Unterschiedliche Zahlen im Chamer Kies-Knatsch

Zuger Baudirektor: «Wir gehen von einem Fehler im Chamer Gutachten aus»

Das Kieswerk im Äbnetwald soll künftig auch mit Kies von Hatwil-Hubletzen gespeist werden. Jedenfalls, wenn es nach der Regierung geht.

(Bild: mam)

Gemäss einem Gutachten im Auftrag der Gemeinde Cham wäre der Abbau von Kies im Gebiet Hatwil-Hubletzen problematisch. Dieses Fazit widerspricht den Aussagen der Zuger Regierung, die sich für den Kiesabbau in diesem Gebiet starkmacht. Der Zuger Baudirektor Florian Weber vermutet einen Irrtum bei den aktuellsten Berechnungen.

Ein Grossteil der Chamer Bevölkerung stemmt sich in diesem einen Fall gegen die Regierung. Dagegen, dass das Gebiet Hatwil-Hubletzen künftig als Kiesabbaugebiet herhalten soll und damit der Natur und dem Trinkwasser geschadet werde.

Eine Motion gegen die entsprechende Richtplananpassung wurde von der Gemeindeversammlung für erheblich erklärt und auch der Chamer Gemeinderat wehrt sich dezidiert gegen das Vorhaben (zentralplus berichtete).

Ein von der Gemeinde in Auftrag gegebenes, unabhängiges Gutachten zeigt nun, dass die Befürchtungen der Gemeinde nicht völlig aus der Luft gegriffen sind (zentralplus berichtete). «Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit in den zunehmenden Trockenzeiten wurde der Kiesabbau im Gebiet Hubletzen nicht empfohlen», lautet das Fazit des Gutachtens.

Wirtschaftlichkeit versus Grundwasserschutz

Der Zuger Baudirektor Florian Weber relativiert: «Das Gutachten macht keine Interessenabwägung und betrachtet lediglich einige Fachbereiche.» Welche Interessen wurden denn nicht miteinbezogen? «Es beleuchtet den Kiesabbau lediglich aus einem fachspezifischen Blickwinkel. Es gibt keine Kriterien, welche einem Kiesabbau grundsätzlich entgegenstehen würden.»

Der Standort sei räumlich abgestimmt und Interessen wie etwa Landschaftsschutz, Fliessgewässer, zu kleine Abbaumächtigkeit, fehlende Wirtschaftlichkeit oder auch Arten der roten Liste stünden dem Vorhaben nicht entgegen. «Beim Gebiet Hatwil-Hubletzen handelt sich um eines der letzten Gebiete im Kanton, wo ein Kiesabbau in Zukunft wahrscheinlich noch möglich ist.»

20 Prozent Trinkwasserverlust oder nur 6?

Gemäss Gutachten der Gemeinde verringere sich die Menge der Trinkwasserreserven um rund 20 Prozent. Eine erschreckende Zahl, die Florian Weber jedoch so nicht stehenlassen will. «Wir gehen davon aus, dass es sich hierbei um einen Fehler handelt und im Gutachten nicht der ganze Perimeter betrachtet wird. Gemäss unserem Gutachten kommen wir auf eine Reduktion von 6 Prozent über das ganze Gebiet.» Die Menge an zur Verfügung stehendem Grundwasser reiche heute für 26’000 Personen und werde auch in Zukunft für rund 24’600 Personen reichen, so der Baudirektor.

Weiter besagt das Chamer Gutachten, dass das Volumen des abbaubaren Materials bei 30 Prozent liege und nicht beim einst erwarteten Volumen von über 60 Prozent. Auch hier glaubt der Regierungsrat an einen Fehler. «Denn es ist nicht nur Kies, den man in diesem Gebiet abbauen könnte, sondern auch Sand. Uns ist es ein grosses Anliegen, dass die Wirtschaftlichkeit gegeben sein muss.»

Hier, wo heute noch die Natur Überhand hat, will der Kanton Zug einst Kies abbauen.

Hier, wo heute noch die Natur Überhand hat, will der Kanton Zug einst Kies abbauen.

(Bild: zVg)

Grünes Licht von der Naturschutzkommission

Weiter beteuert Weber, dass der Kanton das Vorhaben gemeinsam mit der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission geprüft habe. Deren Forderung, dass die Vernetzung zwischen Lorze und Haselbach mit Kompensationsmassnahmen zu stärken sei, werde gemäss Regierung in den Richtplan aufgenommen. Nach Abschluss des Kiesabbaus dürfte das Gebiet eine grössere Artenvielfalt aufweisen als heute.

Dennoch hat der Baudirektor Verständnis für die Gegner des neuen Kiesabbaugebiets: «Jedes Abbaugebiet hat nachteilige Effekte, die es zu minimieren gilt. Wir sind darum froh um die Einwände und zusätzlichen Gutachten. Jede Diskussion hilft, die gesamte Interessenabwägung zu schärfen.»

Der Chamer Bauchef Rolf Ineichen sieht die bestehenden Bedenken durch die Erkenntnisse im Gutachten bestätigt. Er weist ausserdem auf Folgendes hin: «Es ist eine Tatsache, dass der Kanton den Abbauperimeter von ursprünglich 35 Hektaren auf rund 55 Hektaren vergrössert hat. Warum? Damit das Volumen gross genug ist, damit sich ein Abbau überhaupt lohnen könnte.»

«Zwei Gutachten mit zwei verschiedenen Aussagen: Irgendwo muss also ein Fehler sein.»

Rolf Ineichen, Chamer Bauchef

Betreffend der Diskrepanzen bei einigen Zahlen sagt Ineichen: «Wir haben nun zwei Gutachten mit teilweise klar verschiedenen Aussagen. Irgendwo muss also ein Fehler sein. Vielleicht braucht es ein drittes Gutachten.» Er sagt es, schmunzelt, und betont dann: «Wir sind nicht verfeindet mit dem Kanton. Wir müssen bloss objektiv verifizieren, was Sache ist. Das ist ein Prozess, den es braucht und auf den die Chamer Bevölkerung ein Anrecht hat.»

Nun liegt der Ball beim Kanton

Nun gilt es für die Gemeinde Cham aber erst einmal abzuwarten. Das Geschäft wird nächstens in der Kommission Raumplanung, Umwelt, Verkehr des Kantonsrats beraten. Später dieses Jahr entscheidet der Kantonsrat über die Anpassung des Richtplans. «Erst wenn dieser die Festsetzung beschliesst, stellt sich die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten es für die Gemeinde Cham gibt», sagt Ineichen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Frapedi
    Frapedi, 14.06.2019, 15:02 Uhr

    «Hier, wo heute noch die Natur Überhand hat, will der Kanton Zug einst Kies abbauen. (Bild: zVg)» Wenn etwas ü-berhand NIMMT, dann HAT es irgendwann die O-berhand. Gruss vom «Sprachnazi»….

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