Verwaltung distanziert sich

Luzerner Mieterin: «Die Wohnqualität im Haus leidet unter Airbnb»

Haus am Luzerner Hallwilerweg: Auch hier werden Wohnungen als Appartments via Airbnb vermietet. (Bild: jwy)

Eine Wohnung im Luzerner Stadtzentrum wird leer: Doch statt eines Nachmieters bewohnen künftig Touristen das Apartment. Eine Mieterin erzählt, was das für unangenehme Folgen hat.

Der Widerstand gegen die kommerzielle Airbnb-Nutzung im Luzerner Stadtzentrum wächst. Ganze Häuser an bester Lage werden nicht mehr regulär vermietet, sondern dienen als Touristen-Apartments. Ein Geschäft mit hohen Gewinnen und negativen Auswirkungen auf die Quartiere (zentralplus berichtete).

Der Airbnb-Boom hat aber auch Folgen für das Zusammenleben in betroffenen Liegenschaften. Und das nicht nur an begehrten Neustadt- oder Altstadtlagen, sondern beispielsweise am Hallwilerweg in Luzern, wie eine Mieterin gegenüber zentralplus erzählt.

Gäste mit Koffern statt Mieter

Eine Wohnung im Haus sei kürzlich nach einem Auszug nicht wieder regulär vermietet worden, obwohl es solvente Bewerber dafür gab. Nun werde die Wohnung permanent an Touristen vermietet. «Die Wohnqualität im Haus leidet darunter», sagt die Bewohnerin. Die Nachtruhe und die Hausregeln würden nicht mehr eingehalten.

Dauernd würden Taxis vor dem Haus anhalten und Gäste mit Koffern steigen aus. Es handle sich um keinen Einzelfall im Haus mit über 20 Wohnungen. «Wenn jemand auszieht, werden danach weitere Wohnungen zu möblierten Apartments», befürchtet sie.

«Ich fühle mich selbst nicht mehr sicher im Haus.»

Mieterin

Beschriftungen wie «Room Estate A» und «Apt. 4a» am Hauseingang weisen ebenfalls auf gewerbsmässige Apartments hin.

Die Mieterin sagt: «Die kommerzielle Nutzung auf Plattformen wie Airnbnb nimmt den Leuten nicht nur Wohnraum weg, sondern stellt für die verbliebenen Bewohner eine massive Einschränkung der Lebensqualität dar.»

Lebensqualität werde eingeschränkt

Der Hallwilerweg ist eine stark befahrene Strasse, Partylokale befinden sich in nächster Nähe – es handelt sich um keine privilegierte Wohnlage. Die Frau, die anonym bleiben will, zahlt für ihre 3,5-Zimmer-Wohnung unter 1300 Franken – und ist überzeugt: Nach einem Auszug würde die Wohnung 500 Franken teurer.

Die Mieterin findet es bedenklich, wie durch Sharing-Plattformen Wohnraum für die Bevölkerung verschwinde. «Ich fühle mich selbst nicht mehr sicher im Haus», sagt sie. Sie hat bereits Beschwerde bei der Verwaltung eingereicht, bisher ohne Erfolg.

Verwaltung kennt die Thematik

Verwaltet wird das besagte Haus von der Firma Privera im Kanton Bern. Dort heisst es auf Anfrage, dass Vermietungsplattformen wie Airbnb immer wieder ein Thema seien. «Wenn eine Mietpartei ihre Wohnung auf Plattformen wie Airbnb anbieten möchte, fällt das in den Bereich der Untervermietung», schreibt Privera.

Untermieten seien mit Zustimmung der Verwaltung erlaubt. «Wir erwarten von unseren Mietern, dass sie für jede einzelne geplante Untervermietung vorgängig um Zustimmung anfragen», so Privera. Ansonsten riskiere der Mieter die Kündigung des Mietverhältnisses.

Von einer Dauervermietung über Airbnb will die Verwaltung allerdings nichts wissen: Habe der Mieter keine klare Absicht zur Rückkehr in die Wohnung – sprich: Will er diese dauerhaft untervermieten – «so erteilen wir hierfür keine Zustimmung».

