Zuger Kantonsrat schmettert Petition ab

5000 Unterschriften für Brüggli-Camping sind nicht genug

Die Stellplätze für Camper sollen bald Vergangenheit angehören. (Bild: wia)

Der letzte Campingplatz am Zugersee soll 2022 verschwinden. Zwar setzen sich über 5000 Bürger für seinen Weiterbestand ein. Doch Stadt und Korporation Zug schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu – und auch das Kantonsparlament verpasst es, Stellung zu beziehen.

Nach kurzer Diskussion machte das Zuger Kantonsparlament am Donnerstag kurzen Prozess mit der Petition «Ja zum Campingplatz Zugersee». Diese verlangte, die Aufhebung des Campingplatzes Brüggli in Zug aus dem kantonalen Richtplan zu streichen.

Mit 16 zu 54 Stimmen wurde die Überweisung der Bittschrift an die Regierung abgelehnt. Keine einzige Fraktion konnte sich dazu durchringen. Am meisten Sympathie erfuhr das Anliegen noch in den Kreisen der Zuger Christdemokratie.

Bequemer Ausweg

Dankbar waren die Politiker aller Couleur für die spitzfindige Empfehlung der Justizprüfungskommission, welche die Petition deshalb zur Ablehnung empfahl, weil der aktuelle Richtplan Campieren ja gar nicht verbiete (zentralplus berichtete).  Nur die «fixen Stellplätze» müssten weg.

Dass 5000 Unterschriften in einem kleinen Kanton aber doch eine beeindruckende Anzahl ist, spiegelt sich etwa in den Erklärungen der SP- und ALG-Fraktion. Diese wollten zwar am Richtplanbschluss festhalten, waren dann aber doch fürs Campieren im Allgemeinen und fixe Stellplätze im Besonderen. Wer die aber wo realisieren soll, lassen die meisten linken Kantonsrätinnen und Kantonsräte ebenso wie der Rest des Parlaments offen.

Was sind fixe Stellplätze?

Das Problem beim Namen benannt haben nur einige Stadtzuger Politiker: Etwa die CVP-Kantonsräte Richard Rüegg oder Manuela Leemann, die gerne von der Regierung wissen wollte, was «fixe Stellplätze» sein sollen.

Denn der TCS-Camping im Brüggli ist nur ein halbes Jahr lang geöffnet. Die gut 30 Saison-Campierer – oft ausgewanderte Zuger, die zum Broterwerb vorübergehend in die Heimat zurückkehren – können schon deshalb keine getarnten Ferienhäuser aus ihren Campingwagen machen, weil sie diese jeden Oktober wieder abräumen müssen.

Der TCS-Campingplatz Brüggli in Zug wird derzeit winterfest gemacht – seit 13. Oktober ist er geschlossen. (Bild: mam)

Verweis auf die Korporation

Was fixe Stellplätze sind, müsse die Korporation festlegen, sagte Baudirektor Florian Weber (FDP) und flüchtete so aus der Verantwortung. Seine Haltung ist symptomatisch für viele Akteure in dieser Angelegenheit: Die Korporation Zug, welcher das Gelände am Brüggli gehört, wollte vor der Parlamentsdebatte auf Anfrage von zentralplus nichts zur Zukunft des Brügglis sagen.

Es gelte den Entscheid des Kantonsrats abzuwarten und auch auf städtischer Ebene seien politische Vorstösse zu bereinigen, bevor man neue Gespräche in Angriff nehme. Der Kanton verweist auf die Korporation, welche als Landeigentümerin das letzte Wort  zum Gelände habe. Und auch Gesprächspartner bei der Stadt Zug meinen dasselbe.

Stadt Zug darf Gelände nutzen

Die Stadt ist aber nicht so ohnmächtig, wie sie tut: In einem Vertrag aus den 1980er-Jahren hat ihr die Korporation zugestanden, das Gelände für die Öffentlichkeit nützen zu dürfen – eben deswegen gibt es heute den öffentlichen Badepark Brüggli.

Gern hätte zentralplus von der zuständigen Stadträtin Eliane Birchmeier (FDP) erfahren, was sie zur Idee der kantonalen Justizprüfungskommission meint, dass man auf dem dereinst umgestalteten Brüggli auch weiterhin Zelte aufstellen könne.

Doch die Bauvorsteherin bat um Geduld: Dasselbe wollten vor Jahresfrist schon die beiden Grünliberalen Stefan W. Huber und David Meyer wissen. Ihre Interpellation, die auf einen kleineren Zeltplatz abzielt, ist aber wegen der kantonalen Petition «Ja zum Campingplatz Zugersee» immer noch unbeantwortet.

Polizisten gefordert

Klar ist: Wild Campieren ist in der Schweiz eigentlich verboten und würde von der Zuger Polizei, die beim Brüggli oft patrouillert, um Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten, kaum toleriert.

