Organisation auf dem Prüfstand

Heikle Doppelfunktion bei der Zuger Kesb wird untersucht

In der Stadt Luzern entscheidet die Kesb darüber, ob eine Massnahme angeordnet werden soll – und eine andere Stelle führt diese dann durch.

(Bild: giw)

Kinderschutzmassnahmen prüfen, anordnen, durchführen und auswerten: In Zug läuft das alles über Abteilungen des Amts für Kindes- und Erwachsenenschutz. In fast allen anderen Kantonen sind dafür verschiedene Stellen zuständig – um einen Rollenkonflikt zu vermeiden. Jetzt soll sich auch Zug bewegen.

Wer einen Auftrag erteilt, der führt ihn in der Regel nicht selber aus. Er lässt die anderen arbeiten und kontrolliert nach getaner Arbeit, ob diese den Erwartungen entspricht.

Geht es um Kinderschutzmassnahmen, so läuft es im Kanton Zug anders. Es gibt zwar ein Team, welches Aufträge erteilt und überprüft, und eines, welches sie umsetzt. Beide haben aber die gleiche Chefin.

Die Leiterin des Amtes für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kes) ist gleichzeitig die Präsidentin der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb). Und offenbar führt diese Doppelfunktion regelmässig zu Rollenkonflikten.

Regierung soll Organisation überprüfen

Dies geht jedenfalls aus einer Anmerkung der kantonsrätlichen Staats- und Wirtschaftskommission (Stawiko) zum Geschäftsbericht 2018 hervor. «Anlässlich der Visitation bei der Direktion des Innern hat eine Delegation unserer Kommission den Eindruck erhalten, dass die Amtsleitung Kes mit der heutigen Organisation regelmässig in einen Rollenkonflikt komme, weil diese auch immer den Hut der Kesb-Präsidentin trage», sagt dazu Kommissionspräsident Andreas Hausheer (CVP).

Die Kommission fordert den Regierungsrat nun auf, abzuklären, ob die heutige Organisation tatsächlich zu Problemen führt. Zwar hat der Kantonsrat diese 2012 explizit so beschlossen, dennoch erachtet es die Stawiko als richtig, dass die damit gemachten praktischen Erfahrungen analysiert werden. «Ob in einem zweiten Schritt tatsächlich Anpassungen nötig sind, kann basierend darauf entschieden werden», meint Hausheer.

Dafür wäre dann allerdings eine Gesetzesänderung nötig, wie der zuständige Regierungsrat Andreas Hostettler sagt. Trotzdem findet er: «Es ist legitim, dass man immer mal wieder hinterfragt, ob eine Organisation noch stimmt.»

Die Doppelrolle bringe durchaus ein Spannungsfeld mit sich. «Aber das ist kein Problem, wenn sich die Stelleninhaberin jederzeit bewusst ist, welchen Hut sie gerade trägt», meint Hostettler. Ob ihr das leicht fällt, war von ihr persönlich nicht zu erfahren, weil in Zug die offizielle Kommunikation bei aktuellen politischen Geschäften vom Regierungsrat selber übernommen wird.

Zug und Schwyz setzen als Einzige auf dieses System

Tatsächlich ist es so, dass in der Zentralschweiz sonst nur noch der Kanton Schwyz auf dieses System setzt. Die Stadt Luzern beispielsweise hat sich bereits bei der Einführung 2013 für eine organisatorische Trennung entschieden: Die Kesb ordnet an und hat die Aufsicht – die Mandatszentren setzen die beschlossenen Massnahmen um.

Die Kesb kann intervenieren, wenn bei der Umsetzung einer Massnahme Probleme auftauchen. Etwa wenn bei der angeordneten Vermögensverwaltung Fehler gemacht werden oder ein begleitetes Besuchsrecht nicht durchgesetzt wird. Sie hat auch die Kompetenz, generelle Weisungen für die Mandatsführung zu erteilen und die Zielsetzung der Massnahme zu überprüfen.

In Luzern macht man gute Erfahrungen mit der Trennung

«Es können Rollenkonflikte vermieden werden, wenn das Präsidium der Kesb nicht gleichzeitig die Leitung der Mandatszentren innehat», sagt Armida Raffeiner, Stabschefin der Sozial- und Sicherheitsdirektion der Stadt Luzern.

Eine möglichst klare Trennung der anordnenden und umsetzenden Ebene erscheine sinnvoll, auch wenn Überschneidungen in der Praxis unvermeidlich seien. Ob man in Zug zu der gleichen Erkenntnis gelangt, ist noch offen. Die Regierung hat den Abklärungsauftrag an der Kantonsratssitzung am Donnerstag entgegengenommen.

2016 wurden die Leistungsvereinbarungen gestrichen

Bis Ende 2016 war die Ausgangslage in Zug übrigens noch anders. Damals wurden die Kinderschutzmandate auf der Grundlage von Leistungsvereinbarungen von den externen Fachstellen punkto Jugend und Kind (Punkto) geführt.

Das heisst: Diese waren für die Umsetzung der von der Kesb angeordneten Massnahmen zuständig. Aus Kostengründen entschied sich die Regierung jedoch, diese Aufgabe dem Amt für Kinder- und Erwachsenenschutz zu übertragen.

In der Antwort auf eine Interpellation dazu schrieb der Regierungsrat 2017 noch explizit, eine Trennung der Personalunion Leitung Kesb und Amtsleitung sei aus seiner Sicht nicht erforderlich. Dies weil es nicht die Kesb-Präsidentin alleine sei, die darüber entscheide, ob eine Kinderschutzmassnahme ergriffen werde. Für die Abklärung und Vorbereitung eines Entscheids sei jeweils eine Fachperson zuständig.

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