Nach Festnahme an «Mini-Coronademo»

Polizeigewalt? Bundesgericht gibt Heidi Joos recht

Heidi Joos wurde anlässlich einer Mahnwache gegen die Corona-Massnahmen vorläufig festgenommen. (Bild: Gabriel Ammon/Aura)

Das Kantonsgericht Luzern muss über die Bücher. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde der ehemaligen Luzerner Politikerin gutgeheissen. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, der lediglich die Frage betrifft, ob Heidi Joos Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung hat.

Die ehemalige Kantonsrätin Heidi Joos aus Luzern ist an Pfingsten letzten Jahres an einer Protestaktion gegen die Corona-Massnahmen verhaftet worden (zentralplus berichtete). Sie findet, das sei nicht rechtens gewesen und hat deshalb sechs Polizistinnen angezeigt. Die Staatsanwaltschaft hat diese Strafverfahren eingestellt und das Kantonsgericht diese Verfügungen bestätigt. Joos entschied daraufhin, drei der Verfahren ans Bundesgericht weiterzuziehen (zentralplus berichtete).

Dieses gibt ihr nun recht – wenn auch vorerst nur in einem Nebenpunkt. Das Kantonsgericht hat nämlich aus Sicht des Bundesgerichts gepfuscht, als es das Gesuch der Frau um unentgeltliche Prozessführung beurteilt hat.

Wenn ein Mensch über kein oder wenig Einkommen verfügt, kann er in der Schweiz beantragen, dass ein Gericht keine Verfahrenskosten erhebt. Dies soll sicherstellen, dass sich alle Menschen mit ihren Anliegen an die Justiz wenden können – auch wenn sie nicht über grosse finanzielle Mittel verfügen. Gerichtskosten belaufen sich gut und gerne Mal auf 10’000 Franken pro Instanz. Und im Falle von Heidi Joos ist es ja so, dass die AHV-Bezügerin drei der sechs Einstellungsverfügungen bundesgerichtlich überprüfen lassen wollte.

Aus dem Entscheid des Bundesgerichts geht hervor, dass das Kantonsgericht in seinem Entscheid gravierende formelle Fehler gemacht hat. So bleibe «im Dunkeln, auf welches (der drei) Strafverfahren sich die vorinstanzlichen Ausführungen beziehen». Ohne diese Angabe lasse sich die Frage, ob der Entscheid des Kantonsgericht rechtens war, gar nicht überprüfen.

Damit wird die Beschwerde gutgeheissen und ans Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen. Der Kanton Luzern muss dem Anwalt von Frau Joos 2’000 Franken bezahlen. Auf weitere Beschwerdepunkte ging das Bundesgericht nicht ein.

In der Hauptsache geht es der ehemaligen Kantonsrätin darum, dass das oberste Gericht der Schweiz prüft, ob ihre Verhaftung rechtens gewesen ist. Dieser Entscheid steht allerdings noch aus, die entsprechenden Verfahren sind noch hängig.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Onlyone
    Onlyone, 10.11.2021, 14:45 Uhr

    Ein Beweis mehr, dass Polizei und Justiz sich (politisch gewünscht) gegenseitig decken. Und Das nennt sich Rechtsstaat.

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    • Profilfoto von Q.
      Q., 11.11.2021, 09:12 Uhr

      In der Schweiz sind die wesentlichen Elemente einer Rechtsstaatlichkeit nicht erfüllt: Es gibt keine wirkliche Gewaltentrennung; Richter, handeln nach Lust und Laune fernab der bestehenden Gesetze; es gibt keine Verfassungsgerichtsbarkeit. Trotz dieser Zustände, welche durchaus einer Bananrepublik entsprechen, haben Kantonsrichter das letzte Wort in der Anwendung kantonaler Verordnungen und Gesetze. Sie bleiben vom Bundesgericht selbst dann unbesehen, wenn jemand finanziell bis vor Bundesgericht gelangen kann.

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  • Profilfoto von schaltjahr
    schaltjahr, 10.11.2021, 12:30 Uhr

    Dieser Entscheid des Bundesgerichtes zeigt einmal mehr, dass man für sein Recht bis an die Obersten Instanzen gehen muss. In vielen Kantonen sind Behörden, Polizei und die Justiz sehr, sehr nahe zusammen. Dies ist mit dieser Rückweisung und vor Allem mit den dazugehörenden Kommentaren einmal mehr Bewiesen.
    Leider ist der Kampf für sein Recht so Teuer, dass es sich längst nicht Alle leisten können bis ans Bundesgericht zu gehen .. Aber nur so können die unteren Instanzen zur Ordnung und zum gerechten Urteilen bewegt werden ..

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  • Profilfoto von Ueli der Knecht
    Ueli der Knecht, 10.11.2021, 09:20 Uhr

    Ein Entscheid, «der rechtlichen Anforderungen an ein Urteil» nicht genügt also. Eine Klatsche mehr für das aus unqualifiziertem Personal bestehenden Luzerner Kantonsgericht.

    Vermutet wird allerdings vielmehr Absicht. Was juristische Beamte tun, hat in aller Regel System. Die wissen ja, wie’s geht.

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