Fachstelle für Gleichstellung wird geprüft

Nach dem Frauenstreik: Luzerner Stadtrat will handeln

Rund fünf Monate nach dem Frauenstreik will auch der Stadtrat Wind in Sachen Gleichstellung und Lohngleichheit bringen. (Bild: ida)

Es tut sich was in Sachen Gleichstellung: Künftig müssen Unternehmen, die im Auftrag der Stadt Luzern handeln, Lohnkontrollen über sich ergehen lassen. Zudem ortet die Stadt Luzern bei den Löhnen von Männern und denjenigen von Frauen in der Verwaltung Nachholbedarf.

«Azelle, Bölle schäle, ufe mit de Fraue-Chöhle!»: Mit diesen Worten zogen am 14. Juni Tausende durch die Strassen Luzerns. Pink, Violett und Lila dominierten, die tanzenden und lauten Frauen brachten die Strassen zum Beben (zentralplus berichtete):

(Bild: ida)

Die Stimmen wurden nicht weniger laut. Das Luzerner Frauenstreik-Komitee forderte vom Regierungsrat mittels Petition unter anderem einen ausführlichen Bericht zur Gleichstellungspolitik (zentralplus berichtete).

Fachstelle für Gleichstellung gefordert

Auch auf städtischer Ebene wird das Thema in der Politik diskutiert. Unter anderem kritisierte der grüne Grossstadtrat Marco Müller, dass es zwar eine eigene Fachstelle für Altersfragen und Wirtschaftsfragen gibt – jedoch keine für Geschlechterfragen. Seine Fraktion verlangte gemeinsam mit der SP und den Grünliberalen in einer Motion, dass eine Fachstelle für Gleichstellung geschaffen wird (zentralplus berichtete).

Ein Blick nach Zürich und Bern zeigt ein anderes Bild: In beiden Städten gibt es eine Fachstelle für Themen rund um Gleichstellung. In Zürich ist diese mit 6,5 Vollzeitstellen besetzt, in Bern mit rund 3,5. Beide Städte sind Mitglied im «Rainbow Cities Network». Das ist ein Netzwerk, das gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Intersex- und Transmenschen kämpft. Die Stadt Luzern lehnte den Beitritt ab – aus Ressourcengründen (zentralplus berichtete).

Bis jetzt überprüft in der Stadt Luzern einzig die Abteilung Personal für die städtischen Mitarbeitenden, ob man sich an die Gesetze hält. In keiner Direktion oder Dienstabteilung werden für Fragen rund um Geschlechtergleichheit explizit definierte Stellenprozente freigeschaufelt.

Nicht mehr zeitgemäss

Das reicht nicht – und ist nicht mehr zeitgemäss, findet der Stadtrat. In seiner Stellungnahme zur Motion schreibt er: «Es fehlt eine steuernde Struktur.»

«Die Aufgaben im Bereich Gleichstellung/LGBTI nehmen zu, ohne dass in der städtischen Verwaltung personelle Ressourcen und Fachkompetenzen aufgebaut werden konnten.»

Der Stadtrat in seiner Stellungnahme

Der Stadtrat will deshalb aktiv werden. Denn auch er sieht Nachholbedarf – nicht nur bei der Gleichstellung zwischen Mann und Frau, sondern auch bei der queeren Community. «Die Aufgaben im Bereich Gleichstellung/LGBTI nehmen zu, ohne dass in der städtischen Verwaltung personelle Ressourcen und Fachkompetenzen aufgebaut werden konnten», kritisiert der Stadtrat in seiner Stellungnahme. «Eine fachliche Begleitung und Angebote für intern, aber auch für die Öffentlichkeit, für Unternehmen und Organisationen fehlen.»

Eine Fachstelle müsste «zumindest im Sinne einer Kontakt- und Koordinationsstelle» die wichtigsten Akteurinnen und Akteure der Verwaltung und der Öffentlichkeit koordinieren, begleiten und bei der Umsetzung von Gleichstellungsmassnahmen unterstützen. Der Stadtrat will nun in einem Projekt prüfen, wie eine solche Fachstelle geschaffen werden könnte.

Lohndiskriminierung: 3 Prozent nicht erklärbar

Um in Sachen Gleichstellung ein politisches Zeichen zu setzen, unterschrieb die Stadt vor über zwei Jahren die eidgenössische Charta der Lohngleichheit. So nahm die Stadt auch am Monitoring Lohngleichheit des Bundes teil. Dabei stellte man bei der Stadt Luzern eine Lohndifferenz von 11,2 Prozent zwischen Mann und Frau fest. Davon sind laut neuestem Stand 3 Prozent nicht erklärbar.

SP-Grossstadträtin Maria Pilotto wollte mittels Interpellation wissen, was der Stadtrat dagegen tut. In seiner Antwort schreibt dieser, dass er im Budget des nächsten Jahres 80'000 Franken für Massnahmen vorgesehen hat. Die Dienstabteilung Personal werde gemeinsam mit einer externen Beratungsfirma die Lohngerechtigkeit analysieren. Zudem werde die Dienstabteilung prüfen, wie das Geld eingesetzt werden kann, um die Löhne individuell anzupassen.

Nur mit Selbstdeklarationen gibts keine Lohngleichheit

Die Unterzeichnung der eidgenössischen Charta für Lohngleichheit im öffentlichen Sektor verlangt aber auch, dass sich Unternehmen, die von der Stadt bei öffentlichen Beschaffungen den Zuschlag erhalten, selber zur Lohngleichheit verpflichten. Aber auch diejenigen Unternehmen, die eine Leistungsvereinbarung mit der Stadt haben.

Pilotto forderte in einem weiteren Postulat, dass diese Unternehmen stichprobenartig kontrolliert werden, um zu prüfen, ob sie sich auch wirklich daran halten.

Der Stadtrat hat sich – gestützt auf diese Charta – bisher vor allem auf die Selbstdeklaration der Unternehmen verlassen. Dass das nicht reicht, zeigt ein Blick nach Zürich – wo solche Kontrollen bereits durchgeführt werden. Bei jedem zehnten kontrollierten Unternehmen wurde eine systematische Lohndiskriminierung festgestellt.

Die Stadt Zürich ist mit den Kontrollen zufrieden. Nach einer Pilotphase entschied sie sich, diese weiterhin durchzuführen. Dafür werden jährlich zirka 20 Prozent interne Ressourcen und rund 44'000 Franken eingesetzt.

Der Stadtrat schreibt denn auch in seiner Stellungnahme, dass es mehr braucht: «Nur mit den Selbstdeklarationen kann die Einhaltung der Lohngleichheit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht gewährt werden.»

Zürich dient als Vorbild

Die Stadt Luzern will nun prüfen, inwiefern sie das Vorgehen der Stadt Zürich adaptieren kann.

«Wie, durch wen und wie oft die Kontrollen durchgeführt werden, ist indes noch zu klären.»

Der Stadtrat in seiner Stellungnahme

Dass es Kontrollen braucht, sei unbestritten. «Wie, durch wen und wie oft diese durchgeführt werden, ist indes noch zu klären.» Der Aufwand und die Kosten für die Kontrollen dürften ähnlich hoch sein wie in Zürich. Der Luzerner Stadtrat geht von sechs Kontrollen jährlich aus – und einem personellen internen Aufwand von 5 bis 10 Prozent und Kosten von rund 20'000 Franken.

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