Attraktionen der Tage des Denkmals

Schon als Baustelle erstrahlt die Luzerner Bibliothek

Seit das Gerüst weg ist, ist die sanierte Zentral- und Hochschulbibliothek von aussen viel besser sichtbar. (Bild: hae)

Im Rahmen der Tage des Denkmals finden an diesem Wochenende auch Führungen durch die Zentral- und Hochschulbibliothek in Luzern statt. zentralplus liess sich die Baustelle durch die beiden Luzerner Architekten Remo Halter Casagrande und Thomas Lussi schon im Vorfeld zeigen. 

Die 1949 bis 1951 erbaute Zentral- und Hochschulbibliothek (ZHB) befindet sich zurzeit im Umbau. Eröffnung wird am 10. Dezember 2019 sein, dann werden die 60 Mitarbeiter von Bibliotheksleiter Ruedi Mumenthaler wieder einziehen. 

«Architekt Otto Dreyer würde sicherlich seine Freude haben», sind sich die beiden für den Umbau verantwortlichen Luzerner Architekten Remo Halter Casagrande (55) und Thomas Lussi (58) sicher. Denn Dreyer, 1897 in Luzern geboren und dort 1972 verstorben, war einer der Grossen der Region: Der als Kirchenbauer – St. Theodul in Littau, St. Josef im Luzerner Maihofquartier und Bruderklaus in Kriens – bekannt gewordene Architekt hat 1939 auch bei der Landesausstellung gewirkt, wo er für die Planung und Realisation des Restaurant und der Bar zuständig war.

Moderne mit Schweizer Tradition 

«Beim Umbau liessen wir uns von seinem Werk inspirieren: Otto Dreyer war ein Vertreter der Moderne, er war aber auch der Schweizer Tradition verpflichtet», erklärten die beiden Architekten Halter Casagrande und Lussi bei einem exklusiven Rundgang für zentralplus. Diese Synthese von Tradition mit Modernität sieht man beispielsweise beim Satteldach mit Vordach und der reichen Ornamentik mit Kunsthandwerk am Bau.

Für den Umbau verantwortlich: Remo Halter Casagrande (links) und Thomas Lussi. (Bild: hae)

Im Rahmen von vier öffentlichen Baustellenführungen werden die Verantwortlichen des Umbaus das bauzeitliche Farb- und Materialkonzept des damaligen Architekten Otto Dreyers vorstellen (siehe Box): Verschiedene Naturhölzer, Linoleum und Stoffbespannungen prägen in Kombination mit diversen Weiss- und Beige-Nuancen die historischen Bibliotheksräume. «Das bauliche Konzept der 1950er Jahre wird im Rahmen der Restaurierungsarbeiten wiederhergestellt», sind Halter Casagrande und Lussi stolz. Der international organisierte Denkmaltag ermöglicht einen Einblick in die laufenden Arbeiten im Katalog- und Lesesaal.

Die Architekten führen durch das Bibliothekscafé, das bald von «Quai4» betrieben und von der sozialen Institution «Wärchbrogg» geführt wird (zentralplus berichtete). Die beiden malen ein schmuckes Bistro-Café aus, das hauptsächlich kalte und warme Getränke sowie kleine Snacks offeriert.

Buffet aus Esche in der neuen Beiz. (Bild: hae)

Aber das Verbleiben wird ein bequemes sein: Wie zuvor wurde im Raum viel Holz verwendet, und auch das neue Buffet ist aus der gleichen Esche. «Möbel aus den 50er Jahren wie der dreibeinige Bally-Tisch oder Stoffsofas werden im Lounge-Bereich des Katalogsaals einladen», so Remo Halter Casagrande.

Ensemble mit dem Park

Die Zentral- und Hochschulbibliothek bildet mit dem Park ein Ensemble, und das Ganze soll noch grüner werden als vorher: «Die sechs Parkplätze vom Kanton werden aufgelöst, und auf der Seite Hirschmattstrasse wird der grüne Saum zur Strasse hin weiter bepflanzt», erklärt Thomas Lussi.

Ein Gemälde des berühmten Jackson Pollock? Nein, Linoleum. (Bild: hae)

Auch die Farbgebung wird beibehalten, wobei die Töne noch angenehmer gewählt wurden: Die Decken sind ockergelb, die Wände beige und manchmal in einem warmen Aubergineton. Die alten Linoleumböden wurden erhalten und aufbereitet – sie sehen selber schon aus wie Gemälde des berühmten Jackson Pollock. Die Böden dämpfen die Schritte, die Farben sorgen für konzentriertes Arbeiten – Halter Casagrande und Lussi ist ein gutes Raumgefühl sehr wichtig.

