In Luzern gingen die ersten Hackdays über die Bühne

36 Stunden am Computer: Hacker tüfteln für den Tourismus

Gegen Ende der Hackdays waren die Augen einiger Teilnehmer etwas kleiner geworden. (Bild: HSLU/Patrick Kälin)

In Laboratorium Luzern hackten und programmierten Studenten der Hochschule Luzern und weitere Interessierte knapp zwei Tage lang, um von Tourismusregionen gestellte Aufgaben zu bewältigen. Entstanden sind Projekte, für die sonst Jahre gebraucht werden.

Der deutsche Computeraktivist Wau Holland prägte die Formulierung: «Ein Hacker ist jemand, der versucht, einen Weg zu finden, wie man mit einer Kaffeemaschine Toast zubereiten kann.» Umgemünzt auf den Luzerner Tourismus, hiess es dieses Wochenende: Öffentliche Wlan-Hotspots in der Stadt Luzern sollen genutzt werden, damit Touristen ganz individuelle Touren durch die Stadt erstellen können. Klingt unrealistisch? Nicht für eine der Gruppen an den ersten Open Data Hackdays im Laboratorium Luzern.

Dort rauchten von Freitagmorgen bis Samstagnachmittag 36 Stunden lang die Köpfe. Viel geschlafen wurde dazwischen nicht. «Die Letzten verliessen das Laboratorium um etwa halb drei morgens«, erzählt die Medienverantwortliche Stephana Müller. Ziel der Hackdays war es, mithilfe von bereitgestellten Daten Lösungen für touristische Herausforderungen zu kreieren. Herausforderungen, die im Vorfeld von Tourismusdestinationen formuliert wurden.

36 Stunden statt mehrere Jahre

Was normalerweise Jahre in Anspruch nimmt, etwa die Entwicklung einer App, sollte hier innerhalb eineinhalb Tage bewerkstelligt werden. Entsprechend fokussiert sind die insgesamt zehn Gruppen beim Augenschein vor Ort über ihre Rechner gebeugt, es wird gebrainstormt, skizziert und programmiert. Jeweils eine Gruppe mit durchschnittlich fünf bis sechs Leuten teilt sich einen Tisch.

Ständiger Austausch innerhalb der Gruppe war gefragt. (Bild: HSLU/Patrick Kälin)

Die meisten Teilnehmer sind zwischen 25 und 30 Jahre alt und studieren an der Hochschule Luzern. Sie absolvieren den Masterstudiengang in Applied Information and Data Science. Im Rahmen eines Moduls dieses Studiengangs finden die Hackdays denn auch statt – die Projekte fliessen gar in die Benotung ein. Auch die Organisatorinnen rund um das siebenköpfige OK-Team sind von der Hochschule Luzern.

Die Fäden laufen bei Tanja Schär zusammen. Sie sagt: «Die Organisation dauerte rund ein halbes Jahr und gestaltete sich ziemlich aufwendig. Unter anderem, was die Beschaffung und Aufbereitung der Daten anbelangt.» Dabei unterstützt wurden sie von Open Data. Open Data ist die Schweizer Sektion der Open Knowledge Foundation. Ihr Ziel ist es, Daten öffentlich, frei verfügbar und nutzbar zu machen, um die Transparenz zu fördern.

Tourismusorganisationen mit Aufholbedarf

Nicht nur als Partner, sondern auch als Sponsor trat das Tourist Office Lab (TOL) auf, eine Wissens- und Netzwerkplattform für Themen rund um Gästeinformation und Gästebetreuung im Schweizer Tourismus. Ihr Ziel ist die Verknüpfung von Schweizer Tourismusbüros und -destinationen.