Die Pattsituation und die Unklarheit nervt Politiker wie Rüegg oder Leemann. Denn am Brüggli gibt es mit den steigenden Besucherzahlen ein gravierendes Verkehrsproblem, das sich Jahr für Jahr verschärft.

Verkehrsproblem wird immer schlimmer

Am Chamer Fussweg, wo sich Fussgänger, Velofahrer und Autofahrer begegnen, existiert ein erhebliches Unfallrisiko. Daher hat die Korporation Steinklötze auch auf die Badewiese setzen lassen, damit sie nicht befahren oder zugeparkt werden kann.

Die Stadt Zug lässt an Tagen mit hohem Besucherandrang gleich die gesamte Zufahrt zum Brüggli von Securitaswächtern sperren und verweigert den Besuchern jegliche motorisierte Annäherungsversuche. 

Aufwertung kann vieles heissen

In diesem Zusammenhang interessiert, dass 2013 im Leitbild Lorzenebene nicht nur eine Aufhebung des TCS-Campings angedacht war, sondern auch eine Aufhebung der Parkplätze am Chamer Fussweg.

Das Brüggli soll nach wie vor aufgewertet werden. Manuela Leemann, welche sich im Kantonsrat für die Bittschrift einsetzte, fragte rhetorisch, was dies genau bedeute. Weitere öffentliche Sportfelder? Einen Basketballplatz oder eine leere grosse Wiese, wie es sie schon auf der Schützenmatt gäbe?

Die Idee mit dem Restaurant

Die Antwort kennt sie aus dem Leitbild Lorzenebene. Die Aufwertung des Brügglis sollte ursprünglich einhergehen mit dem Bau eines Restaurants anstelle des Camping-Gebäudes – samt Umkleidemöglichkeiten für die Brüggli-Gäste. Im Leitbild wird die Gastwirtschaft als «Kiosk» bezeichnet.

«Von mir aus soll man den Camping aufheben, aber endlich bekannt geben, in welcher Richtung die Reise gehen soll.»

Richard Rüegg CVP-Kantonsrat

Der Camping sollte also nicht nur weg, weil sich jemand an den Saison-Campern auf ihren sogenannt «fixen Stellplätzen» stört, sondern weil er zu viel Fläche in Anspruch nimmt, die man fürs Restaurant und andere Sachen verwenden will. Bezeichnenderweise spricht derzeit niemand in der Öffentlichkeit von allfälligen Neubauten oder Installationen.

Zwei Varianten

Hinter vorgehaltener Hand ist von Gestaltungswettbewerben die Rede, die es geben solle, um das Gelände aufzuwerten. Für die Verkehrsproblematik gibt es ein wahrscheinliches Szenario. Man hebt die Parkplätze am Chamer Fussweg auf und schafft einen Wendeplatz, damit Gäste, die mit tonnenschweren Grillutensilien, Kühltaschen, Campingstühlen und vielen Kindern anreisen, ihre Autos entladen können, um danach das Vehikel anderswo zu parkieren.  

Und man baut ein Parkhaus an der Chamerstrasse. Dort hat die Stadt bekanntlich eine Wiese zu einem temporären Parking umgewandelt. Die SVP möchte in einem hängigen Postulat erreichen, dass die Wiese in ein reguläres Parkfeld umgewandelt wird. Auch das Leitbild Lorzenebene hatte zu prüfen empfohlen, ob die die Parkgelegenheiten fürs Brüggli an die Chamerstrasse verlegt werden sollen.

Stadt Zug möchte bauen

Da aber die Stadt Zug das Grundstück gern überbauen möchte und in diesem Zusammenhang immer wieder von sozialem Wohnungsbau die Rede ist, bietet sich eine Kombination aus beiden Ideen an: Unten ein mehrgeschossiges Parking, darüber günstige Mietwohnungen.

Offiziell ist solches nicht zu hören, da Kanton, Stadt und Korporation Zug damit beschäftigt sind, auf die jeweils andern zu verweisen. «Seit 2013 dauert dieser Stillstand nun schon an», regt sich Richard Rüegg auf. «Von mir aus soll man auch den Camping aufheben, aber endlich bekannt geben, in welcher Richtung die Reise gehen soll.»  

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1 Kommentar
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 02.11.2019, 20:57 Uhr

    Lieber Kantonsrat, selten so dumm entschieden aber ihr dürft das ja, den ihr könnt Euch hinter Gesetze verstecken statt Lösungen zu suchen und vielleicht mal was zu tun, was nicht ganz dem falschen Recht entspricht, aber dazu bräuchte es Mut zur Gehorsamsverweigerung gegenüber der göttlichen Ordnung unseres Gesetzesdschungels. Und liebe Hanni: Es gibt wichtigeres im Leben als jedes Gesetz bis zum letzten Jota durch zu stieren

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