Paar- und Einzelberatung fürchtet um ihre Existenz

Zuger Frauenorganisationen liegen sich in den Haaren

Donnerwetter unter engagierten Zuger Frauen: Die Frauenzentrale (links) will mit der Paar- und Lebensberatung des Zuger kantonalen Frauenbunds (r.) nichts mehr zu tun haben.

(Bild: Montage zentralplus)

Der Kanton Zug spielt zwei Frauenorganisationen gegeneinander aus, die beide Beratungen im sozialen Bereich anbieten. 240’000 Franken sollen eingespart werden. Die kleinere Organisation befürchtet, dass sie den Laden bald dichtmachen muss.

Im «Amtsblatt» vom 21. Juli hat das Sozialamt des Kantons Zug einen Auftrag öffentlich ausgeschrieben: Es geht um die Führung der Paar-, Familien- und Schwangerschaftsberatung und Beratung für pränatale Untersuchungen. Will heissen: Die Direktion des Innern sucht eine Organisation, welche diese Dienstleistungen für die Zugerinnen erbringt.

Das wäre an sich keine Zeile wert, existierten da nicht schon zwei Anbieter. Die Frauenzentrale Zug leistet bereits, was der Kanton verlangt, und hat eine Leistungsvereinbarung mit diesem. Und die Paar- und Einzelberatung (LEB) des Zuger kantonalen Frauenbunds bietet ebenfalls Beratungen an und bekommt ebenfalls Geld vom Kanton.

«Die beiden Beratungsstellen stehen sicher in einer Konkurrenz zueinander. Teilweise ergänzen wir uns aber auch», sagt Cornelia Mayinger, Leiterin der Paar- und Einzelberatung LEB, auf Anfrage. Wer bei der einen Stelle nicht zufrieden gewesen sei, gehe halt zur anderen. Diese Wahlfreiheit werde von der Bevölkerung sehr geschätzt, sagt sie.

Sparauftrag des Regierungsrats umsetzen

Nun soll jedoch alles anders werden. «Der Auftrag für diese Ausschreibung kam vom Regierungsrat», erklärt Rita Blättler, Abteilungsleiterin des kantonalen Sozialamts. Der Auftrag sei Teil des Sparprogramms «Finanzen 2019». Mit der publizierten Massnahme will der Kanton Zug 240’000 Franken im Jahr einsparen. Wie viel er heute für diese Aufgabe ausgibt, steht nicht im Massnahmenplan. Und die Öffentlichkeit darf es auch nicht erfahren (siehe Box).

 

Cornelia Mayinger leitet die Paar- und Einzelberatung LEB des kantonalen Frauenbunds in Zug.

Cornelia Mayinger leitet die Paar- und Einzelberatung LEB des kantonalen Frauenbunds in Zug.

(Bild: PD)

Zoff zwischen Frauenorganisationen

Cornelia Mayinger würde sich wünschen, dass die Frauenorganisationen beide ihr Beratungsangebot behalten könnten – oder sich vielleicht ergänzen könnten. «Doch die Frauenzentrale Zug ist am Gespräch mit uns momentan leider nicht interessiert», sagt sie. «Dies, obwohl gemäss Submissionsausschreibung auch Teilofferten möglich wären.»

«Wir haben festgestellt, dass die Ausschreibung genau auf das Profil der Beratungsstelle der Frauenzentrale Zug zugeschnitten ist.»
Cornelia Mayinger

Dem widerspricht die Geschäftsleiterin der Frauenzentrale, Petra Schmitt. Die Ausschreibung lasse weder Bietergemeinschaften noch Subunternehmen zu, schreibt sie zentralplus. Schmitt: «Deshalb auch keine Zusammenarbeit, dies wäre widerrechtlich und würde zum Ausschluss vom Submissionsverfahren führen.»

