehr dem aktuellen Standard.»

Florian Weber (FDP), Zuger Baudirektor

Anders als die Edelbaracke ist die alte Anlage aus den 1970er-Jahren schlecht isoliert. Die Deckenheizung trägt in hohen Räumen ebenfalls nicht zu warmen Füssen bei, wenn es draussen kalt ist.

Ursprünglicher Plan: Sanierung nach 2025

Das führt zu absurden Situationen. «Während unsere Schülerinnen und Schüler in der Stadt fürs Klima demonstrieren, fahren bei uns gleichzeitig die Tanklastzüge vor», sagt Anna Bieri.

Eine Sanierung der Anlage soll laut Baudirektor Florian Weber (FDP) «gemäss Finanzplan eigentlich ab 2025 ausgeführt werden». Die Planung sei derzeit im Gang. Der Kantonsrat muss dazu einen Planungskredit genehmigen, später einen Ausführungskredit der Instandsetzungsarbeiten.

Weber: «Sie rennen offene Türen ein»

Auch Weber weiss: «Die älteren Gebäude entsprechen in verschiedenen Teilen energetisch nicht mehr dem aktuellen Standard.» Eine Sanierung würde das Raumklima verbessern. Aber der Schulbetrieb sei durch die Problematik «grundsätzlich nicht beeinträchtigt», sagt er.

Die Regierung werde sich zum Postulat der CVP-Fraktion «für eine bildungs- und energiefreundliche Kantonsschule Zug» noch eingehend äussern, sagt Florian Weber. «Aber die Postulanten rennen mit ihrem Vorstoss bei uns offene Türen ein.»

Das Standort-Problem und der Ennetsee

Steht einer vorgezogenen Sanierung der Kanti also nichts im Wege? «Momentan ist auch eine Evaluation für einen weiteren Mittelschulstandort im Ennetsee oder in anderen Gemeinden im Gang», sagt Weber und erinnert so daran, dass die Chamer den geplanten Standort für eine neue Kanti im Röhrliberg abgelehnt haben. «Dies tangiert die geplante Sanierung des Standorts Zug, die selbstverständlich noch dem politischen Prozess unterliegt», so der Baudirektor.

Denn eine Möglichkeit der Mittelschulplanung wäre es, statt einen Standort im Ennetsee zu finden, einfach die Kanti in Zug weiter auszubauen. Dafür müsste man nicht einmal das alte Ensemble von Hafner Wiederkehr antasten. Im Süden des Areals besitzt der Kanton Zug nämlich noch eine Baulandreserve, die derzeit brach liegt.

Auch Alternative schlagen in dieselbe Kerbe

Politisch ist dem Anliegen der CVP Unterstützung aus andern Parteien gewiss. Die alternativen Kantonsräte Ivo Egger, Stéphanie Vuichard, Hanni Schriber-Neiger und Andreas Lustenberger hatten im September ein Postulat eingereicht, das vom Kanton die Klimaneutralität beim eigenen Gebäudepark fordert.

Schliesslich stammt die Hälfte der Kohlendioxid-Emmissionen hierzulande aus diesem Bereich. Die Zuger Baudirektion ist derzeit dabei, sich eine Meinung zu bilden, ob und wie dies erreicht werden kann.

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