Stadtarchitekt ist auch Kommissionspräsident

Zuger Stadtbildkommission büsst an Unabhängigkeit ein

Die Stadtbildkommission wird seit kurzem vom Stadtarchitekten präsidiert. Stadträtin Eliane Birchmeier sieht in dieser Doppelfunktion kein Problem hinsichtlich der Unabhängigkeit der Kommission. (Bild: zvg)

Die Stadt Zug sucht einen neuen Stadtarchitekten. Gemäss Stellenbeschrieb soll dieser auch das Präsidium der Stadtbildkommission übernehmen. Dass diese Anpassung der Stadt zu mehr Einfluss verhelfe, dementiert die Bauchefin.

Wenn in der Stadt Zug ein neues Gebiet überbaut wird, wie etwa aktuell das Göbli, dann kann kommt auch die Stadtbildkommission (SBK) zum Einsatz. Diese aus Fachleuten, zumeist Architekten, bestehende Kommission berät den Stadtrat hinsichtlich städtebaulicher Fragen bei der Planung eines Bauprojekts.

Damit soll verhindert werden, dass Häuser wie Kraut und Rüben aus dem Boden schiessen und kein stimmiges Gesamtbild ergeben. Bloss: Die SBK ist unabhängig von der Verwaltung. Das bedeutet, dass sie nicht immer im Sinne des Stadtrats agiert. Beispiele dafür gibt es einige. Etwa, als sie und die kantonale Denkmalpflege 2011 grosse Bedenken über einen Neubau des alten Warenhauses EPA äusserten.

Das Baugesuch der Besitzerin Swiss Life lehnte der Stadtrat infolgedessen ab. Die Bedenken der Denkmalpflege und der SBK in den Wind zu schlagen, war für ihn damals keine Option.

Ähnlich erging es den Plänen für die Überbauung der Löberenwiese ein Jahr davor. Das Projekt wurde infolge der vernichtenden SBK-Beurteilung redimensioniert.

Eine einflussreiche Kommission

Es sind nur zwei von mehreren Beispielen aus den letzten Jahren, die den Einfluss der SBK aufzeigen. Dies, obwohl sie selbst über keine Weisungsbefugnis verfügt. Präsidiert wurde die SBK bis Ende 2020 von einem verwaltungsunabhängigen Mitglied.

Das hat sich nach dem Rücktritt des langjährigen SBK-Präsidenten Nick Graber, einem Architekten aus Luzern, geändert. Gemäss der städtischen Bauchefin Eliane Birchmeier habe der Stadtrat Ende 2020 «aus organisatorischen Gründen die Leitung der SBK neu dem Stadtarchitekten übertragen». Konkret also Christian Schnieper, der Ende 2021 völlig unerwartet aufgehört hat (zentralplus berichtete). Über die Gründe seines Rücktritts kann bis heute nur spekuliert werden.

«Eine interne Vertretung entlastet die Kommissionsmitglieder.»

Eliane Birchmeier, Zuger Bauchefin

Birchmeier begründet die Koppelung der beiden Ämter wie folgt: «Zu den Hauptaufgaben des Präsidenten gehört nicht nur die Leitung der monatlichen Sitzungen, sondern auch die teils sehr aufwendige Vorbereitung der Kommissionsgeschäfte und die Koordination mit unterschiedlichen städtischen Abteilungen.»

Und weiter: «Eine interne Vertretung erleichtert die Durchführung dieser Aufgaben wesentlich und entlastet die Kommissionsmitglieder, respektive schafft die Voraussetzungen, damit diese den Fokus auf ihre fachliche Aufgabe legen können.»

So weit, so nachvollziehbar. Doch durch die Änderung der Struktur präsidiert mit dem Stadtarchitekten nun eine verwaltungsinterne Person die SBK. Damit dürfte sich die Gefahr verringern, dass die Kommission eine diametral andere Haltung einnimmt als der Stadtrat.

Die Frage, ob die Verwaltung mit der Anpassung entsprechend mehr Einfluss erhält, beantwortet die Bauchefin wie folgt: «Die Beschlussfassung obliegt den Mitgliedern der Kommission. Im Gegensatz zu früher ist der Präsident nicht stimmberechtigt. Ihm fällt einzig der Stichentscheid im Falle einer Stimmengleichheit zu.»

Dem SVP-Gemeinderat fehlt es an Transparenz

Schon vor dieser Änderung gab es in der Zuger Politik deutliche Kritiker der Verwaltungskommissionen. So etwa der SVP-Fraktionspräsident Philip C. Brunner, der anfangs 2020 in einem Artikel der «Zuger Zeitung» befand, der Stadtbildkommission fehle es an «parlamentarischer Kontrolle und Transparenz».

«Der Webauftritt der Kommissionen ist eine Blackbox.»

Philip C. Brunner, SVP-Gemeinderat

In der Änderung der Besetzung des Präsidiums sieht er nun einen «vermeintlich klugen Schachzug des Stadtrats», wie er auf Anfrage mitteilt. «Dumm nur, wenn man sich kurz darauf vom Stadtarchitekten einvernehmlich trennt», findet er scharfe Worte.

Dürftige Infos zu den städtischen Kommissionen

Viel eher noch als die aktuellen Begebenheiten kritisiert Brunner, dass viele Tätigkeiten der städtischen Kommissionen im Dunkeln bleiben würden. «Nicht einmal die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Gemeinderats (GGR) erhält von diesen eine etwas ausführlichere Berichterstattung. Auch findet man auf der Homepage der Stadt kaum Infos zu den einzelnen Kommissionen.» So gebe es weder Bilder noch Adressen oder andere Kontaktmöglichkeiten.

«Der Webauftritt der Kommissionen ist eine Blackbox. Dafür wäre jedoch der Stadtrat, respektive die Kommunikationsverantwortlichen, direkt verantwortlich», kritisiert der SVP-Politiker.

«Von den GGR-Kommissionen wird der Stadtrat viel unabhängiger kritisch begleitet als von den ihm ergebenen städtischen Kommissionen.»

Philip C. Brunner, SVP-Gemeinderat

Brunner wünscht sich grundsätzlich, dass die Kommissionen vermehrt nach parteipolitischer Stärke und weniger verwaltungsintern zusammengesetzt würden. «Von den GGR-Kommissionen wird etwa der Stadtrat viel unabhängiger kritisch begleitet als von den ihm ergebenen städtischen Kommissionen, die vom Stadtrat selber ernannt werden.»

Experte sieht kein Problem

Wie schätzt der Verwaltungsrechtsexperte die Änderungen betreffend SBK ein? Der Zürcher Professor Tobias Jaag sagt dazu: «Dass die Stadtbildkommission vom Stadtarchitekten geleitet wird, scheint mir sachgerecht, falls dies nicht durch die massgebenden Rechtsgrundlagen ausgeschlossen wird. Er ist die für das Thema verantwortliche Person in der Stadtverwaltung und kann so das Know-how der Stadtverwaltung einbringen.» Dies insbesondere, wenn die anderen Kommissionsmitglieder verwaltungsunabhängig seien. «Auch das Modell mit einem verwaltungsunabhängigen Präsidium ist möglich, aber scheint mir nicht zwingend.»

Verwendete Quellen
  • Jobinserat Stadtarchitekt/in
  • Anfrage bei der Bauchefin Eliane Birchmeier
  • Telefonat Philip C. Brunner
  • Mailverkehr mit dem emeritierten Professor Tobias Jaag
  • Artikel «Zuger Zeitung» von 2011 und 2020
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