CVP verbündet sich im Kantonsrat mit der GLP

Zuger SVP beklagt Verlust von Einfluss und Macht

Thomas Meierhans (CVP, links) und Daniel Stadlin (GLP) haben sich auf eine Fraktionsgemeinschaft verständigt. Das gibt Thomas Werner (SVP) Anlass für ein Donnerwetter.

(Bild: Montage mam)

Nichts weniger als einen Linksrutsch im Kanton Zug befürchtet der Unterägerer SVP-Kantonsrat Thomas Werner wegen der geplanten Fraktionsgemeinschaft von CVP und GLP. «Die Wähler sind hinters Licht geführt worden», sagt er. Grünliberale und Christdemokraten weisen dies zurück. Sie wollen «unheilige Allianzen» der Polparteien im Kantonsparlament verhindern.

«Die konstruktive Mitte stärken» wollten sie, schreiben CVP und GLP des Kantons Zug im November in einer knappen Medienmitteilung. Und begründeten so die geplante Fraktionsgemeinschaft im Zuger Kantonsparlament. Diese wird in zwei Wochen zum ersten Mal bedeutsam, wenn sich der Kantonsrat konstituiert und über die Zusammensetzung der wichtigen Kommissionen berät.

Denn durch den Zusammenschluss von Grünliberalen und Christdemokraten unter der Flagge der CVP gewinnt die CVP als grösste Partei im Kanton in allen acht ständigen Ausschüssen einen Sitz hinzu und stellt mit fünf Abgeordneten künftig ein Drittel aller Mitglieder. Leidtragende ist die SVP, die nach Wähleranteilen zweitstärkste Partei im Kanton. Sie darf nur noch drei statt vier Kantonsräte in die Kommissionen entsenden. Auch die FDP muss einen Sitz in allen Kommissionen an die SP abgeben. Die Grünen hingegen behalten ihren Besitzstand.

Gegen eine politische Blockade

«Durch die Fraktionsgemeinschaft verfügt die Mitte in den 15-köpfigen Kommissionen wieder über eine Mehrheit», rechnet CVP-Fraktionschef Thomas Meierhans aus Steinhausen vor. Die CVP stelle fünf Mitglieder, die FDP drei, so könne man die sieben Vertreter der Polparteien überstimmen. «Denn wir haben festgestellt, dass politische Lösungen im Kanton Zug immer wieder durch ‹unheilige Allianzen› blockiert werden», sagt Meierhans.

«Das fängt immer öfter auch in den Kommissionen an.» Die SVP stimme gegen einen Lösungsvorschlag, die Linken aus einem völlig unterschiedlichen Grund ebenfalls – so käme man nicht voran. In der Tat wären ohne die Zusammenarbeit von GLP und CVP die Polparteien in Kommissionen in der Mehrheit, da ja die SP einen FDP-Sitz gewinnt.

Brandrede gegen CVP

Augenscheinlich werde die Blockadesituation beim Planungs- und Baugesetz, wo SVP und Linke einen mühsam erarbeiteten Kompromiss torpedierten, indem sie ihn dem Behördenreferendum unterstellten. «Das ist zwar legitim», sagt Meierhans. «Aber wie wollen Sie eine solch komplexe Materie dem Stimmvolk erklären?»

«Die Kommissionen sind wichtig, weil dort alle Gesetze vorbereitet werden.»

Thomas Werner (SVP)

Das erstarkte Selbstbewusstein der CVP erfreut die SVP wenig. Thomas Werner, SVP-Kantonsrat aus Unterägeri, greift deshalb zum verbalen Zweihänder und attackiert die CVP in einem Meinungsbeitrag in verschiedenen Zuger Printmedien frontal. Sie habe sich durch die Zusammenarbeit mit den Grünliberalen zu einem «markanten Richtungswechsel nach links» entschieden.

«Dreister Etikettenschwindel»

Die Zusammenarbeit mit der GLP stelle einen «dreisten Etikettenschwindel» dar, behauptet Werner. Zumal sich Vertreter der CVP vor der Wahl bürgerlich gaben und «rechts geblinkt» hätten. Er fragt sich gar, ob die CVP mit ihrem Entschluss Wähler hinters Licht geführt hätten. «Was mich stört, ist, dass die CVP nicht vor den Wahlen über die Möglichkeit zu einer Fraktionsgemeinschaft gesprochen hat», erklärt Werner.

Freilich stand eine solche auch nicht zur Diskussion. Denn die Grünliberalen hofften, im Oktober im Kantons- und im Stadtparlament je einen Sitz hinzuzugewinnen und nach mehreren Anläufen endlich Fraktionsstärke zu erreichen. Im Stadtparlament ist das geglückt, im Kantonsrat nicht.

In Ausschüssen wird vorgespurt

Deshalb ist man nun fürs Kantonsparlament eine Fraktionsgemeinschaft mit der CVP eingegangen. «Ich habe nun acht Jahre politisiert», ohne dass wir Einblick in die Kommissionsarbeit gehabt hätten», sagt Daniel Stadlin, GLP-Kantonsrat und Vizepäsident der Kantonalpartei. «Es ist unglaublich mühsam.» Ohne das Hintergrundwissen aus den Kommissionen sei eine politische Meinungsbildung und Mitarbeit schwierig.

