Bundesgericht pfeift Regierung zurück

Luzerner Polizei darf Verkehr nicht automatisiert überwachen

Das neue Polizeigesetz hätte die Überwachung der Luzerner Strassen ermöglicht. Das Bundesgericht schiebt dem nun einen Riegel vor. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Das Bundesgericht rügt das Luzerner Polizeigesetz. Es verbietet etwa die Massenüberwachung im Strassenverkehr. Grüne und SP jubeln.

Die Luzerner Regierung will der Polizei mit einer Gesetzesrevision weit deutlich mehr Freiheiten geben. Konkret geht es um eine automatisierte Fahrzeugüberwachung. Das System soll zum Einsatz kommen, wenn die Polizei nach Verbrechern fahndet, indem es die Autonummern automatisch erfasst und mit einer Datenbank abgleicht. 2022 wurde das Gesetz vorgelegt.

Das Bundesgericht pfeift nun die Luzerner Regierung zurück. In einem Urteil schreibt es, dass es sich bei der automatisierten Fahrzeugüberwachung um eine «wenig eingegrenzte Massenüberwachung» handle. Die sehr «weitreichende Datenerfassung, -auswertung und -aufbewahrung» würden einen «unverhältnismässigen Grundrechtseingriff» darstellen, schreibt das Bundesgericht.

Aufzeichnung der Lenker problematisch

Es wäre damit möglich, nicht nur die Autonummern, sondern auch Bilder der Lenkerinnen aufzuzeichnen und zu speichern. Auch hebt das Gericht die Bestimmung auf, welche den Austausch der Daten mit anderen Behörden ermöglicht hätte.

In anderen Punkten weist es die Beschwerde ab. So heisst es den Einsatz einfacher Analysesysteme gut, «bei denen menschliche Analystinnen und Analysten zum Einsatz kommen und Daten manuell eingegeben werden», wie es im Urteil heisst. Konkret heisst das, dass die Polizei zum Beispiel keine KI für die Analyse der Bilder einsetzen darf.

Ebenso weist das Gericht eine Beschwerde ab, bei der es um den gemeinsamen Betrieb für die geplante Einsatzleitzentrale der Zentralschweizer Kantone in Rothenburg geht.

SP und Grüne erfreut

Das Urteil freut die Luzerner Grüne und die SP, welche gegen das Polizeigesetz vor das Bundesgericht zogen (zentralplus berichtete). Sie beanstandeten, dass die Polizei auch Autofahrer optisch und automatisiert erfassen könne, was aus datenschutzrechtlicher Sicht sehr heikel sei und ein Eingriff in die Grundrechte darstelle. Nun sehen sie sich bestätigt.

«Dieses Urteil hat Signalwirkung über Luzern hinaus und betrifft auch andere Kantone», wird SP-Kantonsrätin Anja Meier in einer gemeinsamen Mitteilung der beiden Parteien zitiert. Grüne-Kantonsrätin Rahel Estermann ergänzt: «Die Polizeiarbeit ist wichtig, sie muss mit Sorgfalt und verhältnismässig erfolgen.»

Nun bedürfe es einer Revision des Polizeigesetzes. Die beiden Parteien fordern dabei für eine neue Vorlage, dass der Datenaustausch darin klarer definiert ist und dass die Polizei neue Überwachungssysteme nur so einsetzt, dass keine Profile der Personen und Fahrzeuge möglich sind. Auch soll sie keine Daten speichern.

SVP überlegt sich Standesinitiative

Auf der anderen Seite zeigen sich die Bürgerlichen enttäuscht ab dem Bundesgerichtsurteil. Die Luzerner SVP schreibt in einer Mitteilung gar, sie sei «bestürzt». «Trotz der zunehmenden Bedrohungen durch Schwerstkriminelle, scheinen die Linken und die Grünen, zusammen mit gewissen Gerichten, den Täterschutz vor den Opferschutz zu stellen und den Datenschutz über die Sicherheit der Bevölkerung zu priorisieren», heisst es darin.

Die automatisierten Fahndungssysteme seien essenziell zum Schutz der Bevölkerung und für die Strafverfolgungsbehörden. Die SVP überlege sich jetzt, eine Standesinitiative anzuregen, mit dem Ziel, dass die kantonalen Polizeibehörden doch noch automatisierte Fahndungssysteme nutzen können.

Regierung: «Begrüssen, dass Rechtssicherheit herrscht»

Derweil teilt die Luzerner Regierung mit, dass sie es begrüsse, dass mit dem Bundesgerichtsurteil nun zumindest Rechtssicherheit herrsche. Da das Bundesgericht im Bereich der automatisierten Systeme schon mehrere kantonale Regelungen zumindest teilweise aufgehoben hat, sei sich der Kanton Luzern der Unsicherheiten bewusst gewesen, schreibt die Regierung. Für die Bevölkerung und die Arbeit der Polizei ändere sich derweil nicht viel – die Systeme seien noch nicht im Einsatz gewesen.

Die Regierung betont aber auch, dass das Bundesgericht das Polizeigesetz in drei Punkten stütze. Dies sind:

  • Der Betrieb von Analysesystemen im Bereich der seriellen Kriminalität
  • Gemeinsamer Betrieb von Einsatzleitzentralen
  • Systeme zur Darstellung von Lagebildern

Die Regierung wolle nun das Bundesgerichtsurteil analysieren und das weitere Vorgehen prüfen.

Verwendete Quellen
  • Mitteilung des Bundesgerichts
  • Mitteilung der Luzerner SP und Grüne
  • Mitteilung der Luzerner SVP
  • Mitteilung der Luzerner Regierung
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