Leistungsvereinbarungen geheim

Die Submission des Beratungsauftrags ist eine Sparmassnahme des Programms «Finanzen 2019». 240’000 Franken sollen damit eingespart werden. Laut Auskunft der Vorsteherin der Direktion des Innern, Manuela Weichelt, handelt es sich bei der Zahl «um eine Schätzung des Regierungsrates». Die exakte Zahl werde erst nach der Submission feststehen. Weichelt räumt gegenüber zentralplus ein, dass die Massnahme darin besteht, zwei Leistungsvereinbarungen auf eine zu reduzieren. Doch wie hoch ist der Kantonsbeitrag, den die beiden Frauenorganisationen heute beziehen? Der Zuger kantonale Frauenbund bekommt 360’000 Franken im Jahr (siehe Haupttext). Die Frauenzentrale Zug hält ihre Abgeltung geheim. Auch der Kanton trägt nichts zur Aufklärung bei. «Kantonale Entschädigungen aus Leistungsvereinbarungen, Subventionsvereinbarungen und Beitragsverfügungen werden vom Regierungsrat gegenüber Medien nicht kommuniziert», teilte Weichelt zentralplus mit.

Bis 1. September Offerte eingeben

Die Ausschreibung und die nötige Bewerbung mitten in der Sommerferienzeit bringt die Frauenorganisationen im Sozialbereich ins Schwitzen. Bis 1. September müssen sie ihre «Bewerbung» einreichen. «Es ist einiges falsch gelaufen», sagt Cornelia Mayinger. Sie habe ihre Ferien annulliert, weil das Sozialamt die Ausschreibung früher angekündigt hatte. Diese kam aber erst später. Nun, wo sie die Bewerbung erstellen müsse, seien alle ihre Mitarbeiter in den Ferien.

Steht schon fest, wer den Auftrag erhält?

Die zweite Kritik von Mayinger klingt resigniert: «Wir haben festgestellt, dass die Ausschreibung genau auf das Profil der Beratungsstelle der Frauenzentrale zugeschnitten ist.» Konkret wirft die Unterägerin dem Kanton also vor, die Frauenzentrale als Favoritin zu sehen.

Der Kanton will sich zu diesem Vorwurf nicht äussern. «Aufgrund des laufenden Submissionsverfahrens und in Respektierung des Submissionsgesetzes wird dazu keine Stellung bezogen», sagt die Vorsteherin der Direktion des Innern, Manuela Weichelt, gegenüber zentralplus.

Auch Frauenzentrale Zug mauert

Und was sagt die andere Bewerberin, die Frauenzentrale Zug, zur Sache? Die Leiterin reagiert defensiv und nervös auf Fragen. Auch hier heisst es: «Wir nehmen zu laufenden Submissionsverfahren weder Stellung noch äussern wir uns diesbezüglich in den Medien», schreibt Geschäftsleiterin Petra Schmitt zentralplus.

«Genau diese Information werden Sie von mir nicht erhalten, da dies wertvolle Informationen für potenzielle Mitbewerber sind.»
Petra Schmitt, Geschäftsleiterin Frauenzentrale Zug

Als wir nachhaken und uns erkundigen, ob wir wenigstens wissen dürfen, wie viele Stellen und Berater heute diesen Auftrag wahrnehmen, schreibt Schmitt: «Genau diese Information werden Sie von mir nicht erhalten, da dies wertvolle Informationen für potenzielle Mitbewerber sind.» – zentralplus hat also offenbar in ein Wespennest gestochen.

200 Stellenprozente

Die Paar- und Einzelberatung (LEB) des Zuger kantonalen Frauenbunds legt die Zahlen offen: Laut Cornelia Mayinger erhält die Stelle einen Beitrag von 360’000 Franken im Jahr. Die Beratungsstelle finanziere damit, nebst Infrastruktur und Werbung, 200 Stellenprozente. 130 Prozent teilen sich ein Beraterin und ein Berater, 50 Prozent bleiben fürs Sekretariat und 20 Prozent für die Leitung. «Dies ist auch im Jahresbericht so ausgewiesen», sagt die Stellenleiterin.

