Jährlich mehrere Dutzend «Rulings»

Zuger Regierung verteidigt die «Steuerpäckli»

Wer seine Krankenkassenprämien nicht bezahlt, landet im Kanton Luzern auf einer Liste. Diese will die SP abschaffen.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Der Kanton Zug erteilt jedes Jahr mehrere Dutzend steuerliche Vorbescheide an Privatpersonen und Unternehmen, die sich eine Ansiedlung überlegen. Solche Vorbescheide sind als «Steuer-Rulings» bekannt und sehr umstritten. Und sie führen in mindestens einem Fall dazu, dass sich Kanton und Bund seit Jahren gerichtlich streiten.

Steuer-Rulings (siehe Infobox) gelten als eine der letzten «Dunkelkammern» des schweizerischen Steuerwesens, schreibt der «Tages-Anzeiger» in einem Bericht, auf den sich die SP Zug in einer Interpelllation beruft. Die Innerschweizer gälten neben den Schaffhausern als «sehr grosszügig», so die Zeitung 2014. Bei den Kantonen heisse es aber stets: Keine Zahlen und keine Schätzung möglich.

Nun bringt die Zuger Regierung erstmals ein wenig Licht ins Dunkel und nennt einige Zahlen. Zuerst betont sie aber ihre positive Haltung zu steuerlichen Vorbescheiden. Diese seien nach schweizerischem Recht und gefestigter bundesgerichtlicher Rechtssprechung «zulässig und zweckmässig». «Sie tragen zur Planbarkeit und Rechtssicherheit bei und wirken sich positiv auf den Standort Schweiz aus.»

Mehrere hundert Anfragen jährlich

Das sieht die Zuger SP völlig anders: Steuer-Rulings führten zu handfesten Konflikten zwischen den kantonalen und eidgenössischen Behörden. Zudem herrsche dadurch ein intensiver Wettbewerb zwischen den Kantonen. Der genaue Ablauf eines Steuer-Rulings sei ausserdem nirgends schriftlich festgehalten.

Was ist Steuer-Ruling?

Ein Steuer-Ruling ist ein steuerlicher Vorbescheid. Darunter versteht man ein Begehren eines Steuerpflichtigen an die Steuerbehörden, ihm vorgängig schriftlich zu bestätigen, wieviele Steuern er bezahlen muss. Dabei legt ein Unternehmen (oder eine Privatperson) den Steuerbehörden ihre Aktivitäten offen und gibt an, wie sie aus ihrer Sicht korrekt besteuert wird. Die Verwaltung teilt in ihrer Antwort schriftlich und verbindlich mit, wie sie das Geschäft des Steuerpflichtigen veranlagt.

Der Steuerpflichtige kann sich auf das Dokument berufen, denn Firmen haben nach Treu und Glauben den Anspruch darauf, dass sie auf eine behördliche Information vertrauen dürfen. Richtig interessant für Firmen ist laut Steuerexperten das «Shopping». Da werden verschiedene Kantone angefragt und am günstigen Ort ein Ruling-Begehren gestellt.

Die SP fragte nach der Anzahl angefragter und schliesslich erteilter Steuer-Rulings in den letzten zehn Jahren. Und sie wollte wissen, wieviele Steuererträge daraus resultierten. Über erteilte Auskünfte werde keine Statistik geführt, heisst es in der Antwort. Man könne aber davon ausgehen, dass jedes Jahr mehrere hundert schriftliche Auskünfte erteilt würden, «die nach Bundesgericht wohl unter den Begriff eines Steuer-Rulings fallen würden«.

Mehrere Dutzend Vorbescheide

Die Anzahl konkreter Vorbescheide dürfte mehrere Dutzend betragen, schreibt die Regierung. Namen von Personen oder Firmen erfährt man nicht. Zu den Erträgen schreibt die Regierung: «Konkrete Steuerbeträge stehen nur selten zur Diskussion». Diese seien ja vom Geschäftsgang und der Einkommensentwicklung der Zukunft abhängig. Diese Frage der SP lasse sich deshalb nicht beantworten.

