Luzern schliesst Posten

«Wir rufen die Polizei nicht an – sie kommt sowieso zu spät»

Die Luzerner Polizei kämpft mit Personalengpässen. (Bild: Leserreporter)

Polizeiposten werden geschlossen, versprochene Patrouillen bleiben aus. Die Mitte-Kantonsrätin Hella Schnider wollte den Prozess daher stoppen. Doch die Regierung bleibt hart.

Im Kanton Luzern soll gut die Hälfte der 32 Polizeiposten geschlossen werden. Das sorgt vielerorts für Unmut. Die Mitte-Kantonsrätin und Gemeindepräsidentin von Flühli, Hella Schnider, forderte die Regierung mit einem Postulat auf, diese Reform temporär zu unterbrechen und zu überdenken (zentralplus berichtete). Unter anderem, weil die geforderten Patrouillen noch nicht aufgestockt wurden. Aus der Forderung wird jedoch nichts.

Der Luzerner Regierungsrat hat das Postulat abgelehnt. Die Regierung sieht in der Umsetzung des umstrittenen Stationierungskonzepts der Luzerner Polizei keinen Korrekturbedarf – obwohl sie selbst personelle Engpässe und Ausfälle bei Patrouillen eingesteht.

In ihrer Stellungnahme betont die Regierung, die Massnahmen im Entlebuch seien «erfüllt» – unter anderem durch die Einführung zusätzlicher sogenannter Community-Policing-Spezialistinnen, einer neuen Nachtdienstpatrouille und einem Ausbau der Öffnungszeiten des Polizeipostens Sörenberg. Die Regierung sehe keinen Nutzen in einer Unterbrechung. Dabei verweist sie auf bereits laufende Anpassungen und warnt vor Mehrkosten und Verzögerungen.

Patrouillen oft nicht einsatzbereit

Schnider sieht das anders: «Ich tausche mich als Gemeindepräsidentin mit anderen Entlebucher Gemeinden aus», erklärt sie auf Anfrage. Gerade diese Regionen seien besonders betroffen, da sie zu den ersten gehörten, in denen die Massnahmen umgesetzt wurden.

Schnider berichtet von konkreten Vorfällen aus dem Entlebuch, bei denen die Polizeipräsenz nicht funktionierte wie versprochen, da scheinbar zu wenig Personal vorhanden ist. In mehreren Fällen sei die Polizei erst nach über einer Stunde vor Ort gewesen. «Mir wurde schon gesagt: Wir rufen gar nicht mehr bei der Polizei an, weil die sowieso zu spät kommen.» Für Schnider ist klar: «Bis die Polizei zum Beispiel von Pfaffnau aus in Sörenberg ist, vergeht viel zu viel Zeit. Das darf nicht sein.»

Was bisher geschah:

Oktober 2022: Der Luzerner Kantonsrat nimmt den Planungsbericht zur Organisationsentwicklung 2030 mit grosser Mehrheit zur Kenntnis.

2023: Erste Polizeiposten, unter anderem in Entlebuch und Escholzmatt, werden geschlossen.

2024: Hella Schnider kritisiert, dass versprochene Patrouillen in ihrer Region nicht eingerichtet wurden. Die Regierung bestätigt Engpässe.

März 2025: Schnider reicht ein Postulat ein, um die Umsetzung des Stationierungskonzepts zu stoppen und zu evaluieren.

April 2025: Der Regierungsrat lehnt das Postulat ab – mit der Begründung, die Massnahmen seien bereits erfüllt.

Die sogenannte Organisationsentwicklung 2030 (OE 2030) sieht eine Neuausrichtung der Luzerner Polizei vor – weg von stationären Posten, hin zu mobiler Präsenz. Das Stationierungskonzept, das Teil dieser Reform ist, wurde 2022 vom Kantonsrat angenommen. Seither wurden erste Posten – darunter in Entlebuch und Escholzmatt – geschlossen.

Als Ausgleich versprach der Regierungsrat mehr Patrouillen und schnellere Reaktionszeiten. Doch bald zeigte sich: Die Luzerner Polizei kämpft mit Personalengpässen. Nachtpatrouillen seien wiederholt ausgefallen – besonders im Entlebuch, wie die Regierung selbst in einer Antwort vom Oktober 2024 einräumte.

Schnider fordert eine Kurskorrektur

Trotzdem hält sie an ihrer Linie fest: Die Interventionszeiten würden im Schnitt unter zehn Minuten liegen, so der Regierungsrat. Zudem laufe die Rekrutierung – mit inzwischen 44 Neueinstellungen pro Jahr – planmässig. Die vollständige Umsetzung der Patrouillenverdichtung sei aber erst bis 2032 realistisch.

Schnider reagiert deutlich: «Ich sage klar: Die Bedingungen wurden nicht erfüllt. Die Regierung kann die Zusicherungen nicht einhalten und setzt die Massnahmen trotzdem um.»

Was sie besonders irritiert: «Ich verstehe nicht, dass die Regierung einfach weitermacht, ohne sich Zeit zu nehmen, um die Umsetzung nochmals zu überdenken.» Für sie wäre es nachvollziehbar, wenn man im Laufe eines Projekts erkennt, dass nicht alles wie geplant funktioniert. «Aber dann muss man den Kurs anpassen.»

Ihre Forderung nach einer Umsetzungspause wird von einer breiten Allianz im Kantonsrat mitgetragen. Bereits bei der ursprünglichen Debatte 2022 hatte die Justizkommission Zweifel geäussert, ob die zusätzlich benötigten 118 Stellen überhaupt je besetzt werden können.

Verwendete Quellen
  • Postulat von Hella Schnider
  • Stellungnahme der Luzerner Regierung auf das Postulat
  • Schriftlicher Austausch mit Hella Schnider, Luzerner Kantonsrätin
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