Zum Erfolg der LEB meint die Stellenleiterin, diese berate im Durchschnitt pro Jahr 163 Personen. Pro Beratung wende man durchschnittlich zwischen drei bis dreieinhalb Sitzungen auf. Paar- und Einzelberatungen würden am häufigsten gebucht. Die Sexualberatung werde im Vergleich dazu eher weniger genutzt. «Sie füllt aber ein Manko in Zug und ist wertvoll», sagt Mayinger.

Vor Kurzem wurde zum Beispiel die neue Gesprächsgruppe «Der andere Sexsalon» in Zug getestet (zentralplus berichtete). Daneben bietet die Beratungsstelle auch Workshops und Gruppen für Paare, Eltern oder Singles im Sinne der Prävention an.

«Kantonale Entschädigungen aus Leistungsvereinbarungen werden vom Regierungsrat gegenüber Medien nicht kommuniziert.»
Manuela Weichelt, Zuger Regierungsrätin (ALG)

Letzter bezahlter Auftrag des Frauenbunds

Mayinger befürchtet, dass ihre Stelle nicht mehr lange bestehen wird. «Ich rechne mir eher geringe Chancen für den Auftrag aus. Das Entlastungs- könnte deshalb für uns zum Entlassungsprogramm werden.» Gewachsene Strukturen in Zug würden damit zerstört.

Die Paar- und Einzelberatung sei der letzte und einzige bezahlte Auftrag des kantonalen Frauenbunds gewesen. Sie spricht deshalb von einem «Schlag ins Gesicht» der Frauen. «Gratis dürfen wir aber immer gerne arbeiten.»

Die LEB werde sich zwar für die Submission bewerben. Aber die Frauenzentrale habe bereits heute das breitere Beratungsangebot, erklärt Mayinger. «Wir müssten die Schwangerschaftsberatung, die pränatalen Untersuchungen und die Adoptionsabklärungen anbieten. Das ist neu für uns.»

Dritter könnte Auftrag ebenfalls erhalten

Wer letztlich den Auftrag erhält – ob die beiden lokalen Frauenorganisationen oder eine andere dritte Stelle –, steht noch nicht fest. Die Submission erfolgt «gemäss GATT/WTO-Abkommen gemäss Staatsvertrag«, heisst es im Amtsblatt. Es können also auch Stellen aus anderen Kantonen oder gar aus dem Ausland Offerten einreichen.

Wer letztlich den Zuschlag erhält, entscheidet der Regierungsrat im Oktober 2017. Bis dahin dürfte die Sache aber noch für Diskussionen sorgen, nicht nur unter den engagierten Frauen.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von J.B. Huber
    J.B. Huber, 10.08.2017, 14:33 Uhr

    «Die Frauenzentrale Zug hält ihre Abgeltung geheim. Auch der Kanton trägt nichts zur Aufklärung bei. «Kantonale Entschädigungen aus Leistungsvereinbarungen, Subventionsvereinbarungen und Beitragsverfügungen werden vom Regierungsrat gegenüber Medien nicht kommuniziert», teilte Weichelt zentralplus mit.»
    Diese Haltung ist m.E. verfassungswidrig. Gemäss § 12 der Verfassung des Kantons Zug (BGS 111.1) gilt folgendes: «Die Öffentlichkeit des gesamten Staatshaushaltes ist gewährleistet; keinem Stimmberechtigten des Kantons kann die Einsicht in denselben verweigert werden.» Gestützt darauf müsste der Regierungsrat daher auch Auskunft über Entschädigungen aus Leistungsvereinbarungen, Subventionsvereinbarungen und Beitragsverfügungen geben.

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    • Profilfoto von Heinrich Vogelsang
      Heinrich Vogelsang, 10.08.2017, 17:08 Uhr

      Dachte, die Linken seien immer für Transparenz? Warum denn nicht im Departement Weichelt?

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