In Baar hat sich die Bevölkerung im Rahmen des Projekts «Kaffee mit der Polizei» mit Ordnungshütern unterhalten. Dabei wünschte sich die Polizei durchaus etwas mehr Kritik.
Es ist ein ungewohnter Anblick, der die Besucher des Cafés Elefant in Baar am Donnerstagnachmittag empfängt. Mehrere Polizisten sitzen an verschiedenen Tischen, alle von ihnen sind ins Gespräch vertieft mit der Bevölkerung. Dass hier nicht in einem Gewaltverbrechen ermittelt wird, verraten verschiedene Banner und Tafeln vor dem Lokal. Sie alle weisen darauf hin, dass hier ein «Kaffee mit der Polizei» getrunken werden könne. Ein Konzept, das offenbar Anklang findet.
An einem Tisch spricht ein Beamter bei einem Cappuccino mit einem Besucher über Sicherheitslücken bei elektronischen Geräten, an einem anderen Tischchen lobt ein älteres Paar einen Polizeibeamten gerade für seinen Dienst an der Gesellschaft.
Eine Maturaarbeit, welche nicht an der Bevölkerung vorbeigeht
An der Bar steht mit Kaitlyn Staub eine junge Frau. Sie ist die Initiantin dieses Pilotprojekts. «Eigentlich wollte ich meine Maturaarbeit im Bereich Chemie oder Biologie machen. Dann schwenkte ich jedoch um. Ich wollte nicht über ein Thema schreiben, das völlig an der Bevölkerung vorbeigeht», sagt die 16-jährige Luzerner Kantonsschülerin gegenüber zentralplus.
«Mein Onkel, der in den USA als Polizist arbeitet, hat dort 2011 ein ähnliches Konzept erarbeitet, welches seither sehr erfolgreich läuft. Mittlerweile gibt es dieses bereits in verschiedenen Ländern. Ich fand, dass man das sehr gut auch in Zug umsetzen könnte.» So setzte sie sich denn mit der Zuger Polizei in Verbindung.
«Für uns war schnell klar, dass wir mitmachen möchten. Auch wenn es immer ein wenig Mut braucht, etwas Neues auszuprobieren», erklärt Michael Metzger, Chef der Regionenpolizei, der das Projekt leitet. «Das Angebot ermöglicht es uns, stärker mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten. Natürlich kann man uns auch auf der Strasse ansprechen, um über Themen zu diskutieren, doch ist das Gefühl ein anderes, wenn man sich in einem ungezwungenen Rahmen gegenübersitzt.»
Kommt überhaupt jemand? Oder kommen gleich 100 Leute?
Die Reaktionen, welche die Ankündigung des Anlasses auf den sozialen Medien ausgelöst hätten, seien durchaus positiv gewesen. «Dennoch wussten wir im Voraus natürlich nicht, ob überhaupt jemand kommen würde», sagt Kaitlyn Staub. «Ich war vorher nervös. Nicht nur, weil wir nicht wussten, ob der Anlass überhaupt Anklang finden würde. Sondern auch, weil es schwierig geworden wäre, wenn gleich 100 Leute aufs Mal hergekommen wären.»
Ihre Sorge war unbegründet. Rund eine Stunde nach dem Start des Projekts haben über ein Dutzend Personen den «Elefant» aufgesucht, um mit der Polizei ins Gespräch zu treten.
«Wir sind nicht Everybody's Darling.»
Michael Metzger, Chef Regionenpolizei Zug
Die Beziehung zur Bevölkerung sei zwar bereits schon jetzt gut, betont Metzger. «Doch kann man nicht genug für die Bürgernähe machen. Viele Leute aus der Bevölkerung kommen ja nur mit uns in Kontakt, wenn sie in einer Notsituation sind oder sonst ein Problem haben, bei dem sie sich an uns wenden müssen.»
Anders sei das bei den Jugendlichen: «Da kommt es halt ab und zu vor, dass wir, beispielsweise aufgrund von Verstössen gegen die Ruhestörung, mit ihnen in Kontakt treten müssen. Entsprechend fühlen sie sich manchmal von uns kontrolliert. Das verstehe ich auch», sagt Metzger. «Wir sind nicht Everybody's Darling. Das können wir auch nicht sein.»
Der Verkehr als Dauerbrenner
Jugendliche trifft man an besagtem Donnerstagnachmittag nicht im Café an. Vielmehr sind es Paare und Einzelpersonen mittleren Alters, die sich mit den Polizisten unterhalten. «Die Themen sind bisher vielfältig», zieht Metzger eine erste Zwischenbilanz. «Einige wollten wissen, wie sich unser Beruf in den vergangenen Jahren verändert hat, andere zollten uns Respekt dafür, dass wir diesen Berufsweg in der heutigen Zeit noch eingeschlagen haben.»
Ein Dauerbrenner sei überdies das Thema Verkehr. Metzger sagt: «Da kommen oft sehr konkrete Fragen, etwa dazu, wie man sich im Kreisverkehr richtig verhält.» Aber auch kritische Töne seien am Anlass schon angeschlagen worden.
«Die allermeisten befürworten die geltenden Gesetze. Ausser, es betrifft sie selbst. »
Michael Metzger, Chef Regionenpolizei Zug
«Eine Person äusserte sich vorhin zur gefühlten Nulltoleranz, welche die Polizei in Sachen Verkehr an den Tag legen würde. Sie befand, dass das früher anders gewesen sei.» Er ergänzt schmunzelnd: «Die allermeisten befürworten die geltenden Gesetze. Ausser, es betrifft sie selbst. Alle, die schon einmal in die Radarkontrolle geraten sind, kennen das Phänomen.»
Die Polizei hätte es gern etwas kritischer
Die bisher besprochenen Themen klingen harmlos. «Dieser Austausch ist gut. Doch sind wir natürlich auch offen, dass man in diesem Rahmen Probleme und Sorgen mit uns bespricht. Wer weiss, vielleicht finden wir gleich einen Lösungsweg. Aber auch über kritischere Stimmen würde ich mich freuen. Es ist uns wichtig, dafür offen zu sein.»
Abschliessend meint Metzger: «Es ist uns wichtig zu betonen, dass dies kein Zuger Messestand ist. Wir sind hier, um der Bevölkerung zuzuhören und nicht, um Werbung für uns zu machen.» Auch wenn für alle Anwesenden unbestritten sein dürfte, dass der 17 Wochen alte Polizeihund, der gerade vor dem Lokal Tricks zeigt, eine unheimliche Magnetwirkung auf die Passanten hat.
- Besuch Kaffee mit der Polizei, Gespräche vor Ort