Urgestein der Zuger Polizei tritt zurück

43 Jahre Polizist: die bewegte Karriere von Kurt Wipfli

Er könnte ganze Bücher darüber schreiben, was er in seiner langen Karriere als Polizist alles erlebt hat. Neben schönen Erinnerungen etwa als «Schulpolizist» beschäftigt ihn vor allem ein Ereignis bis heute.

Wir treffen Kurt Wipfli in seiner alten Wirkungsstätte, bei der Zuger Polizei. In einem Büro mit schönem Blick in die Stadt kommt der Neo-Pensionär ein bisschen ins Grübeln: «Es ist komisch – plötzlich bin ich hier auf Hilfe angewiesen», sagt er uns. Er, der Mann, der jeden Gang im Hauptgebäude kennt, kommt plötzlich nicht mehr so einfach rein. «Ich muss mich wie jeder andere Besucher unten anmelden, um hereinzukommen.»

Seit dem 1. Mai, ausgerechnet am Tag der Arbeit, ist Wipfli im wohlverdienten Ruhestand. In den über 40 Jahren als Polizist hat er unzählige schöne und auch schlimme Momente im Kanton Zug miterlebt.

Mit 22 Jahren zur Polizei

Kurt Wipfli hat einen technischen Beruf gelernt. Wie so viele, die bei der Polizei arbeiten, hat er quasi ein Helfersyndrom. «Ich habe schnell gemerkt, dass ich der Bevölkerung helfen will. Die Entscheidung, Polizist zu werden, habe ich wirklich niemals bereut.» Im Alter von 22 Jahren ist er bei der Polizei eingetreten.

Als Polizist hat Wipfli seine Stadt und seinen Kanton von einer ganz eigenen Seite kennengelernt. Wer hat sonst schon einen solchen Einblick in alle Schichten der Gesellschaft? Auch hat die Zuger Polizei seine Ortskenntnisse massiv verbessert. «Auf Streife mit dem Patrouillenwagen musste ich plötzlich auch Flurnamen kennen. Wenn es zum Beispiel am Funk hiess, dass wir ins Lampertswiler Ried ausrücken sollen.»

Viel Freude bereitete Wipfli seine Aufgaben mit den Kindern. Während 15 Jahren war er Verkehrsinstruktor im Kanton Zug: «Ich durfte als Polizist auch die Schulklassen besuchen. Vom Kindergarten bis zur Oberstufe war da alles dabei.» Und er hat offenbar einen bleibenden Eindruck hinterlassen: «Ich werde heute noch von Personen auf der Strasse angesprochen und gefragt, ob ich nicht der Polizist vom Verkehrskundeunterricht sei.» Auch heutige Kollegen sprechen ihn auf seine Schulbesuche an und verraten, dass er bei ihnen die Begeisterung für den Polizeiberuf geweckt hat.

In ewiger Erinnerung bleibt das Zuger Attentat

Neben den schönen Momenten gibt es natürlich auch die schlimmen. Laut Wipfli erlebt jeder bei der Polizei, auch wenn die Karriere nicht so lange dauert, solche dunklen Momente.

Einer bleibt ihm besonders in Erinnerung: «Das Schlimmste war für mich das Zuger Attentat.» Wipfli war relativ schnell vor Ort und hat an der Front des Tatorts geholfen. «Das wühlt auf, auch Jahre später ist dies noch so.» Und plötzlich brauchten auch die Helfer selbst psychologische Hilfe (zentralplus berichtete). Über das Erlebte zu sprechen, auch mit anderen Betroffenen, half laut Wipfli sehr.

Immer wieder wurde Kurt Wipfli in seiner Karriere mit dem Tod konfrontiert. Die Bilder von schlimmen Verkehrsunfällen und die damit verbundenen Schicksale bleiben auch an einem Polizisten hängen. Wipfli betont aber, dass insbesondere Verkehrsunfälle früher mehr Todesopfer forderten als heute.

«Im ersten Moment funktioniert man einfach, das ist der tägliche Job und Routine. Doch die Erinnerungen bleiben». Danach kamen auch bei ihm die Gedanken über die Opfer und die Frage, warum so etwas Schlimmes passieren musste.

Was sich in den 40 Jahren am meisten verändert hat und was uns Kurt Wipfli sonst noch erzählt hat? Du erfährst es, oben im Video.

Verwendete Quellen

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Marc
    Marc, 29.05.2022, 11:35 Uhr

    Polizisten haben kein Helfersyndrom, sie denken viel eher sie seien was Besseres und Stunden über den Anderen. Die meiste Zeit helfen sie ja auch nicht, sondern schikanieren die Bevölkerung.

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    • Profilfoto von Pantoffelheld
      Pantoffelheld, 30.05.2022, 23:02 Uhr

      Bist du sicher, Marc? Was denkst du, wie sieht den so ein Alltag einer Polizistin aus? Nur Bussen verteilen, Radarfallen aufstellen und Leute zurechtweisen? Ich habe das Gefühl, der Job ist um einiges anspruchsvoller, häusliche Gewalt, Suizid, schwere Gewaltverbrechen, soziale Missstände und wahrscheinlich noch viel mehr… Und, dahinter stecken Menschen, mit Ecken und Kanten wie du, oder?

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