Dreimal mehr Kabel als zuvor: 105 zusätzliche Einzel-Arbeitsplätze. (Bild: hae)

Bereits 2007 erhielten die beiden Architekten den Zuschlag für ihr Projekt, das sie bereits 12 Jahre umtreibt. Sie sind ein bestandenes Team, das beispielsweise den SBB-Hauptsitz in Bern-Wankdorf vor fünf Jahren für 140 Millionen Franken realieren durfte, in Luzern das Dreilinden-Schulhaus neben der Hofkirche oder an der Werftstrasse die Wohn- und Bürogebäude der Citybay.

Vier Führungen am Samstag

Am Samstag finden um 10, 11, 14 und 15 Uhr (Dauer ca. 50 Min.) vier Führungen durch Remo Halter Casagrande und Thomas Lussi, Architekten BSA, und Meret Speiser, Kantonale Denkmalpflege Luzern, statt. Treffpunkt ist jeweils Sempacherstrasse 10, Zentral- und Hochschulbibliothek, Haupteingang Vögeligärtli, ab Bahnhof Luzern 5 Min. Fussweg. Der Denkmaltag ermöglicht nicht nur einen Einblick in die laufenden Arbeiten im Katalog- und Lesesaal.

Nichtsdestotrotz waren auch diese beiden Routiniers beim ZHB-Umbau nicht vor Herausforderungen gefeit: «Der Einbau der modernen Haustechnik, die auf gegenwärtige Sicherheit, Brandschutz und Studenten-Bedürfnisse abgestimmt sein muss, forderte uns heraus», so Halter Casagrande. Denn es musste allein schon die dreifache Kabelmenge wie zuvor verlegt werden.

105 neue Einzel-Arbeitsplätze

Dafür hat heute in der Freihandbibliothek jeder der 105 zusätzlichen Einzel-Arbeitsplätze eine Laptopstation mit Stromanschluss und Licht von oben herab. «Vor den Augen der Lernenden befindet sich ein raffinierter, rund einen Meter breiter Schlitz, der sich über die gesamten 12 Meter Höhe bis zur Decke zieht und Luft sowie Raum bietet – das erzeugt Spannung, und es muss keiner der Arbeitenden einfach an eine Mauer starren», erklären die Architekten die Lösung auf engem Raum. Auch wenn grosse Menschen knapp unter der auf 2.10 Meter hohen Decke sich durchducken müssen, machen die Studierräume dank der grossen Weissflächen keinen beengenden Eindruck. 

Grosszügigkeit und Harmonie

Überhaupt fallen die Grosszügigkeit und Harmonie in den Räumen auf, in denen bald nur noch maximal 80'000 Bücher aufbewahrt sein sollen. Denn die meisten Werke befindet sich in der Speicherbibliothek in Büron, und bestellte Bücher werden mit dem Kurier täglich nach Luzern gebracht.

Die beiden Architekten erinnern sich selber gerne an ihre Studienjahre, die sie allerdings ganz unterschiedlich in der ZHB verbrachten: Thomas Lussi war jeweils nur kurz für Recherchen vor Ort, denn die Bibliothek war ihm zu ruhig – ganz anders Remo Halter Casagrande: «Ich arbeitete fast ausschliesslich hier, weil ich mich bestens konzentrieren konnte.» 

Hier lässt es sich arbeiten: coole Wandeinschlüsse, sanfte Farben. (Bild: hae)

Damit das weiterhin so sein wird, liess das Duo beispielsweise die 23 alten Lampen, die 1969 ersetzt worden waren, wieder nachbauen. Die Deckenlampen wirken zwar wie nostalgische Kunstwerke, erstrahlen aber dank LED-Technik sehr hell und werfen auf die Tische Lichtwerte von 500 Lux, die nach Arbeitsgesetz verlangt werden.

«Je edler die WCs gemacht sind, umso mehr schreckt das die Leute ab, sich dort mit Graffitis oder Schnitzereien zu verewigen.»

Thomas Lussi, Architekt

 In warmem Ulmenholz sind beispielsweise auch die neuen Toiletten gehalten, denn man weiss: «Je edler die WCs gemacht sind, umso mehr schreckt das die Leute ab, sich dort mit Graffitis oder Schnitzereien zu verewigen», so Thomas Lussi. Über die jahrelange Arbeit an der Zentral- und Hochschulbibliothek ist überdies ein Buch in Planung: Mit Fotos und Texten diverser Autoren wird es im März 2020 zum Tag der offenen Tür erscheinen.

Budget von 19 Millionen

Auch wenn Halter Casagrande und Lussi sich beim Budget von 19 Millionen nach der Decke strecken mussten, sind sie sehr glücklich mit dem Umbau. Und stolz, eine der drei wichtigsten Bibliotheken der Schweiz aus den 30-50er Jahren architektonisch mitverantworten zu dürfen. «Die Zentral- und Hochschulbibliothek an der Sempacherstrasse strahlt bald neu neben der bedeutenden Landesbibliothek in Bern und der Kantonsbibliothek in Lugano», sagen sie. 

Geben am Samstag vier Führungen: Halter Casagrande (rechts) und Lussi vor den neuen Leuchten. (Bild: hae)
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