National- und Ständeräte gegen rasche Regulierung

Zuger Politiker fassen Rohstoff-Branche mit Samthandschuhen an

Die Paradise Papers werfen ein weiteres Schlaglicht auf die Praktiken der Offshore-Industrie. Dies dürfte dem Ruf nach Transparenz weiteren Auftrieb geben.

(Bild: PD)

Nach den Enthüllungen der «Paradise Papers» über die umstrittenen Geschäftspraktiken von Rohstoff-Firmen wird der Ruf nach staatlicher Regulierung immer lauter. Die bürgerlichen Zuger National- und Ständeräte halten wenig davon. Die Vorwürfe müssten zuerst sauber abgeklärt werden.

Die «Paradise Papers» wühlen die Welt und die Schweiz auf, in den Papieren tauchen auch Zuger Rohstoff-Unternehmen auf. Glencore ist zwar der grösste Player, aber nur einer von vielen Akteuren: Rund 330 Firmen sind im Kanton Zug direkt oder indirekt mit dem Rohstoffhandel verbunden (zentralplus berichtete).

Die Zuger Linken protestieren gegen Steuerdumping und unlautere Geschäftspraktiken. Am Montagabend fand in der Stadt Zug eine Mahnwache statt, an der auch Ex-Nationalrat Jo Lang teilnahm (zentralplus berichtete).

Doch was sagen die CVP-, FDP- und SVP-Bundespolitiker, die den Kanton Zug in Bern vertreten, zu den Enthüllungen und immer lauter werdenden Rufen nach Regulierung? Eine linke Stimme fehlt bekanntlich seit 2011.

Justizministerin fordert Transparenz und Regulierung

«Sommaruga setzt Rohstoffbranche unter Druck», titelte die NZZ am Wochenende alarmiert. Bisher sei das Engagement der Rohstoffbranche «bezüglich Korruption und Nachhaltigkeit nicht wirklich überzeugend», sagte die SP-Justizministerin. Es gehe um die Einhaltung von Standards, die sich viele Unternehmen selber gegeben haben. Wenn es die Wirtschaft nicht schaffe, sich an ihren eigene Vorgaben zu halten, brauche es staatliche Regeln, sagt die Sozialdemokratin.

Eine neue Antikorruptionsbestimmung wird derzeit im Rahmen der Aktienrechtsrevision vorberaten (siehe Kasten). Der Bundesrat will die Finanzströme in der Rohstoffbranche transparenter machen. Firmen sollen Zahlungen von über 100’000 Franken an ausländische Regierungen offen legen. Die Regierungen der rohstoffreichen Länder müssten somit Rechenschaft ablegen, was mit dem vielen Geld aus dem Rohstoffhandel geschieht. Und die Menschen in diesen Ländern hätten eine Klagemöglichkeit.

Zuger Politiker stellen sich quer

Der Zuger CVP-Nationalrat und Parteipräsident Gerhard Pfister sagt zu den geplanten Antikorruptions-Bestimmungen: «Wir werden die Vorschläge prüfen, wenn sie auf dem Tisch liegen.» Pfister warnt davor, «auf Einzelfälle gleich mit Regulierung zu antworten». Diese träfen dann ohnehin nur die Falschen. Das Parlament täte gut daran, die Regulierung «mit der nötigen Sorgfalt anzugehen». Will heissen: Schön langsam vorgehen.

«Ich warne davor, auf Einzelfälle gleich mit Regulierung zu antworten, die dann ohnehin nur die Falschen trifft.»
Gerhard Pfister, CVP-Nationalrat und Parteipräsident

Sich an globalen Standards orientieren

Pfisters Parteikollege, der Zuger Ständerat Peter Hegglin, argumentiert ähnlich. Er schreibt zentralplus: «Gesetzesanpassungen sollen langfristig ausgerichtet sein und sich in diesem speziellen Fall an globalen Standards orientieren.» Will heissen: Keine Alleingänge der Schweiz.

«Das heisst, trotz dieser Enthüllungen soll jetzt nicht überreagiert werden. Zuerst müssen diese Papier ausgewertet werden», fügt Hegglin hinzu. Einige Fälle lägen zudem Jahre zurück, die Rechtslage habe sich inzwischen geändert.

Der Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister will die CVP Schweiz führen.

Der Zuger CVP-Nationalrat und Parteipräsident Gerhard Pfister.

Verbindliche Regeln für Konzerne zum Schutz von Mensch und Umwelt verlangt die sogenannte Konzern-Verantwortungsinitiative, die 2018 zur Abstimmung kommt. Sie wird getragen von total 85 Frauen-, Menschenrechts- und Umweltorganisationen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Vereinigungen sowie Aktionärsverbänden.

Alle gegen Konzern-Verantwortungsinitiative

Nationalrat Gerhard Pfister und Ständerat Peter Hegglin, beide CVP, lehnen die Initiative ab. Nein sagen auch der Zuger FDP-Nationalrat Bruno Pezzatti und der FDP-Ständerat Joachim Eder. Mit leicht unterschiedlichen Begründungen, aber letztlich gleichem Resultat.

