Urteil des Zuger Obergerichts steht fest

«Böseste Frau der Welt» wegen Nötigung schuldig gesprochen

Das Zuger Obergericht folgte nur in Teilen dem Urteil der Voristanz. (Bild: mbe)

Eine gebürtige Kosovarin soll von ihrem damaligen Mann und dessen Eltern in der gemeinsamen Wohnung eingesperrt worden sein. Im Sommer befasste sich das Zuger Obergericht mit dem Fall. Das Urteil zeigt nun: Ganz so eindeutig ist der Fall nicht.

Bei der Verhandlung am Zuger Strafgericht vor gut einem Jahr liess die Privatklägerin kein gutes Haar an ihrer Schwiegermutter. Die 61-Jährige vereine alles Schlechte in sich und sei die «böseste Frau der Welt» (zentralplus berichtete). Sie warf der Frau vor, sie über einen Zeitraum von knapp zwei Jahren regelmässig in der gemeinsamen Wohnung eingesperrt zu haben.

Die Schwiegermutter wurde vom Strafgericht wegen Nötigung und mehrfacher Freiheitsberaubung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten sowie zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt (zentralplus berichtete).

Alle wohnten unter einem Dach

Nicht nur die Schwiegermutter, sondern auch der Schwiegervater (63) und der Ex-Mann (42) mussten sich vor Gericht verantworten, sie alle lebten gemeinsam in der Wohnung im Kanton Zug und sollen dafür gesorgt haben, dass das Opfer nicht ein- und ausgehen konnte, wann es wollte.

Für den Vater setzte es eine bedingte Geldstrafe sowie eine Busse. Der Ex-Mann kassierte bedingt eine Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe sowie eine Busse. Bei den beiden Männern kam auch noch eine Widerhandlung gegen das Waffengesetz wegen eines Klappmessers dazu. Ausserdem soll der Ex-Mann das Opfer mehrmals mit dem Tod bedroht haben. Kontakt pflegen die beiden schon länger nicht mehr.

Neben dem Einsperren in der Wohnung soll der Hauptangeklagte eines Abends im April 2016 zudem seine damalige Frau gewaltsam zurück in die Wohnung gebracht haben, als sie nach einem Streit ins Treppenhaus gerannt war und um Hilfe geschrien hatte. Wieder in der Wohnung, habe der Hauptangeklagte ausserdem das Opfer mit der flachen Hand gegen die Schulter geschlagen, so dass dieses zuerst gegen den Schrank und dann zu Boden prallte. Davon zeugten Blutergüsse.

Gericht zweifelt an Vorwürfen des Opfers

Alle drei Angeklagten haben das Urteil angefochten. Nach der Verhandlung im Juli liegt nun das Urteil des Obergerichts vor. Die Richter bestätigen das Urteil der Vorinstanz nur teils. Im Gegensatz zum Strafgericht hegt das Obergericht Zweifel daran, dass das Opfer wirklich keine Möglichkeit hatte, die Wohnung zu verlassen. Die Aussagen des Opfers seien nicht wirklich glaubhaft. Einerseits seien ihre Angaben, wie oft sie eingesperrt gewesen war, nicht konkret genug. Auf der anderen Seite werfe es Fragen auf, dass die Vertrauenspersonen des Opfers nichts «über die Tragweite dieses intensiven Einsperrens» gewusst hatten.

Übrig bleiben somit vor allem die Vorwürfe rund um die Geschehnisse, als das Opfer einmal gewaltsam in die Wohnung zurückgebracht wurde. Hierbei folgt das Obergericht der Argumentation der Vorinstanz.

Genugtuung geht an Stiftung

Im Falle des Ex-Mannes bleibt es bei einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 90 Franken und einer 300-fränkigen Busse. Ausserdem muss er seiner Ex-Frau eine Genugtuung von 500 Franken bezahlen. Der Betrag geht an eine Stiftung für Kinder in der Schweiz. Einzig vom Vorwurf der Gehilfenschaft zur mehrfachen Freiheitsberaubung durch Unterlassen wird er freigesprochen.

Dies, weil aus Sicht des Obergerichts nicht genügend Beweise vorliegen, dass das Opfer tatsächlich «vorsätzlich und in strafrechtlich relevanter Weise» von seiner Schwiegermutter eingeschlossen wurde. Entsprechend sei es auch nicht erwiesen, dass der Hauptangeklagte es unterliess, etwas dagegen zu unternehmen.

Schwiegereltern sind schuldig gesprochen

Aus diesem Grund wird die Schwiegermutter auch vom Vorwurf der mehrfachen Freiheitsberaubung freigesprochen. Wegen Nötigung verurteilt das Gericht sie jedoch zu einer bedingten Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu 30 Franken. Wegen des gleichen Delikts setzt es für den Schwiegervater eine bedingte Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu 90 Franken.

Die drei Angeklagten haben die Möglichkeit, das Urteil ans Bundesgericht weiterzuziehen.

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