FDPler will Luzerner Stadtpräsidium erobern

SP-Präsident: «Martin Merkis Begründung überrascht»

Ist oft am Mühlenplatz anzutreffen: Stadtrat Martin Merki (FDP) geniesst die belebte und doch ruhige Atmosphäre. (Bild: bra)

FDP-Stadtrat Martin Merki fordert den amtierenden Stapi Beat Züsli heraus. Mit Attacken auf den Amtsinhaber hält er sich zurück – dafür wirbt er damit, dass seine vermittelnde Persönlichkeit das Verhältnis zum Kanton entspannen könnte. Das bringt ihm Kritik ein.

«Nur schon aus Kollegialitätsgründen kommt das für mich nicht infrage.» Das sagte FDP-Stadtrat Martin Merki im Mai 2016 zu zentralplus. Merki hatte bei den Stadtratswahlen das beste Resultat aller elf Kandidaten erzielt. Es tauchte die Frage auf, ob er sich im zweiten Wahlgang eine Kandidatur gegen den amtierenden Stapi Stefan Roth (CVP) vorstellen könnte (zentralplus berichtete). Merki wollte nicht – bekanntlich zog Roth anschliessend gegen Beat Züsli (SP) den Kürzeren. Erstmals ging das Luzerner Stadtpräsidium damit in linke Hände über (zentralplus berichtete).

2020 will er. Martin Merki fordert Stadtpräsident Züsli heraus und will ihm das Amt des Stadtpräsidenten abluchsen (zentralplus berichtete). Weshalb wagt der 57-Jährige nun den Hosenlupf?

«Ich wurde von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, dass mich meine integrierende Art fürs Präsidium prädestiniert», sagt Merki zu zentralplus. Er habe sich länger mit dem Gedanken auseinandergesetzt. Merki will sich insbesondere für ein gutes Verhältnis zwischen der Stadt und dem Kanton einsetzen. «Mich beschäftigt, dass wir den Weg nicht mehr finden», sagt er. Als Stadtpräsident möchte er vermittelnd agieren.

Wird Merki Züsli attackieren? Wohl kaum

Ein gutes Einvernehmen scheint Merki wichtig zu sein. Doch nun öffnet er das Visier und schielt auf den Sitz von Stadtratskollege Beat Züsli. Die Frage, was er an dessen Arbeit zu kritisieren habe, beantwortet er nicht. «Dazu muss ich nichts sagen. Wir haben ein gutes Verhältnis miteinander. Jeder hat seine Persönlichkeit und ich bringe andere Voraussetzungen mit als Beat Züsli», so Merki.

«Natürlich hat meine Partei Freude.»

Martin Merki

Überraschend ist Merkis Kandidatur allemal. Und sie kommt kurzfristig – schliesslich findet die Wahl bereits am 29. März statt. Warum liess er sich so lange Zeit? Eine «berechtigte Frage» findet Merki. Er begründet, dass die Entscheidungsfindung Zeit gebraucht habe. Und dennoch stellt sich die Frage: Macht es Merki nicht einfach seiner Partei zuliebe? Endlich haben die Bürgerlichen einen Kandidaten fürs Präsidium gefunden, der breiten Rückhalt geniesst. Von SVP-Kandidat Silvio Bonzanigo, der viele Jahre in der CVP war, kann man dies nicht behaupten (zentralplus berichtete).

Merki sagt: «Natürlich hat meine Partei Freude.» Nach dem Verlust von zwei von fünf Sitzen in der Stadt Luzern bei den Kantonsratswahlen können die Liberalen ein Zugpferd für die Parlamentswahlen (aktuell neun Mandate) gebrauchen. Und doch sei er nicht überredet worden. «Es ist meine eigene Entscheidung. Ich bin hochmotiviert», sagt er.

«Ein Stadtpräsident muss die Interessen der Stadtbevölkerung vertreten.»

Claudio Soldati, SP-Präsident

Die SVP will ihre Kandidatur fürs Präsidium nun zu Gunsten von Merki zurückziehen. Und auch die CVP wird Merki wohl unterstützen. «Wir werden dies zu Handen der Mitgliederversammlung so beantragen», sagt Parteipräsidentin Karin Stadelmann.

SP-Präsident sieht Konflikte mit dem Kanton

«Wir haben eine bürgerliche Kandidatur erwartet», sagt SP-Parteipräsident Claudio Soldati zur neuen Ausgangslage. Insofern hält sich seine Überraschung in Grenzen. «Viel eher irritiert uns Merkis Begründung für die Kandidatur.» Es entstehe der Eindruck, nur ein Bürgerlicher könne erfolgreich mit dem Kanton zusammenarbeiten. «Die Haltung von Merki ist, dass nur dann eine Zusammenarbeit gut funktioniere, wenn man gegenüber dem Kanton den Bückling macht.»

