SBB-Nadelöhr: Regierungsrat kommt unter Druck

Zuger Kantonsrat fordert Doppelspur-Tunnel im Zimmerberg – gegen Willen der Regierung

Zimmerbergtunnel aus der Tunnelgräber-Perspektive.

(Bild: zVg)

Überraschung: Der Kanton Zug wird auf den Bau eines Sanierungstunnels im Zimmerberg pochen. Das forderte eine Motion im Kantonsrat – und stellt die Regierung damit vor handfeste Probleme.

Jeder Zuger Pendler fürchtet die Durchsage: Der Interregio von Zürich nach Luzern fällt aus, wegen Sperrung zwischen Horgen und Baar. Das bedeutet: Chaos auf dem Perron, verspätet zur Arbeit kommen, fluchende Mitreisende. Die Strecke ist das «grösste Nadelöhr der Schweiz» sagt SVP-Kantonsrat Philip C. Brunner.

Kein Wunder führt sie im Zuger Kantonsrat zu hitzigen Debatten. Brunner fordert in einer Motion zusammen mit einer Reihe von Mitunterzeichnern aus allen Fraktionen, dass der Kanton sich beim Bund für einen «raschen» Bau eines doppelspurigen Sanierungstunnels zwischen Sihlbrugg und Horgen-Oberdorf einsetzen müsse. Und die Überraschung ist perfekt: Der Kantonsrat erklärt die Motion nach einiger Debatte für erheblich.

Und stellt damit die Regierung vor einige Probleme. Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel hatte vergeblich mehrmals davor gewarnt, dass der Rat sich damit in einen Widerspruch hineinmanövriere – der Tunnel liegt erstens komplett auf Zürcher Boden, zweitens hatte der Zürcher Kantonsrat eine ähnliche Vorlage abgelehnt. Und er widerspreche drittens dem vom Kanton Zug bislang angestrebten Projekt des Zimmerberg-Basistunnels II.

Es sei «nervös» und «unsorgfältig» wenn der Kanton Zug nun im Alleingang eine eigene Variante verfolge, solange sich der Bund noch nicht vollständig mit dem Thema befasst habe: «Dazu fehlen noch Erkenntnisse aus Bern», so Michel. Zug habe für dieses Vorhaben weder in Zürich einen Partner, noch bei den anderen Zentralschweizer Kantonen. «Soll ich mit dem Zuger Fähnli alleine in Bern Druck machen? Diese Zeiten sind vorbei.»

Kein Rückhalt in Zürich und Zentralschweiz

Im Grund folgt der angestrebte Bau eines Sanierungstunnels der Logik der Variante «Zimmerberg Light», die unter anderem von Philipp C. Brunner vertreten wird, und eine Doppelspurverbindung zwischen Zürich und Zug fordert. Der Sanierungstunnel wäre ein Teilstück dieser Lösung. Die Idee beim Sanierungstunnel sei dieselbe wie beim Gotthard-Basistunnel: Durch den Bau eines neuen Sanierungstunnels könne der alte Tunnel ohne Streckenunterbrüche saniert werden, so Brunner.

«Es ist unsorgfältig, dass wir hier schon auf ein Ross setzen, bevor der Bund überhaupt zu einer Erkenntnis gekommen ist, welche Variante er verfolgen möchte.»

Matthias Michel, Volkswirtschaftsdirektor

Diese Variante habe weder in der Zentralschweiz noch in Zürich Rückhalt, sagt Michel. «Der Kanton Zug hat sich zusammen mit allen anderen Zentralschweizer Kantonen bislang dafür stark gemacht, dass der Zimmerberg-Basistunnel II gebaut wird. Wenn wir nun so eine Kehrtwende machen und plötzlich eine andere Variante ausgraben, dann verlieren wir damit an Druck.»

Zudem müsse die Regierung, wenn die Motion erheblich erklärt würde, den Richtplan anpassen. Der Bund würde aber dieser Anpassung nicht zustimmen. «Es ist unsorgfältig, dass wir hier schon auf ein Ross setzen, bevor der Bund überhaupt zu einer Erkenntnis gekommen ist, welche Variante er verfolgen möchte.»

Damit vermochte er im Rat allerdings nichts auszurichten. Stattdessen wurde die Standfestigkeit der Regierung bei der Verhandlung mit der SBB in der Debatte mehrmals angezweifelt: «Das Departement heisst ja schon Volkswirtschaftsdepartement», wettert Brunner gegen Regierungsrat Matthias Michel, «da sollte schon das Ziel sein, dass man auch etwas für die Volkswirtschaft tut. Es wäre angebracht, dass sich die Regierung der SBB gegenüber weniger opportunistisch verhält.»

«Gewaltige Zahl» von Betroffenen

Auch von linker Seite erhielt Brunner Sukkurs: Der Ausbau der Bahnkapazität sei «dringend», sagt Andreas Hürlimann (ALG). «Sie kennen die gewaltige Zahl von Betroffenen, wenn der Zug ausfällt.» Rund 66’000 Reisende seien betroffen. «Es braucht weiterhin Druck auf die Regierung, um sich beim Bund und bei der SBB einzusetzen.» Zudem kritisiert er das Argument der Regierung, die finanzielle Lage sei mit ein Grund dafür, dass der Kanton nicht selber aktiv werden könne.

«Das ist eine gefährliche Haltung», sagt Hürlimann. Und Brunner doppelt nach: «Die finanzielle Situation wird den Kanton womöglich noch fünf oder sechs Jahre beschäftigen. Aber diese Projekte sind für den Kanton von zentraler Wichtigkeit.»

«Wir haben alle dasselbe Ziel, deshalb müssen wir Scheingefechte um den Zimmerberg light unterlassen.»

Adrian Andermatt (FDP)

Und macht noch einen Abstecher in die Zukunft: «Unterschätzen wir nicht, was im Moment alles passiert. Trump als Präsident der USA zum Beispiel. Wissen Sie, was es für Zug bedeutet, wenn es der USA gut geht? Ein starker Dollar ist ein warmer Regen für den Kanton Zug.»

FDP und SP dagegen

So viel dazu. Bei der FDP kommt die Motion nicht gut an: «Wir haben alle dasselbe Ziel», sagt Adrian Andermatt (FDP), «deshalb müssen wir Scheingefechte um den Zimmerberg light unterlassen.» Die Regierung habe gezeigt, dass sie ihre Verantwortung wahrnehme und sich in Bern für eine Lösung einsetze.

Dasselbe sagt Hubert Schuler, Sprecher der SP. «Die Regierung zeigt auf, dass sie die Anliegen des Kantons Zug in Bern einbringt. Zudem hat sich die SBB oft auch flexibel gezeigt – etwa beim Ausbau der Kapazitäten zwischen Baar und Rotkreuz.» Das sei naiv, sagt Brunner. «Es ist ja schön, dass Sie Vertrauen in die Regierung haben. Ich habe auch Vertrauen. Aber vielleicht sind in ein paar Jahren andere Köpfe in der Regierung.»

Der Rat entschliesst sich schliesslich dafür, dass die Regierung sich für einen Sanierungstunnel stark machen soll. Ob das Chancen auf Erfolg hat, ist offen.  

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