Troubadour im ausverkauften KKL

Luzerner Sängerin macht entfesselten Stephan Eicher happy

Nicht ganz von dieser Welt: der entfesselte Stephan Eicher. (Bild: Marco Masiello)

Künstler top, Techniker flop: Es war ein zwiespältiger Abend mit Stephan Eicher im ausverkauften KKL Luzern. Der Berner Troubadour spielte nach Jahren der Blockade aufgrund von Streitereien mit der Musikbranche wieder wie entfesselt. Doch Sound und Licht waren fehlerhaft. Gut gab es die Luzernerin Heidi Happy, die Eicher versöhnte.

Houdini – an ihn muss man denken, wenn man den neuen Stephan Eicher sieht: stechender Blick, verwegen und verschmitzt – nicht ganz von dieser Welt. Exaltiert präsentiert sich der 59-jährige Wahlzürcher aus Bern derzeit mit Zwirbelbart und langer Mähne.

Wie ein Entfesselungskünstler schlug er sich auch sieben Jahre lang mit schweren Ketten herum: mit den juristischen Fussfesseln der Musikmächtigen. Er hatte genug von Albumproduktionen sowie Plattenfirmen und verlegte sich in dieser Pattsituation auf Konzerte: Eicher spielte seine altbekannten Songs solo mit einem Maschinenpark, feierte mit Autor Martin Suter eine erfolgreiche «Song Book»-Tournee und machte unlängst mit dem «Balkan-Gebläse» der Band Traktorkestar als Gastmusiker in der Schüür Halt (zentralplus berichtete).

Rechte an seinem Lied verloren

Die Musikmogule hatten im Vergleich zu Eicher zwei Vorteile: «Viel Geld und Zeit», wie der Sänger bei der Ankündigung eines seiner grössten Hits «Déjeuner en paix» am Montagabend im KKL erklärte. Allerdings tat er das mit einem Lächeln: Er habe zwar die Rechte an seinem Lied verloren – aber das Publikum könne es ja auch ohne ihn singen. Was es dann auch inbrünstig tat und den treibenden Rocksong zu einem der lauten Höhepunkte trieb.

Schneeballeffekt: Da wird wild angefeuert. (Bild: Marco Masiello)

Eicher rockte mit seiner gut disponierten Band deftig und heftig, zumal bei den französischen Songs. Es kam zum Schneeballeffekt, bei dem das Kaleidoskop-Streichquartett und die fünfköpfige Band Eicher wild anfeuerten. Schade, dass bei diesem «Tutti» oft ein Klangbrei zu hören war – und die poetischen Texte leider auf der Strecke blieben. Für einmal war es ein erstaunlich schlechter Soundmix im sonst so stupend ausgestimmten KKL-Konzertsaal. Gut, konnten die Fans diese Lieder auswendig mitsingen.

Sound und Licht schwach

Irritierend überdies, dass im Balkon immer wieder die hellblauen Neonlichter an- und ausgingen, was im Gegensatz zur dezenten Beleuchtung auf der Bühne stand. Unten im Saal setzte man auf gelungene Illumination wie im grossen Kino: Zehn Filmleuchten inszenierten die zehn Musiker glamourös.

Grosses Kino: Zehn Filmleuchten inszenierten die zehn Musiker. (Bild: Marco Masiello)

Es ging aber auch leise zu und her, dafür waren vor allem Lieder aus der Feder des Autors und Eicher-Freundes Martin Suter zuständig: «Weis nid was es isch» oder «Still». Hier griff auch die Akustik, anders als bei den treibenderen Songs. 

«Sie wissen nicht, wohin sie gehören.»

Stephan Eicher über die neuen Lieder

Entfesselung ist bei diesem Konzert ein wichtiges Stichwort: Der jenische Wurzeln aufweisende Eicher scheint froh zu sein, wieder ein geregeltes Troubadour-Leben zu haben. Und auch neue Lieder. «Homeless Songs» heissen neues Album und Tournee, und sie geben vielen eine Heimat, eine gefühlte Identität: Es sind traurige Lieder von Einsamen, die gemäss Eicher «nicht wissen, wohin sie gehören».

Eine Art ruhender Pol am Rande: Heidi Happy (rechts) als versierte Sidewoman. (Bild: Marco Masiello)

Eicher weiss immerhin, dass er auf die Bühne gehört. Hier wirkt er nach wie vor präsent und authentisch, charmant und spontan. Und weiss genau, wie man sich Freunde schafft. An seine Seite holte er sich die 39-jährige Heidi Happy, die in Luzern gross wurde.

Schon Yello betört

Sie hatte vor zehn Jahren schon Gastauftritte mit den anderen grossen Schweizern, mit Yello. Auf deren «Touch»-Album setzte sie Glanzlichter, auf der kleinen Yello-Tour betörte sie ihr Publikum. So wie am Montag auch das ausverkaufte KKL. Mit einem eigenen Song und dem traurigen Duett in «Still».

Laut Eicher ist Heidi Happy «ein ganz wichtiger Grund für diese Tour». Sie machte ihn lächeln – er revanchierte sich mit einem galanten Handkuss.

Happy, auch dank der Heidi: Stephan Eicher. (Bild: Marco Masiello)
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