Kontrolle ohne Grund? Luzerner prangert Polizei an
Der Leser kritisiert die Luzerner Polizei scharf. (Bild: Symbolbild: bic)
Polizeikontrolle ohne Grund und Verdacht? Das soll einem zentralplus-Leser widerfahren sein. Er wittert Willkür und sei auch noch falsch informiert worden. Die Polizei sieht die Sache anders. Der Leser geht nun durch alle Instanzen.
Es hätte eigentlich nur ein Verdauungsspaziergang werden sollen. Der zentralplus-Leser war zuvor mit einem Bekannten in Littau in einem asiatischen Restaurant essen. Danach vertraten sie sich die Beine. Gegen Ende des Spaziergangs kamen sie vom Fluss herkommend am Hornbach vorbei. An der Kreuzung bei der Thorenbergstrasse wartete schon eine Polizeipatrouille. Personenkontrolle habe es geheissen – ohne Grund und Verdacht, findet der Leser.
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was den Leser stört
was für Polizisten gilt, wenn sie eine Kontrolle durchführen
Er schildert die Kontrolle so: Zwei Polizisten hätten sie abgefangen und die Ausweise verlangt. Der Leser – aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wird er nicht beim Namen genannt – habe nach dem Grund für die Kontrolle gefragt, zunächst aber keine Antwort erhalten. Einer der beiden Polizisten habe noch gesagt, die Polizei könne nach eigenem Gutdünken Kontrollen durchführen, ohne Verdacht oder Grund.
Schliesslich sei ihnen eröffnet worden, dass es in der Gegend vermehrt Einbrüche gegeben habe. Der Leser und sein Kollege seien den Polizisten verdächtig erschienen, da sonst kaum jemand beim Hornbach vorbeispaziere und sie sich «zögerlich» bewegt hätten.
Zustände wie in Nordkorea oder Russland?
Alles Quatsch, findet der Leser. Zunächst hält er den angeblichen Grund für die Kontrolle für fadenscheinig. «Wir waren in normalem Spaziertempo unterwegs», erzählt er. Sie seien gemütlich direkt auf die Polizisten zugegangen. «Also alles andere als verdächtig.» Dass es in der Gegend sonst nur wenig Spaziergängerinnen gebe, möge sein, sei aber schlicht irrelevant.
«Dass man sich als Passant dabei automatisch verdächtig macht und sich einer Personenkontrolle unterziehen lassen muss, mag in Ländern wie Nordkorea, Iran oder Russland vielleicht der Fall sein, ist in der Schweiz und ihrer in der Verfassung garantierten Bewegungsfreiheit aber schlicht inakzeptabel.»
Weiter glaubt er, dass ihm der eine Polizist mit der Behauptung, sie bräuchten keinen Verdacht, eine Lüge aufgetischt hatte. Ausserdem habe einer der beiden Polizisten kein Namensschild getragen.
Das müssen Polizisten bei Kontrollen beachten
Der zentralplus-Leser stört sich derart an der Kontrolle, dass er diese bei der Polizei beanstandet. Der darauf folgende Schriftverkehr liegt zentralplus vor.
Die erste Antwort der Polizei ist in der Tonalität versöhnlich, inhaltlich aber eisern: Ja, es brauche immer einen Grund für eine Kontrolle, dieser sei aber genannt worden. Dass dies nach der Kontrolle geschah, sei unproblematisch. Wenn der Eindruck entstanden sei, dass einer der Polizisten das Gegenteil gesagt habe, sei dies wohl auf ein Missverständnis zurückzuführen. Der Umstand, dass einer der Polizisten kein Namensschild getragen habe, sei «korrigiert worden».
Auf Anfrage von zentralplus heisst es bei der Luzerner Polizei weiter: «Grundsätzlich handeln die Polizistinnen und Polizisten nach dem Polizeigesetz, wobei hierbei insbesondere Paragraf 9 massgebend ist. Willkürliche Kontrollen sind nicht gestattet.» Aber: «Nach Gesetz ist die Polizei nicht verpflichtet, einen Kontrollgrund zu nennen.»
Betreffend des Namensschilds heisst es, im uniformierten Alltagsdienst sei seitens Luzerner Polizei generell das Namensschild zu tragen. Polizeiangehörige würden bei der Vornahme von Amtshandlungen ihren Namen bekanntgeben, soweit die Umstände es zulassen. Es gebe jedoch einsatzbezogene Situationen, bei denen das Namensschild nicht getragen und der Name nicht bekannt gegeben werde.
Leser will gar eine Karte, wo er spazieren kann
Für den zentralplus-Leser ist die Rückmeldung der Polizei aber alles andere als befriedigend. Er beschwert sich beim Polizeikommandanten. Es entsteht ein offizielles Verfahren mit einer Verwaltungsbeschwerde. Diese ist derzeit beim Justiz- und Sicherheitsdepartement hängig.
Der Leser verlangt eine Entschuldigung, die Feststellung, dass die Kontrolle widerrechtlich war, den Namen des einen Polizisten – und eine Karte, wo überall in Luzern es die Polizei als unproblematisch erachtet, sich als Spaziergänger aufzuhalten, ohne verdächtig zu wirken. Wie ernst es ihm mit Letzterem ist, kann nicht abschliessend beurteilt werden.
Was den Leser an der ganzen Geschichte besonders stört: Für das Verfahren wollen die Behörden einen Kostenvorschuss von 1500 Franken. Das ist üblich. Den Leser stört es aber. Er wolle eigentlich nur eine Entschuldigung, nun müsse er noch tief in die Taschen greifen, obwohl er selbst doch nichts falsch gemacht habe.
«Sie finden wieder ein Schlupfloch»
Mittlerweile hat sich der Leser direkt an Regierungsrätin Ylfete Fanaj (SP), Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements, gewendet. Bezahlt hat er den Kostenvorschuss noch nicht. Mittlerweile geht es ihm ums Prinzip. Wenn man so viel bezahlen müsse, um Missstände zu beanstanden, würden diese doch gar nicht aufgeklärt. Der Leser hofft, dass die Regierungsrätin ein Machtwort spricht.
«Was mich so unglaublich aufregt, ist, dass es eigentlich klare Gesetze oder Vorschriften zum Beispiel seitens des Regierungsrats gibt, aber wenn der Ernstfall eintritt, stimmt es natürlich nicht, denn dann finden sie wieder irgendein Schlupfloch, wieso es doch wieder anders ist», sagt er.
Eine Antwort von Fanaj ist noch ausstehend, das Verfahren noch pendent. Klar ist: Beim Leser hat das Image der Polizei und der Rechtsprechung einige Kratzer bekommen.
Schreibt gerne über harte Fakten und skurrile Aufreger. Seit über zehn Jahren Journalist bei Online, Print und Fernsehen. Für zentralplus schreibt der Wahl-Luzerner seit 2024.
Was bitte soll Frau Fanaj auf so einen Käse antworten? Tut der anonyme Kontrollierte sich einfach als mutmasslicher Genosse mit dem kleinen Dienstweg wichtig machen tun?