«Beat Züsli ist weniger ein Showman, wie es sein Vorgänger Stefan Roth war.»

Claudio Soldati

Soldati mahnt: «Martin Merki will mit seinen bürgerlichen Kollegen in der Kantonsregierung auf Harmonie machen. Ein Stadtpräsident muss jedoch die Interessen der Stadtbevölkerung vertreten, da komme es bisweilen zu Meinungsverschiedenheiten, gerade mit einer reinen bürgerlichen Männerregierung.» Es gebe nun einmal arge Konflikte mit dem Kanton, sei es bei der Spange Nord oder der Finanz- und Steuerpolitik.

Soldati lobt Züsli

Für Soldati ist klar, dass das Präsidium in linke Hände gehört. «Die FDP holte bei den letzten Kantonsratswahlen gerade einmal 15 Prozent Wähleranteile in der Stadt.» Wie man damit einen Anspruch begründen könne, erschliesst sich für Soldati nicht.

«Ich erwarte Offenheit und eine sachliche Auseinandersetzung mit meiner Kandidatur.»

Martin Merki

Angetan ist Soldati von der bisherigen Arbeit von Stadtpräsident Beat Züsli. Dass er «wenig spürbar» sei, wie Bürgerliche oft behaupten, stellt er in Abrede. «Beat Züsli ist ein Chrampfer und weniger ein Showman, wie es sein Vorgänger Stefan Roth war.» Mit seiner ruhigen, pragmatischen Art, aber dennoch einer klaren Haltung, komme er gut an, erklärt der SP-Parteipräsident. Dass die Kritik an seiner Arbeit angesichts des Wahlkampfes und des bürgerlichen Angriffes auf das Stadtpräsidium zunehmen werde, bezeichnet Soldati als «nur logisch».

Wie streitlustig ist Merki?

Auf die Kritik, die FDP habe keinen Anspruch aufs Präsidium, sagt Merki: «Bei den letzten städtischen Wahlen waren wir die zweitstärkste Partei.» Er biete nun eine Auswahl, wie es die SP im Übrigen mit ihrer Zweierkandidatur für den Stadtrat auch biete. «Ich erwarte Offenheit und eine sachliche Auseinandersetzung mit meiner Kandidatur», so Merki.

Von Harmoniebedürftigkeit gegenüber der Kantonsregierung will der FDP-Politiker nichts wissen. «Selbstverständlich würde ich die Haltung des Gesamtstadtrates vertreten», sagt er. «Aber aufgrund meines parteipolitischen Umfelds bringe ich gute Voraussetzungen mit, um die Haltung der Stadt gut zu erklären und so für mehr Verständnis zu werben», sagt Merki. Er sei bereit, Kompromisse zu schliessen. «Aber harmoniebedürftig bin ich also nicht.»

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3 Kommentare
  • Profilfoto von CScherrer
    CScherrer, 07.01.2020, 09:41 Uhr

    Die FDP und der von ihr propagierte Liberalismus haben ausgedient. Noch immer steht die FDP für noch mehr Deregulierung für Grosskonzerne, was stets zum Nachteil der Arbeitnehmer ist. Schlussendlich ist die FDP eine neoliberale Kartellspartei der Banken, Versicherungen und anderen Grossunternehmen. Die FDP hat nichts, aber auch gar nichts im Stadtpräsidium verloren. Es gilt mit allen Kräften einen FDP-Stadtpräsidenten zu verhindern. Eine Politik nur für Unternehmen, nicht aber für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt hat keine Zukunft.

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    • Profilfoto von BK
      BK, 08.01.2020, 12:34 Uhr

      Die Logik von CScherrer erschliesst sich mir nicht: ein florierendes Unternehmen (z.bsp. Gefördert durch Deregulierungen) soll stets zum Nachteil von Arbeitnehmer sein? Oder meint er, dass Unternehmen generell zum Nachteil von Arbeitnehmer sind? Ergo soll es nur noch Staatsbetriebe geben? Was hat da schon wieder ausgedient?

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    • Profilfoto von Stadtmensch
      Stadtmensch, 04.02.2020, 14:01 Uhr

      Werte(r) BK: die Stadt Luzern ist kein Unternehmen. Wir LEBEN hier. Züsli macht‘s richtig. Sagt ja auch Merki.

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