Gesichtserkennungssysteme werden in Luzern nur von der Polizei eingesetzt. Ein Verbot einer künfitg möglichen Massenüberwachung will aber auch der Kanton nicht angehen. (Bild: Adobe Stock)
Im Kanton Luzern werden Systeme, die Gesichter erkennen, nur in der Strafverfolgung eingesetzt. Für andere Einsätze fehlt die rechtliche Grundlage. Die Technologie hat ihre Tücken.
Eine öffentliche Kamera filmt die Passanten, eine Software erkennt die Gesichter, gleicht sie mit einer Datenbank ab und informiert die Behörden, etwa wenn eine gesuchte Person erkannt wird. Lange waren solche Systeme nur in dystopischen Science-Fiction-Erzählungen zu finden. Längst sind sie aber Realität. Wo überall und in welchem Ausmass sie eingesetzt werden, ist ein mal gehütetes, mal offeneres Geheimnis. Der Überwachungsapparat Chinas etwa ist rund um den Globus bekannt.
Das Bundesgericht pfiff vergangene Woche die Luzerner Regierung zurück. Diese wollte der Polizei die Möglichkeit gewähren, den Strassenverkehr mit automatisierten Fahndungssystemen zu überwachen. Dies sei ein zu grosser Eingriff in die Grundrechte, fand das Bundesgericht (zentralplus berichtete).
Dennoch ist im Kanton Luzern Gesichtserkennungssoftware im Einsatz. Wo und in welchem Mass, geht nun aus einer Antwort der Luzerner Kantonsregierung auf eine Anfrage der SP hervor.
Polizei nutzt Software – letzte Kontrolle bleibt der Mensch
Diese wollte von der Regierung wissen, wie sie mit der Technologie umgehe und wie sie deren Risiken einschätze. Hintergrund ist eine Motion der Stadtluzerner Grünen, welche eine Massenüberwachung auf städtischem Gebiet verbieten lassen wollten. In seiner Antwort Anfang Jahr schrieb der Stadtrat von Luzern, dass die meisten Kameras in der Stadt ohnehin keine Gesichter erkennen und gab die Kompetenzen für ein Verbot an den Kanton weiter (zentralplus berichtete).
Wie der Regierungsrat nun schreibt, würden Gesichtserkennungssysteme in Luzern nur von den Strafverfolgungsbehörden zur Aufklärung von Straftaten genutzt. Konkret würden im Rahmen von Ermittlungen oder Fahndungen Bilder von bekannten Straftätern, zur Fahndung ausgeschriebenen Personen oder Vermissten automatisiert und fallbezogen abgeglichen. Mögliche Übereinstimmungen würden den Ermittlern angezeigt und mit einer Wahrscheinlichkeitsübereinstimmung durch das System beurteilt. Die letzte Beurteilung finde schliesslich wieder durch einen Menschen statt, schreibt die Regierung.
Für andere Anwendungen fehle die gesetzliche Grundlage. Das heisst, eine Überwachung von Veranstaltungen etwa mittels Erkennungssoftware ist in Luzern kein Thema. Und die Überwachung des Verkehrs ist seit vergangener Woche ebenfalls vom Tisch.
Algorithmen haben Mühe mit «dunkelhäutigen Gesichtern»
Spannend dabei ist: Die Regierung teilt die Sorgen der SP, dass die Systeme mit Risiken behaftet sind und ihre Tücken haben. So zeige sich beim Einsatz der Systeme in der Strafverfolgung tatsächlich ein gewisser «Diskriminierungseffekt». Dies habe eine Studie gezeigt. Gemeint damit ist, dass die Algorithmen «Schwierigkeiten hätten mit der korrekten Aufzeichnung dunkelhäutiger Gesichter», wie die Regierung schreibt.
Dies sei auf einen Fehler beim Design der Algorithmen zurückzuführen. Der Entwickler sei das Problem aber bereits angegangen. Ausserdem werde die Fehleranfälligkeit in Luzern zusätzlich minimiert, da die Endkontrolle durch einen Menschen stattfinde.
Auch Kanton sieht sich bei Verbot nicht in der Pflicht
Bezüglich der Sicherheit hat die Regierung keine allzu grossen Bedenken. Die Gesichtserkennungssysteme der Polizei seien gleich gut gegen Hackerangriffe gesichert wie die übrige IT-Infrastruktur der Behörden, wie zum Beispiel Bilddatenbanken.
Auf die Frage, ob der Kanton ein Verbot einer möglichen künftigen Massenüberwachung prüfen müsste, antwortet die kantonale Regierung gleich wie die städtische: Zuständig dafür wäre jemand anderes. «Gesetzliche Regelungen dazu sind auf Stufe Bund vorzunehmen.»
Schreibt gerne über harte Fakten und skurrile Aufreger. Seit über zehn Jahren Journalist bei Online, Print und Fernsehen. Für zentralplus schreibt der Wahl-Luzerner seit 2024.