Der TOL-Chef und Solothurner Tourismusdirektor Jürgen Hofer ist im Laboratorium ebenfalls anwesend. Er sagt: «Die Tourismusorganisationen haben punkto Digitalisierung noch viel Luft nach oben. Beispielsweise nur schon, was die Frequenzzälung im Tourismusbüro anbelangt. Diese erfolgt teilweise noch via Strichliste.» Ein geeignetes Tool dafür zu entwickelten, sei jedoch gar nicht so simpel.

Die «Wlan-Luzern-Gruppe» bei der Arbeit. (Bild: HSLU/Patrick Kälin)

Es sei wichtig, dass an den Hackdays Freiraum geboten wird, wo scheitern erlaubt ist. «Man probiert etwas aus. Und entweder funktioniert es oder nicht – dann sucht man eben einen anderen Weg», so Hofer. Es sei beeindruckend, was hier in solch kurzer Zeit auf die Beine gestellt worden sei.

Wie können Logins genutzt werden?

Tatsächlich sind die präsentierten Projekte teilweise schon sehr ausgereift, womit wir zurück bei der eingangs erwähnten Gruppe sind. Sie hatten zwar einige Hürden zu überwinden, wie dass der Laptop hie und da an seine Leistungsgrenzen stiess, doch klingt ihr Ansatz verheissungsvoll. Ihre Aufgabe war es, anhand der WiFi-Logins über das Netzwerk Free WiFi – Luzern.com (letztes Jahr 30'000 Logins) einen Weg zu finden, wie die Stadt Luzern von den Daten profitieren kann.

Das Laboratorium an der Sternmattstrasse wird normalerweise als Co-Working-Space gebraucht. (Bild: HSLU/Patrick Kälin)

Über die 240 Zugangsstellen hat die Gruppe saisonale Unterschiede feststellen können. So wurden die Stellen in der Altstadt während der Fasnacht wesentlich öfters benutzt, im Sommer jene am See entlang. Dank der Daten soll es nun möglich werden, dass die Touristen nach dem Einloggen ins Wlan ihre eigene Tour planen können. Die Touristen können festlegen, ob sie ihren Schwerpunkt lieber auf Essen, Geschichte, Shopping oder vielleicht doch Sightseeing legen wollen.

Anschliessend können die Nutzer aus den gemachten Vorschlägen auswählen, was sie besuchen möchten. Ein Algorithmus berechnet dann nicht nur die ideale Route, um beispielsweise den Touristenströmen auszuweichen, sondern streicht auch automatisch jene Vorschläge raus, die aufgrund der Öffnungszeiten zu diesem Zeitpunkt nicht zugänglich sind. Jedes Mal, wenn ein Punkt auf der individuellen Route abgehakt werden kann, erscheint auf dem Handy der nächste sowie der Weg dorthin.

Keine einmalige Sache

Eine andere Gruppe verfolgte den Ansatz, die Luzerner Gästekarte digital, sprich als App zu gestalten. Das mögliche Design und die Menüführung konnten sie bereits aufzeigen. Auch andere Tourismusregionen kamen zum Zug, so wurde unter anderem die Idee einer Tourismus-App für die Region Thurgau-Bodensee entwickelt. Für andere Regionen wurde versucht, zu prognostizieren, wie viele Gäste an einem bestimmten Tag kommen würden.

Organisatorin Tanja Schär ist mehr als zufrieden mit der Premiere der Open Data Hackdays. (Bild: sib)

Ziel ist es, dass die zwei bis drei erfolgsversprechendsten Projekte weiterverfolgt werden. Damit könnten die Open Data Hackdays tatsächlich einmal «den Tourismus in der Schweiz aufmischen», wie es die Veranstalter auf der Website formulieren.

Die Hackdays im Laboratorium Luzern gingen zum ersten, doch definitiv nicht zum letzten Mal über die Bühne. Bereits steht fest, dass die Studenten nächstes Jahr den Event wieder organisieren werden. Dann unter dem Motto «shaping our city».

Gespanntes Zuhören bei der Präsentation der Projekte. (Bild: HSLU/Patrick Kälin)
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