In den letzten Jahren kam es im Kanton Zug durchschnittlich zu einem Einspracheverfahren wegen Steuer-Rulings pro Jahr. In alle Verfahren war die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) involviert, heisst es in der Antwort. Falls die ESTV mit einem Entscheid der Kantonalen Steuerverwaltung nicht einverstanden ist, kann sie eine Beschwerde beim Zuger Verwaltungsgericht einreichen.

Alle Gesuche abgelehnt

Steuer-Rulings sind keine Steuererleichterungen, stellt die Regierung in ihrer Antwort ebenfalls klar. Dies behauptete die SP in ihrer Interpellation gar nicht. Doch trotz tiefer Steuern erhält der Kanton offenbar immer noch Gesuche um Steuererleichterungen. Im Zeitraum 2000 bis 2014 habe die Regierung aber noch nie ein Gesuch bewilligt, das letzte stamme von 2008.

Weiter bis bisher

Trotz der Kritik an den «Steuer-Rulings» erwartet die bürgerliche Zuger Regierung, das die Steuerverwaltung ihre bisherige Praxis weiterführt. Dies sei im Interesse der Bevölkerung und der Unternehmen. Dass die schweizerische Rechtsordnung – wie schon bisher – einzuhalten sei, verstehe sich von selbst.

Holding-Fall beschäftigt Zug seit Jahren

Die SP schildert in ihrer Interpellation einen seit Jahren dauernden Rechtsstreit um ein Steuer-Ruling, bei dem der Kanton Zug und der Bund involviert sind. Laut Medienberichten geht es um eine Holding mit Sitz im Kanton Zug, die mit einer Niederlassung auf den Cayman Islands 650 Millionen Franken konzerninterne Darlehen gewährt hat. Dafür erwirtschaftete sie beispielsweise 2006 einen Gewinn von 16 Millionen Franken.

1999 fällte Zug einen Entscheid

1999 habe der Kanton Zug der Holding in einem Ruling zugesichert, diese Gewinne nicht zu besteuern, weil sie im Ausland anfielen. Die Bundesverwaltung rekurrierte dagegen, weil es dem Bund nicht plausibel erschien, dass vier zu je 20 Prozent angestellte Personen auf den Cayman Islands in der Lage seien, diese Darlehenstätigkeit durchzuführen. Laut Gesetz müssen sämtliche Arbeiten vor Ort anfallen. Der Bund vermutet, dass auch am Sitz der Holding in Zug Personen für die Darlehen tätig sind.

Der Zuger Regierungsrat äussert sich ebenfalls zu diesem Fall. Auf Einzelheiten könne er wegen des Steuergeheimnisses nicht eingehen. Der angesprochene Fall beschäftige die Behörden und Gericht jedoch seit Langem. Das Zuger Verwaltungsgericht habe mittlerweile zwei Mal zugunsten der betroffenen Gesellschaft entschieden, das Bundesgericht einmal gegen die Gesellschaft. Das Verfahren sei momentan beim Bundesgericht hängig. Endgültig entschieden ist in der Sache noch nichts.

Steuerberater wünschten sich «mehr Flexibilität»

Der Regierungsrat zieht aus dem Fall den Schluss, dass steuerliche Fragestellungen nicht immer einfach und eindeutig zu beantworten seien, wenn schon die Gerichte unterschiedliche Meinungen verträten. «Die kantonalen Steuerverwaltungen sind sich dessen beim Erteilen von steuerlichen Vorbescheiden bewusst. Sie halten sich an die geltende Rechtsordnung», schreibt die Zuger Exekutive. «Dies nicht selten zur Enttäuschung anfragender Steuerberater, die sich von den Steuerbehörden etwas mehr Flexibilität wünschten.»

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon