Waren die Achtundsechizger nur Chaoten?

Politischer Aschermittwoch im Entlebuch: Pfister streitet mit Gross

Andi Gross (links), Dominik Feusi und Gerhard Pfister.

(Bild: zvg)

Der CVP-Parteipräsident tritt gegen einen Armeeabschaffer und Post-Hippie an. Unter diesem Titel lässt sich der politische Aschermittwoch in Schüpfheim zusammenfassen, wo Gerhard Pfister und Andreas Gross über die 68er-Bewegung referierten und dann miteinander diskutierten.

Um die 150 Besucher fanden den am Aschermittwoch den Weg in den Saal des Hotel Kreuz in Schüpfheim. Bereits bei der Eröffnung des Anlasses durch Präsidentin Jeannette Riedweg, der neuen Präsidentin des Vereins «Politischer Aschermittwoch im Entlebuch», konnte man erahnen, dass der politische Aschermittwoch über Parteigrenzen hinweg Beachtung findet. So war nebst Regierungspräsident Guido Graf (CVP) auch Kantonsratspräsidentin Vroni Thalmann (SVP) anwesend.

Was ist geblieben?

In ihrem Eingangsvotum leitete Jeannette Riedweg kritisch in das Thema der 68er-Bewegung ein. Dabei zitierte sie verschiedene Exponenten dieser Zeit und stellte die Frage, ob diese «pseudo-linke Politik» überhaupt etwas bewegt habe.

Als erster Referent und «Nach-Achtundsechziger» trat alt SP-Nationalrat Andreas Gross auf. Dieser stellte gleich zu Beginn klar, dass er selber kein Achtundsechziger im eigentlichen Sinne sei – sicherlich jedoch ein Kind davon. Andi Gross hob in seiner Rede vor allem die positiven Aspekte der Bewegung hervor. So sei vieles was heute selbstverständlich sei, aus dieser entstanden.

Teilhabe an der Demokratie

Beispielsweise würden seither Machtansprüche kritischer hinterfragt. Zudem habe die 68er-Bewegung die Demokratisierung der Demokratie bewirkt, indem die Demokratie nicht nur als Staatsform, sondern auch als Lebensform aufgegangen sei.

Gross betonte, dass die Beweggründe der 68er-Bewegungen nicht überall dieselben waren. Während es in den USA vor allem darum ging, gegen den tödlichen Vietnamkrieg zu demonstrieren, seien in Frankreich tausende auf die Strasse gegangen, weil sie nicht mehr nur ein «Rädchen in der Fabrik» sein wollten.

Die Vandalen – Erben der Achtundsechziger

Kritischer der 68er-Bewegung gegenüber stand CVP-Präsident und Nationalrat Gerhard Pfister, welcher zum wiederholten Male als Referent beim politischen Aschermittwoch im Entlebuch auftrat. Einleitend rang er der Bewegung jedoch gleich etwas Positives ab. So hätte man sich vor dieser Zeit kaum vorstellen können, dass ein Nationalrat eine Rede ohne Krawatte gehalten hätte, wie er es heute tue.

In seiner Kritik am Erbe der 68er-Bewegung erwähnte Pfister vorwiegend, dass das Gewaltmonopol in Frage gestellt worden sei. Vandalen-Akte wie jeweils an den 1. Mai-Demos oder die Probleme mit der Reithalle in Bern seien durchaus als Auswuchs der 68er zu betrachten. Zudem sei es verheerend, dass Gewalt von Linksextremen nicht mit derselben Schärfe verurteilt werde, wie jene von rechts. Dies vor dem Hintergrund, dass man fälschlicherweise davon ausgehe, dass es von der linken Seite ja eher gut gemeint sei.

Von der Denkfaulheit und der Watte

Unter der Leitung von BaZ-Bundeshausjournalist Dominik Feusi kreuzten im Anschluss die beiden Referenten die Klingen. Einige pointierte Aussagen führten zu einer lebhaften Gesprächsrunde. denn Die beiden Kontrahenten liessen es sich nicht nehmen, einander mit kleineren oder auch grösseren Seitenhieben anzustacheln. So warf der Sozialdemokrat Andi Gross der CVP von Gerhard Pfister «Denkfaulheit» vor. Deshalb habe sie viel Einfluss eingebüsst.

Gerhard Pfister gab sich diesbezüglich durchaus selbstkritisch. Er selber gab zu bedenken, dass die 68er-Bewegung verursacht habe, dass vieles zu lange diskutiert werde. Er vermisse «gute Kritik». Diese sei heute nur noch in «links-liberale Watte» gepackt.

Abgerundet wurde der Politische Aschermittwoch im Entlebuch durch die traditionellen Käseschnitten mit Bier und ausgiebigen Gesprächen und Anekdoten aus eigenen 68er-Erlebnissen.

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