Ausserdem hat eine Kleinpartei, die nicht als Fraktion auftreten kann und deshalb keine Kommissionssitze bekommt, erheblich weniger Einfluss. «Die Kommissionen sind wichtig, weil dort alle Gesetze vorbereitet werden», sagt Thomas Werner. «Und dort verlieren wir nun an Einfluss, obwohl sich an unserm guten Wahlresultat nichts geändert hat.»

«Absoluter Blödsinn»

Für Irritation sorgt Werners Behauptung, die Grünliberalen seien eine linke Partei und die CVP hätten sich mit ihrer «Einverleibung» aus dem bürgerlichen Lager verabschiedet. «Absoluter Blödsinn», kontert Meierhans. «Die CVP ist vieles, aber nur nicht links.» Auch Daniel Stadlin ist nicht erbaut: «Diese These kann ich überhaupt nicht nachvollziehen», sagt er. «Wir Grünliberalen sind von den Linken gerade bei der Finanzpolitik meilenweit entfernt».

Da die SVP die am weitesten rechts stehende Zuger Partei ist, stehen automatisch alle andern links von ihr. Freilich werden die Mitteparteien FDP, CVP und GLP gemeinhin als bürgerlich betrachtet, weil sie objektiv den Schutz des Eigentums vertreten, niedrige Steuern verfechten und die Eigenverantwortung des Bürgers hochhalten.

Was bedeutet politische Mitte?

Werner hält dagegen. Politische Mitte bedeute nicht automatisch bürgerlich zu sein, findet er. «Die SVP wurde im Kanton Zug vor allem deshalb gegründet, weil CVP und FDP immer weiter nach links gedriftet sind», sagt er. 

Das war in den 1990er-Jahren. Damals stand die Zuger CVP – im Unterschied zur nationalen Partei – deutlich rechts der Zuger FDP, die damals noch weltoffener politisierte. Und der heutige Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister zementierte den Ruf der Rechtslastigkeit noch. Als Präsident der kantonalen CVP hackte er mit der CSP den linken Flügel der Partei ab und schickte die Christlichsozialen in die politische Wüste. Seither spannt die CSP in Zug mit den Alternativen zusammen.

Gerhard Pfister ist der Leuchtturm

Doch mittlerweile hat sich die Wahrnehmung der Christdemokraten verändert. «Bei der CVP gibt es solche, die bei uns mitmachen könnten, aber auch solche, die gerade so gut bei der SP sein könnten», findet SVP-Mann Thomas Werner. Auch der Grünliberale Daniel Stadlin würde die Verortung der Zuger CVP als rechts von der FDP stehend «nicht unterschreiben». «Dafür ist die Partei einfach zu heterogen», so Stadlin.

Meierhans, der Anführer der Christdemokraten im Zuger Kantonsrat, sieht die Partei am besten durch den Oberägerer Gerhard Pfister repräsentiert. So wie Pfister politisiere, so sei auch die Zuger CVP positioniert, meint er.

Aus dem Fall Pezatti gelernt

Wenn sich aber die Zuger CVP durch den nationalen Parteipräsidenten Gerhard Pfister definiert, der deutlich rechts der Mitte politisiert, stellt sich die Frage, ob sich die Grünliberalen durch die Fraktionsgemeinschaft nicht von den Rechten vereinnahmen lassen. Zumal ihnen dies schon einmal passiert ist.

Bei den Nationalratswahlen vor drei Jahren unterstützten die Grünliberalen den FDP-Mann Bruno Pezzatti – um nach einer Weile ernüchtert festzustellen, dass der Freisinnige wenig für den Umweltschutz übrig hat und in Bern gegen die Interessen der GLP stimmt. «Einen zweiten Fall Pezzatti wird es nicht mehr geben», entgegnet der Grünliberale Daniel Stadlin energisch.

Kein Stimmzwang

«Im Kantonsrat behalten wir unsere Freiheit», sagt er. Es bestehe kein Fraktionszwang und keine Verpflichtung, nach der Mehrheitsmeinung zu stimmen. Einen Stimmzwang habe es auch bei der CVP bisher nicht gegeben, ergänzt Meierhans. «Wir überzeugen durch Argumente.»

Wie die zusätzlichen Kommissionssitze unter den beiden Parteien aufgeteilt werden, sei besprochen, aber noch nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sagt Stadlin. «Aber wir werden von der GLP aus nicht alle Sitze in den acht ständigen Kommissionen beanspruchen», sagt Stadlin. Also wird die CVP per saldo an Einfluss im Zuger Kantonsparlament gewinnen.

Nächster Schritt: Wahlen ins Bundesparlament

«Schliesslich soll die Fraktionsgemeinschaft einen Gewinn für beide Seiten abwerfen», sagt Meierhans. Man werde aber der GLP die Vertretung in ihren Wunschkommissionen ermöglichen. Ebenfalls «mitnehmen» will die CVP die Grünliberalen künftig in die Ad-hoc-Kommissionen, die extra für die Beratung eines wichtigen Gesetzes gegründet werden und tendenziell immer mehr werden. Momentan gibt es zehn davon.

Eine Zusammenarbeit für die kommenden Wahlen in den National- und Ständerat ist indes noch nicht beschlossen – aber andiskutiert. «Dafür ist es jetzt noch zu früh», sagt Meierhans. Obwohl entsprechende Überlegungen gemacht würden, wie auch Stadlin bestätigt.

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