Fragwürdige Parole

Luzerner Kulturhäuser veranstalten Partys gegen Polizei

Ein nach einem FCL-Match versprühtes Polizeiauto mit der Aufschrift «ACAB», oft auch als «1312» codiert. (Bild: Instagram: @szene_esch.luzern)

In mehreren Luzerner Kulturhäusern steigen am Freitagabend Partys unter dem Motto «All Cops Are Bastards». Dahinter stecke aber kein plumper Polizeihass, erklärt ein Veranstalter. Ob diese eingreifen wird, bleibt unklar.

Der 13. Dezember ist für die Polizei ein Tag wie jeder andere – vermeintlich. Denn die Zahl 1312 steht in der linken Szene als Codierung für die Buchstabenkombination «ACAB», welche wiederum ein Akronym für «All Cops Are Bastards» ist. Sinngemäss übersetzt: «Alle Bullen sind Schweine.»

In den Kalendern mehrerer Luzerner Kulturhäuser findet sich die Zahlenfolge wieder. So steigt im Luzerner Sedel am Freitagabend ein Konzertabend unter dem Motto «1312». Auf der Bühne stehen dabei Schweizer Punkbands mit den Namen wie «Zertrümmerte Kniescheiben» und «Serotonin Shotguns». Geworben wird zudem mit einer Pannenshow im Videoformat, die Polizisten beim Scheitern zeigen soll.

Im Sedel lautet das Motto am Freitagabend «1312». (Bild: ida)

Doch die Veranstalterinnen aus dem antifaschistischen Milieu wollen nicht nur die Polizei verspotten, sondern auch auf mutmassliche Missstände rund um die Staatsgewalt aufmerksam machen. So gibts nicht nur einen Stand zum Zielschiessen und einen zum Essen, sondern auch einen, an dem man sich über die antifaschistische Kritik an der Polizei informieren kann.

«Haben ständig Probleme mit Behörden und Polizei»

Dass im Sedel der 13. Dezember gefeiert wird, dürfte kaum erstaunen, gilt das Kulturhaus doch als einer der liberalsten Freiräume Luzerns. Doch auch im vergleichsweise braven Neubad sticht die Klubnacht «1312» im Kalender heraus. Organisiert wird sie vom Veranstaltungskollektiv Hakkendicht.

Auch im Neubad wird am Freitagabend der 13. Dezember gefeiert. (Bild: zvg)

«Eigentlich wars Zufall», gibt Sketchy von «Hakkendicht» zu, «das Datum wurde uns vom Neubad angeboten, und wir sagten zu.» Doch sei ihm und seinen beiden Kollegen die Zahl 1312 natürlich sofort ins Auge gestochen. «Wir fanden es gar nicht so unpassend, weil wir als Teil der Luzerner Freetekno-Szene ständig Probleme mit den Behörden und der Polizei haben. Darum benannten wir die Party entsprechend.»

«Kein plumper Bullenhass»

Als Teil der Freetekno-Szene setze sich «Hakkendicht» auch dafür ein, dass möglichst alle Menschen – insbesondere auch unabhängig vom Budget – ins Nachtleben eintauchen könnten. Doch Politik und Polizei würden diese Bestrebungen regelmässig behindern, moniert Sketchy.

«Wir würden gerne mehr Gratispartys schmeissen», führt er aus. Doch jede Bewilligung koste. Und habe man keine, hagle es Bussen. Hinzu kämen «Schikanen», etwa Parkbussen, die beim Ausladen von Lautsprechern entstünden, oder Lärmklagen.

Doch inwiefern legitimieren Probleme mit der Polizei das Verbreiten pauschalisierender, abwertender Parolen, die durchaus auch als Hass schürend wahrgenommen werden können? Vertiefen solche Provokationen nicht eher Gräben?

Darauf angesprochen, erwidert das Veranstaltungskollektiv Hakkendicht, dass es die Party vom Freitagabend nicht als «plumpen Bullenhass» abgetan sehen wolle. Stattdessen setze «Hakkendicht» ein Zeichen des Protests aus – gegen den «restriktiven Umgang mit Freiräumen» durch Politik und Polizei.

Stadt Luzern will keine Schlafstadt sein

Mit ihrer Kritik steht «Hakkendicht» nicht allein da. Gegenüber zentralplus äusserten sich Gastronominnen und Veranstalter im Sommer mit ähnlichen Vorwürfen (zentralplus berichtete).

Doch die Behörden konterten. «Die Stadt Luzern unterhält ein sehr intensives, auf eine breite Anspruchsgruppe ausgerichtetes Veranstaltungsangebot im privaten wie im öffentlichen Raum», erklärten sie damals gegenüber zentralplus.

Das hält die Luzerner Polizei von den Partys

Doch zurück in die Gegenwart, zurück zum 13. Dezember. Der Luzerner Polizei seien die beiden Veranstaltungen nicht entgangen, schreibt Pressesprecher Yanik Probst auf Anfrage. Ob sich die Polizei ob der Aufmerksamkeit geschmeichelt fühlt oder die Anlässe als ernst zu nehmende Kritik versteht, ist bei Probst nicht in Erfahrung zu bringen.

Auch ob die Äusserung «ACAB» strafbar ist, kann er nicht grundsätzlich beantworten. Dies zu beurteilen, sei Sache der Staatsanwaltschaft und der Gerichte, schreibt Probst.

Ein Blick in hiesige Zeitungsberichte zeigt jedoch, dass bereits die blosse Äusserung der vier Buchstaben zu einer Strafanzeige führen kann. So berichtete die «Aargauer Zeitung» 2015, dass ein FCZ-Fan bei einem Fussballspiel in Aarau einem Polizisten beim Vorbeigehen «ACAB» zugerufen habe. Der Beamte reichte Strafanzeige ein. Der FCZ-Fan wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 900 Franken und einer Busse von 200 Franken verurteilt.

Gegenüber «Nau» hält eine Sprecherin der Kantonspolizei Aargau fest, dass solche Beleidigungen zum Alltag der Polizei gehören. «Aussagen wie diese richten sich jedoch meist gegen die Uniform und nicht gegen die Person, die sie trägt.» Deswegen gehe man auch gelassen mit solchen Äusserungen um.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Sketchy, DJ und Veranstalter des Kollektivs Hakkendicht
  • Schriftlicher Austausch mit Yanik Probst, Mediensprecher der Luzerner Polizei
  • Website des Musikzentrums Sedel
  • Website des Neubads
  • Artikel von «Nau»
  • Artikel der «Aargauer Zeitung»
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