Bruni Pezzatti findet, diese Initiative führe zu unnötigen Mehr- und Überregulierungen in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft. «Es liegt an der Wirtschaft respektive an den betroffenen Branchen und Unternehmungen, Regulierungen – wo sinnvoll und praktikabel – grundsätzlich selber vorzunehmen.»

«Im Bereich der Corporate Social Responsibility werden grosse Anstrengungen unternommen. Die Initiative hingegen ist eine teure Scheinlösung.»
FDP-Ständerat Joachim Eder zur Konzernverantwortungsinitiative

Für Menschenrechte und Umweltstandards, aber…

Joachim Eder schreibt zentralplus, persönlich unterstütze er zwar die Einhaltung und die Umsetzung der Menschenrechts- und Umweltstandards. «Die von der Initiative vorgeschlagenen Massnahmen in Bezug auf die Sorgfaltspflicht lehne ich hingegen ab. Denn anders als der Titel der Initiative suggeriert, sind nicht nur multinationale Konzerne betroffen, sondern auch KMUs aller wirtschaftlicher Sektoren.»

Als liberaler Standesvertreter sei er grundsätzlich davon überzeugt, dass effektive Lösungen aus der Branche und den Unternehmungen kommen und international abgestimmt sein müssten. Eder: «Im Bereich der Corporate Social Responsibility werden grosse Anstrengungen unternommen. Die Initiative hingegen ist eine teure Scheinlösung.»

Gut gelaunt: Joachim Eder (l.) wurde als Ständerat wieder gewählt und hat mit Peter Hegglin (r.) einen neuen Kollegen bekommen.

Die beiden Zuger Ständeräte Joachim Eder (links) und Peter Hegglin (rechts).

(Bild: fme)

Keine schweizerische Sondervorschrift

Die im Kanton Zug vertretenen global tätigen Unternehmen nimmt Eder in Schutz: Sie hielten sich an den Rechtsrahmen in den jeweiligen Ländern und orientierten sich darüber hinaus an international anerkannten Standards, wenn lokale Gesetze und Gepflogenheiten diesen Standards nicht genügten. «Ferner befolgen diese Unternehmen internationale Vereinbarungen wie etwa jene der OECD. Eine schweizerische Sondervorschrift, welche unsere Wirtschaft mit zusätzlicher Bürokratie belastet und Tür und Tor für Anwälte aus aller Welt öffnet, die Unternehmen in der Schweiz einklagen könnten, darf nicht Realität werden.»

Der Zuger Nationalrat Bruno Pezzatti (FDP).

Der Zuger Nationalrat Bruno Pezzatti (FDP).

(Bild: PD)

Auf die Frage, ob es dem Kanton Zug nicht schadet, wenn in Zug ansässige Rohstoff-Firmen wegen Vorwürfen von Korruption dauernd negativ in den Medien erscheinen, antworten die Zuger Bundespolitiker nicht oder ausweichend.

«Die Vorwürfe in den Paradise Papers müssen sich erst noch erhärten, Vorverurteilungen lehne ich ab.
Peter Hegglin, CVP-Ständerat

Politik habe sich bewährt

CVP-Nationalrat Gerhard Pfister findet «Nein». Der Kanton Zug biete «ausgezeichnete Bedingungen für international wettbewerbsfähige Unternehmen». Diese Politik habe sich bewährt. Auf die Nachfrage, ob ein sauberes Image nicht erstrebenswert wäre, antwortete Pfister zentralplus nicht.

CVP-Ständerat Peter Hegglin meint: «Die Vorwürfe in den Paradise Papers müssen sich erst noch erhärten, Vorverurteilungen lehne ich ab. Die Medien haben diesbezüglich auch eine Verantwortung, ich sehe mit Interesse einer seriösen Aufarbeitung entgegen.»

SVP-Nationalrat Thomas Aeschi – Fraktionschef in spe – ist Mitglied der Finanzkommission des Nationalrats. Er sei aufgrund der Budget-Debatte 2018 diese Woche nicht gut erreichbar, teilte er zentralplus mit.

Justizministerin sieht Handlungsbedarf

Fazit: Zugs Politiker warten ab, warnen, zweifeln am Wahrheitsgehalt der Enthüllungen. Joachim Eder stellt sich demonstrativ vor die Branche.

Die Schweizer Justizministerin sieht das anders. Sie erachtet die Paradise Papers offenbar als glaubhaft. Aufgrund von Recherchen erhöhte sich der Druck auf die Politik, sagte Sommaruga der «NZZ». Sie warnte zugleich vor einem grossen Reputationsrisiko für die Schweiz. «Es wäre sehr schlecht für unser Land, wenn wir wegen gewisser Geschäftspraktiken wieder unter Beschuss kommen.»

Die EU hat bereits früher reagiert: Die sogenannten Transparenz-Direktiven von 2010 verpflichten die Rohstofffirmen zu einer umfassenden Berichterstattung und sind bereits in fast allen EU-Ländern Gesetz. Die Schweiz will laut Sommaruga prüfen, welche Regelungen sie übernehmen könnte.

Auch gegen Glencore waren die Transparente der Demonstranten bei der Mahnwache gerichtet.

Auch gegen Glencore waren die Transparente der Demonstranten bei der Mahnwache am Montagabend am Postplatz Zug gerichtet.

(Bild: woz)

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