Wohnraum geht verloren

Beim Mieterverband kennt man solche Fälle wie jener der Mieterin am Hallwilerweg. Cyrill Studer, Geschäftsleiter der Luzerner Geschäftsstelle, hat auch schon Zuschriften von Mietern erhalten, die sich über professionelle Airbnb-Anbieter im Haus sorgen.

«Ich finde es politisch nicht gut, wenn Wohnraum, den man nicht selbst bewohnt, über Airbnb vermietet werden darf. Das verknappt das Wohnungsangebot und treibt natürlich die Mieten für die Einwohner von Luzern hoch», zitiert Studer etwa aus einer Mail eines Mieters.

Er schätzt, dass durch die kommerzielle Nutzung auf Sharing-Plattformen in der Stadt Luzern Wohnraum für 630 Personen verloren gegangen ist.

Mietverträge unter die Lupe nehmen

Oft wissen die Hausbesitzer nicht mal von den Geschäften in ihren Räumlichkeiten. Etwa im Haus an der Waldstätterstrasse im Hirschmatt-Quartier, in dem über 20 Appartments kommerziell vermietet werden.

Das Haus gehört der HIG Immobilien Anlage Stiftung, deren Anlagestrategie Investitionen in touristisch genutzten Liegenschaften explizit ausschliesst. Stiftungsratspräsident ist der frühere Urner FDP-Präsident Franz Steinegger. «Wenn es stimmt, dass die Wohnungen unserer Liegenschaften an der Waldstätterstrasse mehrheitlich kommerziell als Airbnb-Wohnungen vermietet werden, geht das gar nicht. Das widerspricht ganz klar unserem Stiftungsziel», sagte er kürzlich zum «Blick» (zentralplus berichtete).

SP-Politiker Cyrill Studer (links) und David Roth platzieren ihre Botschaft auf dem Balkon einer Airbnb-Wohnung in der Neustadt. (Bild: jwy) (Bild: jwy)

Er werde die bestehenden Mietverträge analysieren und verspricht Massnahmen gegen das kommerzielle Airbnb-Geschäft. Die Stiftung mache mit den Wohnungen jedenfalls keinen übermässigen Profit, präzisierte Steinegger gegenüber dem «Regionaljournal» von SRF.

Hingegen ist Airbnb für die Vermittlungsfirma Keyforge ein gutes Geschäft. Sie vermietet in Luzern gesamthaft 37 Wohnungen über Airbnb und andere Plattformen. Nach Berechnungen der SP-Politiker Cyrill Studer und David Roth sei mit einer 4,5-Zimmer-Wohnung in der Neustadt bis zu 9000 Franken Ertrag monatlich zu erzielen.

Auch in der Altstadt

Ein anderes Haus mit ausschliesslich kommerziell vermieteten Apartments liegt am Hirschenplatz im Herzen der Altstadt – ebenfalls vermietet über die Agentur Keyforge.

Das Haus gehört der NLU Immobilien mit Sitz in Luzern. Die Firma hat das historische Haus mit der einst beliebten Beiz mit einem Etablissement in den oberen Etagen 2015 gekauft und aufwendig umgebaut. Statt einer Kontaktbar gibt’s die schicken Apartments «Hirschen 1 bis 7». Bis zu 549 Franken kosten die Objekte pro Nacht.

Apartment am Hirschenplatz auf Airbnb. (Bild: jwy)

Mehrere Millionen hat die Immobilienfirma damals in den Umbau investiert, die mit diesem Haus in Luzern Fuss gefasst hat.

Wieso sich NLU Immobilien dafür entschieden hat, keine regulären Mieter zu suchen und die Apartments dafür an Touristen zu vermieten, gibt die Firma nicht bekannt. Entsprechende Fragen von zentralplus wollte NLU Immobilien nicht beantworten.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von MagicMagie
    MagicMagie, 05.02.2024, 08:17 Uhr

    Für die Touristen gibt es genug Hotels in und um Luzern herum – es ist einfach unbegreiflich, dass die Politik nichts unternimmt gegen diese Unart von Unterkünften! Touristen haben in Wohnquartieren definitiv nichts verloren!

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