Umstrittene Zeitschrift: 65’000 Exemplare für Zug

Zuger SVP präsentiert sich in rechtsnationaler «Schweizerzeit»

«Schweizerzeit»-Sondernummer für Zug.

(Bild: mam)

Die Zuger SVP verbindet die Verbreitung von rechtsnationalem Gedankengut mit dem Wahlkampf. Mit Inseraten aus Zug wurde eine Sondernummer der «Schweizerzeit» finanziert, welche in allen Briefkästen des Kantons gelandet ist. Das Pilotprojekt soll andernorts fortgesetzt werden.

«Asylant Abdul ben Schmarotzo» – so weiss das rechtsnationale Magazin «Schweizerzeit» – profitiere von den Skos-Richtlinien und erhalte deswegen mitsamt seinem «Clan» – gemeint ist seine Familie – von der Sozialhilfe geldwerte Leistungen im Umfang von 7’000 Franken.

Dies sei ein Betrug an allen Schweizer Rentnern, heisst es ohne weitere Begründung in der neusten «Schweizerzeit». Das Heft wurde am Montag an alle 65’300 Haushaltungen im Kanton verteilt. Es soll der Zuger SVP als Wahlplattform dienen.

Zuger Kandidaten in merkwürdigem Licht

Stellt sich die Frage, welchen Gewinn sich Zuger Exponenten, die für ein Exekutivamt kandidieren, vom Auftritt in der bräunlichen Postille versprechen. Sowohl Regierungsrat Heinz Tännler tauchen darin auf wie auch Stadtratsvizepräsident André Wicki, der gerne Dolfi Müller als Zugs Stadtvater beerben möchte. Er hat ein ganzseitiges Inserat geschaltet.

«Mit vielem bin ich einverstanden, einiges müsste ich noch überprüfen.»

Philip C. Brunner, Kandidat für die Zuger Stadtregierung

Und auch Philip C. Brunner, der in der Zuger Stadtregierung Platz nehmen möchte, ist prominent vertreten. Er inseriere ja auch in anderen Medien, ohne dass er mit all ihren Inhalten einverstanden sei, sagte er gegenüber zentralplus. So sei es auch bei der «Schweizerzeit»: «Mit vielem bin ich einverstanden, einiges müsste ich noch wie jeder andere Leser überprüfen.»»

Heinz Tännler sagte auf Anfrage, dass er vom Inhalt des Magazins nichts wüsste. Das Inserat habe die Wahlkampfleitung für ihn geschaltet.

Planung für Luzern und Baselland läuft

Tatsächlich handelt es sich um die erste Grossauflage, welche die «Schweizerzeit» in einem ganzen Kanton verteilen könne, sagt Anzeigenleiter Markus Rezzonico. Fürs Berner Oberland habe man schon eine Extraauflage gemacht, aber eine spezielle Nummer wie für Zug gäbe es nun zum ersten Mal.

Dank Inserenten, die der Zuger SVP nahestehen, wie etwa Treuhänder Hans Durrer, Unternehmer Adrian Risi, Juwelier Adrian Rösselet – alle aus der Stadt Zug – oder der Chamer Generalunternehmung Aula konnte die 40 Seiten dicke Nummer des rechten Magazins finanziert werden. 16 Seiten davon sind exklusiv für die Zuger SVP reserviert.

Knapp 40 Männer, zwei Frauen

Diese präsentiert nun Bilder von gegen 40 männlichen und zwei weiblichen Kandidaten. Nationalrat Thomas Aeschi, Präsident der Kantonalpartei, hat einen Wahlaufruf geschrieben. Ebenso wie Stadtratskandidat Philipp C. Brunner, welcher der Stadtpartei vorsteht, und Gregor R. Bruhin, Fraktionschef im Zuger Stadtparlament, der für die Jungen in der Partei das Wort ergreift.

Überhaupt nimmt die städtische SVP einen grossen Teil des redaktionellen Platzes in Anspruch. Die Baarer oder Rischer Ortspartei etwa fehlen vollständig. Es handle sich nicht um die SVP-Wahlzeitung, sagte Philip C. Brunner, sondern um die Möglichkeit zur Selbstdarstellung für SVP-Politiker und eine Art Pilotprojekt. Tatsächlich ist die «Schweizerzeit» dabei, ähnliche Sondernummern für Luzern, Baselland oder Zürich zu prüfen, wie Anzeigenleiter Rezzonico gegenüber zentralplus bestätigte.

Zwei Altherren und ein Jungspund als Scharfmacher

Natürlich interessiert, in welchem Umfeld sich die Zuger SVP hier präsentiert, eilt doch den Machern der zweiwöchentlich erscheinenden «Schweizerzeit» ein Ruf voraus. Gegründet wurde das Heft vom früheren Zürcher SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer.

Der 74-Jährige, der seine politische Karriere einst als Mitarbeiter von Überfremdungsgegner James Schwarzenbach und Befürworter des Apartheidsregimes in Südafrika begann, ist immer noch Schriftleiter, zusammen mit dem anderen pensionierten Rechtsausleger der Zürcher SVP, Hans Fehr (71), Freund der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns).

Dritter im Bund der Chefredaktoren ist Anian Liebrand (28), einstiger Präsident der Jungen SVP der Schweiz. Er war Ende 2015 wegen übler Nachrede verurteilt worden. Liebrands Abgang bei der Luzerner SVP ging mit Nebengeräuschen über die Bühne (zentralplus berichtete). Der Mann aus Beromünster zog später für seinen neuen Job ins Zürcher Weinland.

Hauptthema: böse Migranten

Das illustre Trio serviert den Lesern ein Magazin, dessen thematischer Schwerpunkt eindeutig übergriffigen Einwanderern gewidmet ist: Fünf Inhalte befassen sich damit – wobei sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen, Schlägereien, die Ausländer unter Zivilisten anstiften, und Gewalt gegen die Behörden  kunterbunt gemischt werden.

In drei Artikeln geht es gegen die EU, wobei eine der Kampfschriften aus dem Zuger Teil der Zeitschrift stammt. Mobil gemacht wird sowohl gegen die «fremden Richter» wie auch gegen ein Rahmenabkommen. Gelobt hingegen werden Freihandelsabkommen. Auf den gefallenen Raiffeisenbanker Pierin Vincenz wird eingeprügelt, weil er sich für die Abschaffung des Bankgeheimnisses starkgemacht habe. Dazu gibt’s Literaturtipps, einen Witz und ein paar tendenziöse bis rassistische Streiflichter wie jenes über «Asylant Abdul ben Schmarotzo».

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1 Kommentar
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 12.09.2018, 15:25 Uhr

    Ich stimme in vielem mit der SVP überein, aber dieses Heft ist derart dumm und Sie bieder sich dem rechtsnationalen an. Für mich ist die SVP absolut wählbar geworden. Wenn es wahltechnisch sinnvoll erschiene würde sie sich sogar Neonazis anschliessen, das ist keine Partei mehr die der Schweiz würdig ist

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